Alarm! Kloesschen ist verschwunden - Terror aus dem Pulverfass - Die Falle im Fuchsbach
der Stadt – wie sich das PULVERFASS rühmte – ertönte fetzige Musik.
Kläschbach platschte auf dicken Gummmisohlen von Stufe zu Stufe, ging an den Toiletten vorbei und schritt über die Schwelle.
Die Disco war schon halb voll. Aber die Musik übertönte das Gesumm der Stimmen. Die Lichtorgel zuckte ihre bunten Blitze. Über der Bar hinten dämmerte indirekte Beleuchtung – gerade genug, um Geldscheine zu erkennen. Insgesamt war es verdammt dunkel. Deshalb – und wegen der Weitläufigkeit des Kellers mit seinen Winkeln, Säulen und Nischen – war es aussichtslos, hier nach jemandem zu suchen. Wer zufällig auf Bekannte stieß, hatte Glück. Ansonsten verlief man sich.
Für Kläschbach bestand diese Gefahr nicht.In Nische 4 – dicht beim hinteren Ausgang, der auf den Hof führte – war ein Stammtisch reserviert. Bodo Dreyer, der Discjockey, und Frank Zeschel, der Barhelfer, achteten sehr darauf, dass sich an diesem Tisch nicht der »Pöbel« niederließ, wie sie sich ausdrückten.
Kläschbach drängte sich durch die Menge. Auf der Tanzfläche stand man herum. Niemand bewegte sich rhythmisch. Ausgeflippte Typen waren da. Auch ungepflegte. Weil hier locker 1000 Leute reinpassten, gab’s weder Gesichtskontrolle noch Einlassgebühr.
Als Kläschbach Nische 4 ansteuerte, hellte sich seinTeiggesicht auf. Gert saß dort – vor einem großen Glas Cola, das aber immer zu einem Drittel Cognac enthielt. Ihm, Gert, gegenüber hockten Hugo Plaschke, der Kaufhausdetektiv, und Otto Fengstein, der Abteilungsleiter. Die beiden kamen häufig her, wirkten trotzdem fehl am Platz. Was aber letztlich – wegen des Gewimmels und der Lichtverhältnisse – nicht auffiel. Selbst den Bundeskanzler hätte man hier übersehen oder gar einen o-beinigen Torjäger aus der Bundesliga.
»Hallöchen! « Kläschbach pochte auf den Tisch und ließ sich nieder.
Fährmann nickte. Fengstein wedelte mit der Hand. Plaschke klopfte dem Gummibärchen-Fresser auf die Schulter.
»Das nenne ich geistigen Zusammenhalt«, brüllte Fährmann gegen den Lärm der Stereo-Anlage an. »Nichts war verabredet – und trotzdem sind wir alle da.«
»Wohin sollte man sonst gehen?«, brüllte Kläschbach zurück.
Frank Zeschel brachte die Getränke für Plaschke und Fengstein: Bier und Whisky-Soda.
Der Barhelfer war ein vierschrötiger Typ mit schenkeldicken Armen. Er hatte kalte, schwarze Augen. Dass er sich die Haare gefärbt hatte, nämlich hellblond, merkte jeder.
»Ein Bier, Frank«, bestellte Kläschbach. »Übrigens habe ich das Foto mit.«
Kläschbach fotografierte gern. Er hatte mehrere Kameras – auch eine ganz kleine, die er ständig bei sich trug. Mit der gelangen ihm gelegentlich Schnappschüsse, die Seltenheitswert hatten.
»Ah, ja«, meinte Zeschel. »Lass sehen.«
Kläschbach holte ein Foto aus der Brusttasche, legte es auf den Tisch und auch die anderen äugten jetzt.
Es war ein Farbfoto. Kläschbach hatte es auf dem Hof hinter dem PULVERFASS aufgenommen. Zeschel trug seine blau gestreifte Jacke, den grünen Pulli, mit dem er am liebsten ins Bett gegangen wäre, und eine gelbe Hose. Außerdem schwang Zeschel eine Peitsche.
Das Gleiche tat Bodo Dreyer, der Discjockey. Er war dunkelhaarig und zeigte gern seine großen, weißen Zähne. Auf dem Foto hatte er seine rote Jacke an und einen Pullover in schwarz-weißem Streifenmuster. Auch Bodo Dreyer liebte es farbig. Seine Hose war grün gestreift. Die Peitsche, die er in der linken Faust hielt, schien zu schnalzen.
Das Foto dokumentierte eine brutale Szene. Denn die beiden Schläger waren im Begriff, eine dritte Person zu misshandeln, einen zwölfjährigen Jungen: den Internatsschüler Odemar Nüpp.
»Hübsch!« Zeschel grinste. »So richtig fürs Familienalbum. Ich muss dich – auch in Bodos Namen – sehr bitten, Achim, das Foto nicht rumzuzeigen. Immerhin hat der Typ ganz schön was abgekriegt. Zwar nicht mit der Peitsche. Aber reichlich mit den Fäusten.«
»Ich schenke es dir«, sagte Kläschbach. »Ich habe auch einen Abzug für Bodo.«
In diesem Moment beugte Plaschke sich vor. Sein Mund stand offen. Der Detektiv starrte in das Gewimmel.
»Otto!«, keuchte er. »Kneif mich mal! Träume ich? Nein! Dort ist er.«
»Wer?« Fengstein verzichtete darauf, ihn zu kneifen. »Der Penner.«
»Was? Meinst du Karl-Friedrich Duzielsky?«
»Genau den.«
»Wo?«
»Jetzt ist er hinter der Gruppe mit den schrillen Typen. Nein, nicht dort. Dort! Allerdings sieht Duzielsky nicht mehr wie
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