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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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im Haus und mir wirklich sicher war, dass mich niemand sehen konnte, eilte ich zu meinem einzigen Stuhl, setzte mich und öffnete das Kuvert. Ein weißes Blatt Papier fiel heraus.
    »Dunkel der Nacht,
    Herz mit Kälte bedacht.
    Sinn des Lebens nicht erkannt,
    in Einsamkeit verrannt.
    Schmerz leise verschwunden,
    Deine Augen gefunden. 
    Zum Lachen gebracht,
    Licht der Liebe entfacht.
    Wege durch Zeit gespalten,
    mich nicht festgehalten.
    Spuren ins Herz gebrannt,
    meine Gedanken begannt –
    und schreckliche Sehnsucht entflammt.«
     
    Mein Herz klopfte wie wild.
    Es stand kein Absender darunter. Ich kontrollierte die Anschrift, auch da stand nichts. Galt der Brief mit dem Gedicht wirklich mir? Wenn ja, war das ein echter Liebesbrief! Hingerissen sah ich auf die Rose und sprang auf, um ihr Wasser zu geben. Doch bevor ich in der Küche war, blieb ich stehen. Ein kleine, zarte Stimme flüsterte in mein rechtes Ohr: »Der Mann ist verheiratet. Er darf keine Rosen mit Liebesgedichten an fremde Frauen schicken.«
    Auf der linken Seite saß eine andere Stimme und antwortete sofort: »Aber vielleicht ist er unglücklich in seiner Ehe und du bist die Frau seiner Träume.«
    Wieder die Stimme im rechten Ohr: »Dann soll er sich trennen und sich klar zu dir bekennen, Pippa. Aber nicht solche heimlichen Spielchen spielen.«
    »Du hast völlig Recht«, sagte ich laut zu der rechten Stimme, offensichtlich ein weiser Engel, und lief zur Tür. Die Rose würde ich nicht am Leben erhalten, damit sie mich täglich an ihn erinnerte. Sie musste sterben.
    Ich warf sie in die Mülltonne, doch gerade als ich den Brief hinterherwerfen wollte, entdeckte ich unter den Tapetenfetzen ein Stück Bilderrahmen.
    Ich langte hinein und holte ihn heraus, um einen letzten Blick auf den attraktivsten Landarzt aller Zeiten zu erhaschen. Sein Lächeln hatte sich auch unter dem Müll nicht verändert.
    Doch ich musste hart bleiben. Schnell warf ich Liebesbrief und Foto wieder in die Tonne, klappte den Deckel zu und ging zum Haus.
    Bevor ich es erreichte, blieb ich stehen. Irgendjemand oder irgendetwas in mir traf in diesem Moment eine Entscheidung, gegen die ich machtlos war. Eilig rannte ich zurück und holte sowohl Brief als auch Foto aus dem Müll.
    »Recht so, wer weiß, wann du jemals wieder so einen romantischen Liebesbrief erhältst. Und vielleicht sehnt sich Doktor Diercksen insgeheim nach jemandem wie dir. Du bist die Rettung aus seinem trostlosen Leben als Dorfarzt«, flüsterte das Teufelchen auf meiner linken Schulter.
    Auch wenn ich Letzteres für sehr unwahrscheinlich hielt – Dr. Leonard Diercksen sah nicht so aus, als würde er auf Rettung warten – musste ich Teufelchen in einem Punkt Recht geben: Immerhin war das etwas, was ich noch meinen Enkelkindern erzählen konnte, für den Fall, dass ich nie wieder in meinem Leben einen Liebesbrief von einem sexy Traummann erhalten würde.

TAG 5
    Sonntag, 7. Juli, noch 10 Tage bis zum Erstschlag
     
     
    Die Sonne lachte, als ich am Morgen aufwachte. Wer auch immer den Sonntag nach der hellen, strahlenden Scheibe m Himmel benannt hatte, hätte an diesem Tag einen Orden verdient. Der Morgen war klar und warm, das perfekte Wetter für ein Picknick mit einem attraktiven Mann.
    Bei diesem Wunschgedanken kribbelte es in meinem Bauch, als würde ein Schwarm Wespen darin sein Unwesen treiben. Ich schwöre es, ich konnte nichts dafür! Das Gefühl war einfach da bei der Erinnerung an den Liebesbrief vom Doktor. Es wurde allerdings kurz unterbrochen, als mir einfiel, dass ich mich heute mit dem Sohn meiner Nachbarin in der Kirche treffen würde. Aber vielleicht war der ja auch ganz okay. Und es bestand eine nicht allzu geringe Hoffnung, dass Doktor Diercksen ebenfalls zum Gottesdienst kommen würde.
    Deshalb zog ich eines der schönsten knitterfreien Kleider an, die ich in meine Koffer gepackt hatte, rasierte meine Beine, legte mein Make-up besonders sorgfältig auf und stolzierte pünktlich 10 Uhr zur Kirche hinein.
    Das Gebäude war halbvoll, etwa zwei Drittel der Dorfbevölkerung mussten gekommen sein, um den Worten eines nicht mehr ganz so jungen Pfarrers zu lauschen. Auch die Zuhörer gehörten zum größten Teil der nicht mehr ganz so jungen Generation an. Die unter 50-Jährigen waren definitiv das Drittel, das fehlte.
    Kerzengrade und mit den Augen die Reihen heimlich nach einem dunkelbraunen Haarschopf durchsuchend, ging ich durch das Kirchenschiff und setzte mich schließlich auf eine

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