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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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»Dabei kann man bei solcher Musik so gut schlafen.«
    Der Alte winkte ab. »Du hast doch keine Ahnung. Du kennst nur Gurken, Pflaumen und Tomaten. Du warst auch noch nie in einer Stadt.«
    Mir klappte die Kinnlade herunter. »Noch nie in der Stadt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wozu? Was soll ich da?«
    »Vielleicht etwas Kultur mitbekommen?«, erwiderte ihr Vater. »Aber mit einem Trecker kommt man dort nicht weit.« Er klang spöttisch. Der Alte wurde mir direkt sympathisch. Ich lächelte ihn verständnisvoll an.
    Ich konnte sehen, dass sie sich einen bissigen Kommentar verkniff und stattdessen mir zuwandte. »Und was machen Sie so jeden Tag in der Stadt?«
    »Ich habe einen Job bei einer großen Frauenzeitschrift.« Ich nannte ihr noch den Namen, was ihr ein bewunderndes »Oh!«, entlockte. Dass ich dort nur den Kaffee servierte, verriet ich ihr nicht, denn das gehörte hoffentlich bald der Vergangenheit an.
    »Wohnen Sie mit Ihrer Familie zusammen?«
    »Nein, ich lebe allein.«
    »Aber Sie sehen sie oft?«
    »Nein, leider nicht. Mein Bruder studiert, meine Mutter ist Politikerin und ständig unterwegs. Ich treffe mich hin und wieder mit meiner Freundin Caroline, aber ansonsten kümmere ich mich um meinen Job, das ist mir momentan das Wichtigste.«
    »Fühlen Sie sich da nicht schrecklich einsam?« Emma-Louise sah mich mit großen, entsetzten Augen an.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Es ist eine Großstadt. Wenn ich Menschen sehen will, gehe ich aus dem Haus.«
    »Das meine ich nicht. Ich meine, fühlen Sie sich nicht allein?«
    Ich lachte ein wenig. »Wie gesagt, Großstadt. Viele Menschen. Viel zu erleben.«
    Der Alte sah mich mit einem schmalen Lächeln an. »Das können wir hier nicht bieten. Hier müssen Sie sich anderweitig beschäftigen.«
    »Das habe ich schon bemerkt«, seufzte ich. »Gibt es hier wenigstens ein Kino oder so etwas?«
    Die beiden schüttelten synchron den Kopf. »In Balhow, dreißig Kilometer von hier, gibt es ein Autokino, aber das ist kaputt. Da hat jemand die halbe Leinwand heruntergerissen, so dass man nur die Hälfte des Films sehen kann. Aber die jungen Leute fahren trotzdem hin, die sind ja sowieso nicht am Film interessiert.«
    »Kulturhaus?«
    »Gab‘s hier mal, ist aber jetzt einsturzgefährdet und es gibt kein Geld, um es zu reparieren.«
    »Was macht man dann in der Freizeit?«
    »Wir haben keine Freizeit«, antwortete Emma-Louise. »Wenn ich mit der Arbeit fertig bin, falle ich todmüde um.«
    »Ich schaue ihr dabei zu«, grinste der Alte. »Sie sieht ulkig aus, wenn sie vor dem Fernseher einschläft und ihr Kopf immer wegnickt, besser als jede Show.«
    Sie warf ihm einen bösen Blick zu, doch dann schien sie eine Idee zu haben. Sie setzte sich in den Sessel in meine Nähe und beugte sich zu mir. Ein bisschen zu tief, fand ich, denn ich konnte ihr in den Ausschnitt sehen. So tief, dass ich die Dehnungssteifen von ihrer Schwangerschaft entdeckte. Es war wie bei einem Unfall: so grauselig, dass man kaum wegschauen kann.
    »Sie sind doch ein hübsches junges Ding, ich weiß, was Sie hier in Ihrer Freizeit machen können.«
    Mühsam riss ich mich von dem Anblick los und zog die Augenbrauen nach oben. Irgendetwas war hier faul. Sie war auf einmal zu freundlich.
    »Ich habe auch keine Freizeit«, erwiderte ich vorsichtshalber. »Außerdem bin ich in knapp drei Wochen wieder weg hier.«
    »Das macht nichts«, versicherte sie. »Wissen Sie, darf ich Sie Pippa nennen?«
    Ich hatte keine Ahnung, woher sie meinen Namen wusste, vermutete aber, dass er im Buschfunk zusammen mit meiner Matratzenrutschaktion, meiner Mülltonnenlandung und der Polizeivernehmung verkündet worden war.
    Ich nickte.
    »Gut, ich bin Emma-Louise, das ist Albert.« Sie zeigte auf ihren Vater.
    Er zwinkerte mir zu. Ich fühlte mich immer unbehaglicher. Was wollte sie von mir?
    »Also«, begann sie schließlich. »Es geht um Jasper, meinen Sohn. Er würde Sie sicher gern kennenlernen.«
    Mir blieb die Himbeerlimonade im Hals stecken, von der ich gerade einen Schluck nahm. Wollte sie mich gerade mit ihrem Sohn verkuppeln? Nie im Leben!
    »Äh, ich bin eigentlich … ich bin hier nur zu Besuch«, stammelte ich. »Das wäre ein sehr kurzes Kennenlernen. Nicht gut für Ihren Sohn.« Wenn schon Hunde im Tierheim es nicht mochten, wenn sie nur einmal von Fremden ausgeführt wurden, wie sollte das erst mit einem Mann nach einem Date sein?! Keine gute Idee.
    »Ach, wer weiß, was dann passiert, wenn ihr euch erst einmal

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