Alarm in Sköldgatan
nichts Besonderes, daß Fremde von ihm wußten. Als Kommissar bei der Mordkommission wurde sein Name oft bei der Presse genannt, und er war mehrmals gezwungen gewesen, im Fernsehen aufzutreten.
Er legte die Liste wieder unter die Schreibunterlage. Dann stand er auf und ging zur Tür. Eine Tasse Tee könnte eigentlich nicht schaden, dachte er. Am Montag, dem 22. Juli, kam Zachrisson zurück, und Martin Beck rief ihn schon gleich am Vormittag an.
Jetzt saß er Martin Beck in Västberga gegenüber, räusperte sich und leierte die Angaben aus seinem Notizbuch herunter. Hin und wieder blickte der Mann von seinem Heft auf und ergänzte die Niederschrift aus dem Gedächtnis.
Göran Malms zehn letzte Tage waren von Einsamkeit und Trostlosigkeit überschattet gewesen. Die Hauptzeit des Tages verbrachte er in zwei Bierstuben in der Hornsgatan. Fast immer ging er gegen acht nach Hause, allein und angetrunken. Einige Male kaufte er Schnaps und nahm sich eine Prostituierte mit. Es war offensichtlich, daß er sehr knapp bei Kasse war. Olofssons Tod mußte ihn in eine schwierige Lage gebracht haben. Am Tag vor seinem Ableben hatte Mahn fast eine Stunde vor seiner Stammkneipe um Geld gebettelt, war dann hineingegangen und hatte sich ein Glas Bier geleistet.
»Er war also völlig pleite«, murmelte Martin Beck.
»An seinem Todestag hat er noch versucht, Geld zu borgen«, bestätigte Zachrisson. »Jedenfalls glaub ich das. Er ging zu einem…« Er blätterte um.
»Um 9.40 Uhr am 7. März verließ er die Sköldgatan und ging zur Karlsviksgatan 4.«
»Karlsviksgatan«, wiederholte Martin Beck leise.
»Ja, auf Kungsholmen. Er fuhr mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock und kam nach einigen Minuten wieder aus dem Haus. Er wirkte irgendwie verstört, deshalb nahm ich an, er habe sich bei einem Freund Geld leihen wollen und der war nicht zu Hause oder hat ihm nichts gegeben.«
Zachrisson blickte Martin Beck an, so als ob er ein Lob für seine Kombinationsgabe erwartete. Aber der starrte an ihm vorbei und murmelte: »Karlsviksgatan 4. Wo hab ich das schon mal gehört?« Dann sah er Zachrisson an und fragte: »Du hast das doch schon früher zu Protokoll gegeben, nehm ich an?«
Zachrisson nickte. »Jedenfalls hab ich es Kommissar Kollberg erzählt. Der hat mich dann beauftragt, die Namen der Leute festzustellen, die in dem Haus wohnen.«
»Na und?«
Zachrisson blickte in sein Buch.
»Viele waren es nicht. Seved Blom, A. Svensson, Ernst Sigurd Karlsson…« Die Karlsviksgatan ist eine kurze und wenig bekannte Straße, die in der Nähe von Fridhemsplan den Norr Mälarstrand und die Hantverkargatan verbindet. Martin Beck brauchte nur zehn Minuten, um mit dem Auto dorthin zu gelangen. Er wußte nicht, was hier noch zu finden sein konnte, denn Ernst Sigurd Karlsson war seit viereinhalb Monaten tot.
Im dritten Stock stand wie erwartet Seved Blom und A. Svensson auf zwei Türschildern. Das dritte trug den Namen Skog. Dort klingelte Martin Beck, und als niemand öffnete, klingelte er an der Tür nebenan.
Nachdem er Zachrisson weggeschickt hatte, hatte er mit den Beamten gesprochen, die am Morgen nach dem Selbstmord in Ernst Sigurd Karlssons Wohnung gewesen waren. Von ihnen wußte er unter anderem, wer die Polizei alarmiert hatte.
Hauptmann Seved Blom ließ Martin Beck sofort ein und begann zu erzählen, wie er in der Nacht gesessen und Patiencen gelegt hatte, als er von nebenan den Schuß gehört hatte. Es machte ihm offensichtlich Spaß, die ganze Geschichte noch einmal berichten zu dürfen, und er beschrieb ausführlich, wie alles passiert war. Martin ließ ihn ausreden und fragte erst am Schluß: »Was wissen Sie über den Toten? Haben Sie öfter mit ihm gesprochen?«
»Nein. Wir haben uns gegrüßt, wenn wir uns im Flur begegnet sind, aber mehr auch nicht. Er schien ein sehr scheuer Mensch gewesen zu sein.«
»Haben Sie einige seiner Bekannten gesehen?« Hauptmann Blom schüttelte den Kopf.
»Er schien keine zu haben. Es war immer still nebenan, und nie kam jemand zu Besuch. Doch, ja, eigenartigerweise kam ein Bekannter noch am gleichen Morgen. Am Morgen nach seinem Tod. Ein kleiner, verkommener Mann. Ich wollte gerade den Mülleimer ausschütten, der Krankenwagen und die Polizei waren schon wieder weg. Da stand der Mann vor der Tür und klingelte. Ich hab ihn gefragt, wen er sucht, und als ich merkte, daß er ein guter Bekannter von Karlsson war, hab ich ihm erzählt, was passiert ist. Und daß er sich bei der Polizei
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