Alarm in Sköldgatan
erkundigen solle, wenn er Genaueres wissen wolle.«
»Haben Sie ihm erzählt, daß Karlsson Selbstmord begangen hat?«
»Das weiß ich nicht mehr genau, jedenfalls hab ich ihm gesagt, daß er tot war und daß die Polizei schon hier gewesen war.«
Als Martin Beck nach Västberga zurückkam, saß er eine ganze Weile still, rauchte und dachte nach, ehe er Hammar anrief.
»Die Sache wird immer ärgerlicher«, erwiderte Hammar. »Es wäre wirklich schön, wenn ihr mal einen Beteiligten vorweisen könntet, der noch lebt. Hilft dir diese Entdeckung irgendwie weiter? Und warum hat er deinen Namen auf einen Zettel geschrieben, ehe er sich erschossen hat?«
»Ich glaube, Karlsson und Malm und Olofsson hatten sich zusammengeschlossen und gehörten einer Firma an. Karlsson wollte sich aus irgendwelchen Gründen zurückziehen. Er überlegte, ob er die Polizei anrufen solle, wahrscheinlich hatte er mal einen Namen gehört oder gelesen. Dann hat er sich anders entschieden. Ich weiß nicht, was er in der Firma für 'ne Stellung hatte. Was meinst du denn dazu?«
»Ich finde, das klingt alles wie 'ne richtige Räubergeschichte. Jetzt haben wir drei Tote: einer ist ermordet worden, einer hat außerdem Selbstmord begangen, und der dritte hat nur Selbstmord begangen. Wie erklärst du dir diese Selbstmordpsychose?« Martin Beck seufzte.
»Ich nehme an, daß Malm nervös wurde und schließlich zu Karlsson gegangen ist, um ihn zu fragen, ob er wisse, wo Olofsson abgeblieben sei. Als er hörte, daß Karlsson tot war, nahm er das zum Anlaß, sich ebenfalls das Leben zu nehmen.«
Eine Weile war es still.
»Ja. So kann das natürlich gewesen sein. Bloß hab ich nie einen Fall mit so vielen Wenn und Aber und Vielleicht und Vermutlich gehabt. Was wir sicher wissen, ist herzlich wenig. Wir müssen uns nachher mal zusammensetzen. Ich ruf dich dann noch an.«
Er legte auf.
Martin Beck saß eine Weile da und ließ die Hand auf dem Hörer liegen. Er versuchte sich vorzustellen, was Kollberg zu dieser Sache sagen würde. Bevor er abheben konnte, klingelte es.
»Treffer«, sagte Kollberg.
»Was?«
»Antwort von Interpol. Lasalles Fingerabdrücke.«
»Teufel auch. Und?«
»Ja, die kennen den Daumen, aber nicht den Namen Alphonse Lasalle.«
»Wessen Fingerabdrücke sind das denn?«
»Wart mal, wirst du gleich hören. Der Mann mit dem Daumen hat viele Namen. Die französische Polizei kennt ihn unter folgenden: Albert Corbier, Alfonse Benette, Samir Riffi, Alfred Laffey, Auguste Cassin und Auguste Dupont. Weitere Namen kommen später durch. Man weiß nicht, wer er ist, glaubt aber, daß er die libanesische Staatsbürgerschaft besitzt und sich in den letzten Jahren hauptsächlich in Frankreich und Nordafrika aufgehalten hat. Man meint Beweise dafür gefunden zu haben, daß er früher zur OAS gehört hat, und hat den Verdacht, daß er eine ganze Reihe von Verbrechen begangen hat und bei vielen anderen beteiligt war. Rauschgifthandel, Valutaschmuggel und noch einiges mehr, darunter Mord.«
»Ist er denn niemals festgenommen worden?«
»Offenbar nicht. Scheint 'n geschickter Hund zu sein. Er wechselt offensichtlich den Namen und die Nationalität öfter als seine Unterwäsche, und bis jetzt hat man keine hieb und stichfesten Beweise gegen ihn sammeln können.«
»Und die Personenbeschreibung?«
»Da ist noch manches unklar. Sie haben eine geschickt, aber mit der Bemerkung, daß sie nicht unbedingt stimmen muß. Nett übrigens, was? Hier hab ich's. Ungefähr fünfunddreißig Jahre alt. Einssiebzig groß, Gewicht achtzig Kilo, schwarzes Haar, braune Augen, gesunde Zähne, warte mal… das ist Französisch, ich hab noch nicht alles übersetzt… gerader Haaransatz, kräftige gerade Augenbrauen, Nase etwas gebogen, mit einer zentimeterlangen, kaum erkennbaren Narbe auf dem linken Nasenflügel, sonst keine Narben oder besonderen Kennzeichen bekannt.«
»Das paßt ja ausgezeichnet zu Lasalle. Die wissen natürlich nicht, wo er sich jetzt aufhält?«
»Nein. Ich ruf nachher noch mal an. Muß das hier erst noch übersetzen und abschreiben lassen.«
Martin Beck blieb mit dem stummen Hörer in der Hand sitzen. Als er ihn auflegte, fiel ihm ein, daß er gar nicht dazu gekommen war, von Ernst Sigurd Karlsson zu erzählen.
28
Mänsson fuhr am Dienstag, dem 23. Juli, morgens nach Kopenhagen. Weil er meinte, sich beeilen zu müssen, nahm er eines der Tragflügelboote. Es hieß Flyveflsken und schaffte die Strecke über den Sund in genau
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