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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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und wie eine Versagerin fühlte?
    »Pippa, wo hast du die Kopien vom Waldorf-Interview hingelegt?«, fragte sie mich ohne Begrüßung. »Und wieso weiß ich nichts davon, dass Sandra geheiratet hat? Und wer zum Teufel ist diese Fiona, die mir jetzt täglich den Kaffee bringt?«
    Ich holte tief Luft, um ruhig zu werden und ihre Fragen eine nach der anderen zu beantworten. Die Kopien waren in ihrem Fach, in das sie nie selbst sah, sondern dies immer mir überließ. Sandra Weiss, eine Redakteurin für die Abteilung Wohnen und Kochen hatte vor zwei Wochen geheiratet, wobei die halbe Redaktion eingeladen war (meine Chefin allerdings nicht, weil niemand sie dabei haben wollte, was ich ihr aber nicht sagte. Ich war ja nicht lebensmüde!). Und Fiona war eine Praktikantin, die bereits seit vier Monaten in der Graphikabteilung arbeitete und die ich für eine fähige Urlaubsvertretung für mich gehalten hatte. Dass sie nicht in das Fach meiner Chefin sah, war allerdings ein echter Makel. Das hatte ich ihr zweimal gesagt. Oder war es nur einmal? Es konnte aber auch sein, dass ich es vor lauter Aufregung ganz vergessen hatte.
    Jedenfalls schien sich meine Chefin nach meinen Erklärungen etwas zu beruhigen, und sie legte ohne Verabschiedung auf. Ich atmete tief durch. Das war besser gelaufen, als befürchtet. Trotzdem wurde es höchste Zeit, dass ich meinen Plan in die Tat umsetzte und den Verzweiflungsschlag landete. Es konnte so nicht weitergehen. Und dafür musste ich einen Artikel liefern, der nicht nur meine Chefin, sondern vor allem auch ihren Vorgesetzten, den Chefredakteur, vom Hocker riss.
    Eiligst lief ich zurück zum Haus und setzte mich an den Computer, um noch ein paar Zeilen über das Landleben fertigzustellen.
     
    ***
     
    Mein Feuereifer dauerte bis zum Nachmittag, dann fiel mir siedend heiß ein, dass ich mich darum kümmern wollte, Maler für das Haus zu besorgen. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Zu Hause in der Stadt schaltete ich einfach den Computer an und ging ins Internet. Sobald ich etwas Passendes fand, rief ich die dazugehörige Telefonnummer an und vereinbarte einen Termin. Oder ich machte dies direkt online.
    Hier war ich schon froh, dass ich Strom und fließendes Wasser hatte. Wie erledigten eigentlich die Ureinwohner dieses Dorfes eine solche Aufgabe?
    Um das Rätsel zu lösen, beschloss ich, meinen Nachbarn einen Besuch abzustatten.
    Nach dem dritten Klingeln öffnete der alte Mann die Tür. Er sah noch genauso urig aus wie bei meiner Begegnung mit ihm beim Bäcker. Vielleicht war noch etwas mehr Dreck an seinem Hals hinzugekommen.
    »Junge Frau, was kann ich für Sie tun?«, begrüßte er mich.
    »Ich möchte gern Handwerker beauftragen, um das Haus neu vorzurichten, wissen Sie, an wen ich mich hier wenden kann?«
    »Klar. An den Peter.«
    »Peter?«
    Er ließ mich mit meiner Ratlosigkeit nicht allein. »Kommen Sie rein, junge Frau. Ich ruf ihn an.«
    Er öffnete die Tür so weit, dass ich sogar mit hundert Kilo Übergewicht hätte eintreten können. Danach stand ich in einer Diele, in der an einer hölzernen Garderobe mehrere Mäntel und Kittel hingen. Der Boden war gefliest, ein Paar Gummistiefel und Gartenschuhe standen herum. Es roch nach Gemüse und Wurst.
    »Kommen Sie rein, worauf warten Sie?«
    Er stand bereits in Wohnzimmer und winkte mich heran. Ich betrat ein großes, relativ dunkles Wohnzimmer, in dem eine schwere Couchgarnitur und zwei riesige Sessel standen. In der Ecke befand sich ein alter Fernseher. Am Fenster konnte ich sehen, warum der Raum so dunkel war: Eine schwere, orangefarbene Markise war heruntergelassen und sperrte die Sonne aus.
    Der Alte ging zu einem kleinen Tischchen neben einer monströsen Schrankwand. Darauf stand ein Telefon, das aus einem Museum zu stammen schien. Es besaß sogar noch eine Wählscheibe.
    »Setzen Sie sich«, forderte er mich auf, während er aus dem Kopf eine vierstellige Nummer wählte.
    Ich ließ mich in einen der Sessel fallen und betrachtete die Bilder, die auf der Ablage der Schrankwand standen. Ein kleiner Junge war auf einem Schwarzweißbild zu sehen, daneben ein Porträtfoto aus dem 1980ern, das den alten Mann viele Jahre jünger und mit einer riesigen Brille und einem verwegenen Schnauzbart zeigte. Daneben ein Familienfoto mit einem fremden Mann, der Junge darauf war im Teenageralter.
    »Es geht keiner ran«, riss mich der Alte aus meinen Betrachtungen. »Da wird er wohl gerade irgendwo unterwegs sein.« Er

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