Alarmstufe Blond
machen wollte.
Gesagt, getan. Ich schaltete das Navi in meinem Auto ein und suchte nach einem Supermarkt in der Gegend. Aber auch das gestaltete sich nicht so einfach, weil dieses Nest offenbar von keinem Satelliten abgedeckt wurde und das GPS-Signal zu schwach war, um mich zu orten. Erst als ich aus dem Ort rausgefahren war, fand sich Susan (ich nannte die Stimme in meinem Navi immer Susan) zurecht und führte mich in den Nachbarort Grolstein zu einem mittelgroßen Supermarkt.
Ein wenig neidisch auf die Grolsteiner, weil sie sowohl Supermarkt als auch ein bald renoviertes Kulturhaus und darüber hinaus noch ein Hinweisschild auf die Autobahn hatten, was den Verkehr in ihrem Ort fast verdoppelte, parkte ich vor dem Markt, holte einen Wagen und begann meinen Einkauf. Dabei musste ich allerdings bedenken, dass ich nichts Frisches holen konnte, weil ich in meiner Bleibe keinen Kühlschrank besaß.
Dementsprechend mager fiel der Einkauf aus. Ein paar Dosen mit Fertigsuppe, einen Dosenöffner, zwei Flaschen Wein, eine Flasche Wodka (nichts ist besser als Wodka, um etwaige Probleme mit abgelaufenen Lebensmitteln und verdorbenen Mägen zu beseitigen), Chips mit Käsegeschmack, Chips mit Chiligeschmack und Chips mit Schinkengeschmack. Zu guter Letzt wollte ich mir noch unbedingt eine Packung Eis gönnen, um noch vor Ort meinen Kummer mit Mr. Traummann alias Dr. Diercksen endgültig mundtot zu machen, denn wenn ich ehrlich war, kreiste der Mann immer noch in meinem Kopf herum, obwohl ich es mir strikt verbot, an ihn zu denken. Eine Packung Vanille-Schokolode mit Extraschokoladenstückchen würde sein Bild jedoch im Nu aus meinem Hirn verdrängen.
Umso entsetzter war ich, als ich ans Tiefkühlfach ging und es leer fand! Ja, waren denn hier alle verrückt? Wo war das Eis?
Empört fragte ich eine Verkäuferin, doch die zuckte nur mit den Achseln.
»Wir haben das Eis aus dem Programm genommen, es wurde nicht gekauft.«
»Aber jeder Mensch braucht Eiscreme! Ich brauche Eiscreme!«
Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.«
»Eis ist das beste Mittel gegen Liebeskummer«, sagte ich, den Tränen nahe. Ich weiß, das war ein bisschen dick aufgetragen, aber so langsam ging mir die ganze Gegend an die Nieren. Vielleicht fühlte ich mich auch nur einsam und verlassen in dieser Einöde, wo jede scheinbar normale Annehmlichkeit zu einem Kampf ohne Erfolgsgarantie wurde. Jedenfalls begannen in diesem Moment echte Tränen meine Wangen hinunter zu rinnen.
Die Verkäuferin sah mich mitleidig an, doch es änderte nichts. »Andere Mütter haben auch schöne Söhne«, sagte sie, bevor sie sich an die Kasse setzte, um eine Frau um die fünfzig abzukassieren, die an die zweihundert Kilo wiegen und den halben Laden leer gekauft haben musste. In diesem Moment war ich zwar froh, dass mir ein solches Schicksal mangels Eiscreme erspart blieb, dennoch schaute ich misstrauisch in den Wagen der Frau, ob sie nicht vielleicht die ganze Eiscreme aufgekauft hatte. Aber sie kam auch ohne zurecht.
Seufzend legte ich schließlich hinter ihr meine Einkäufe aufs Laufband und bezahlte, als ich an der Reihe war, wobei mir die Verkäuferin noch einmal einen mitleidigen Blick schenkte. Ich beschloss, sie zu ignorieren und wollte gerade hoch erhobenen Hauptes meine Einkäufe in eine Plastiktüte packen, als eine mir nur allzu gut bekannte Frau mit zwei Kindern den Supermarkt betrat: Frau Dr. Diercksen. Sie sah sogar noch besser aus, wenn ich sie nicht von einer Mülltonne aus betrachtete. Ihre Haut war perfekt, ihre Lippen voll und rund, ihr Körper schlank und perfekt proportioniert. Er würde sie nie verlassen, um mit mir zusammen zu sein. Vor allem nicht, wenn ich alle Chips aß, die ich eben eingekauft hatte.
Sie erkannte mich nicht und ging mit den Kindern in die Gemüseabteilung, wo sie hinter dem Obstregal verschwand.
»Haben Sie was vergessen?«, drang plötzlich die Stimme der Verkäuferin an mein Ohr. Sie wartete darauf, dass ich einpackte, um den nächsten Kunden abzufertigen. Meine Güte, warum hatte sie es nur so eilig? Als ob sich hier die Kunden drängeln würden. Nach dem Mann hinter mir und seiner Flasche Bier war die Schlange schon zu Ende.
»Ich geh ja schon«, murmelte ich, warf einen letzten Blick in die Gemüseabteilung, dann verließ ich den Markt.
Wieder im Auto sehnte ich mich so sehr nach der Eiscreme, dass ich sofort eine Tüte Chips aufriss, was jedoch nur bedingt Linderung brachte. Es war einfach nicht dasselbe.
Leider
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