Alarm in Sköldgatan
hätte das natürlich selbst machen sollen«, sagte Gunvald Larsson ärgerlich. »Solche Überprüfung dürfte nicht länger als einen Nachmittag dauern.«
»Er hatte noch 'n bißchen was anderes zu tun, und da konnte er erst gestern damit anfangen.«
»Was denn anderes?«
»Wir haben auch noch andere Dinge als an Telefonzellen in Sundbyberg zu denken.«
Die Fahndung nach Olofsson machte keine Fortschritte, und Möglichkeiten, sie noch zu intensivieren, gab es nicht mehr. Alles, was vorlag, hatte man hinausgeschickt, von der Personenbeschreibung über Fotografien und Fingerabdrücke bis zur Zahnkarte.
Für Martin Beck wurde dieses Wochenende besonders anstrengend. Er machte sich große Sorgen um die Fahndung, die offensichtlich an einem toten Punkt angelangt war, und zusätzlich zu der Erkältung, die sich noch verschlechterte, wurde ihm ein kräftiger Schlag ganz privater Natur versetzt. Ingrid, seine Tochter, gab bekannt, daß sie demnächst von zu Hause wegziehen wollte. Das war nichts Außergewöhnliches und kam nicht überraschend. Sie wurde in wenigen Wochen siebzehn und war in fast jeder Hinsicht erwachsen.
Außerdem war sie nicht dumm und fähig, auf sich aufzupassen. Sie hatte natürlich ein Recht, jetzt ihr eigenes Leben zu beginnen und es nach ihren Wünschen zu gestalten. Zwar hatte er diesen Augenblick schon einige Zeit kommen sehen, aber was er nicht vorausgesehen hatte, war seine eigene Reaktion. Ihm schwindelte, der Mund wurde ihm trocken, und er nieste hilflos, sagte aber nichts. Denn er kannte sie gut und wußte, daß sie diesen Entschluß nicht gefaßt hatte, ohne vorher eingehend und gründlich überlegt zu haben.
Zu allem Überfluß sagte seine praktisch denkende Frau auch noch: »Es ist wohl am besten, wenn wir gleich anfangen und die Sachen durchsehen, die Ingrid mitnehmen will. Und du brauchst dir ihretwegen keine Sorgen zu machen. Das Mädchen wird sich schon durchschlagen. Ich muß es ja wissen, hab sie ja schließlich erzogen.«
Was schließlich sogar stimmte.
Der Junge, der dreizehn war, nahm die Sache noch unbekümmerter auf. Er meinte achselzuckend: »Prima. Dann kann ich ja dein Zimmer kriegen Da sind mehr Steckdosen drin.«
Sonntagnachmittag war er zufällig für kurze Zeit allein mit Ingrid in der Küche. Sie saßen sich an dem Eßtisch gegenüber, an dem sie so viele Jahre so viele Male morgens zusammen Kakao getrunken hatten. Plötzlich streckte sie die Hand aus und legte sie auf seine Rechte. Einige Sekunden saßen sie so da. Dann schluckte sie und sagte: »Ich weiß, daß ich so was eigentlich nicht sagen darf, aber ich sage es trotzdem. Warum machst du es nicht genauso? Ziehst hier aus?«
Er sah sie erstaunt an.
Sie blickte auf die Hände.
»Ja, aber…«, antwortete er zögernd und brach ab. Er wußte ganz einfach nicht, was er erwidern sollte. Aber er wußte bereits, daß er oft und lange an dieses kurze Gespräch denken würde.
Am Montag, dem 29., passierten zwei Dinge praktisch gleichzeitig. Das erste war eigentlich nicht der Rede wert.
Skacke betrat das Zimmer und legte seinen Bericht vor Martin Beck auf den Tisch. Er war tadellos sauber geschrieben und bis in die kleinsten Einzelheiten ausgearbeitet. Daraus war zu ersehen, daß es in Sundbyberg sechs öffentliche Telefonzellen gab, in denen die alten Anschlagtafeln noch hingen. Außerdem zwei fragliche, das hieß solche, in denen der Aushang am 7. März gehangen haben konnte, inzwischen aber abmontiert worden war. In Solna gab es keine Telefonhäuschen mit diesen Schildern. Niemand hatte Skacke damit beauftragt, auch dort zu suchen, er hatte es trotzdem getan.
Martin Beck saß über den Tisch gebeugt und wies mit dem Zeigefinger auf das Papier. Skacke stand zwei Meter vom Schreibtisch entfernt und sah aus wie ein Hund, der auf den Hinterbeinen sitzt und auf ein Stück Zucker wartet.
Vielleicht sollte er ein lobendes Wort sagen, ehe Kollberg kam und seine bissigen Bemerkungen machte, dachte Martin Beck unentschlossen.
Da klingelte das Telefon und enthob ihn der Entscheidung.
»Ja, Beck?«
»Da ist ein Kriminalinspektor dran, der will mit Ihnen sprechen. Den Namen hab ich nicht richtig verstanden.«
»Stellen Sie durch… ja, hier Beck?«
»Hallo, hier ist Per Mänsson aus Malmö.«
»Tag. Wie geht's dir denn?«
»Na ja, montäglich. Und dann dieser Krach mit dem Tennisturnier. Gegen Rhodesien, hast du ja sicher gehört.« Mänsson machte eine lange Pause. Dann fuhr er fort: »Du suchst doch einen, der
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