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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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Seitenbank. Ich hatte den Arzt nicht entdecken können. Dafür erblickte ich meine Nachbarn, an deren Seite ein Mann saß, bei dessen Anblick ich am liebsten Hals über Kopf die Kirche wieder verlassen hätte. Er war Mitte Dreißig, und von seinem niedlichen Aussehen auf den Familienfotos weit entfernt. Seine Haare hatten sich bereits größtenteils von ihm getrennt, wie auch sein schlanker Körper, der den Platz mit einem fettleibigen, schwammigen Etwas getauscht hatte.
    Er schien mich nicht zu bemerken, sondern starrte gebannt in das Gesangbuch. Dafür hatte mich Emma-Louise entdeckt und nickte mir wohlwollend zu.
    Ich nickte nicht ganz so wohlwollend zurück, denn schließlich musste der Frau klar sein, wie ihr Sohn sich entwickelt hatte, und dass sie es ernsthaft in Erwägung zog, mich mit ihm zu verkuppeln, grenzte schon fast an Beleidigung. Ich überlegte kurz, ob es dafür beziehungsweise dagegen ein Gesetz gab, konnte jedoch den Gedanken nicht zu Ende bringen, weil der Pfarrer nun mit seiner Zeremonie begann.
     
    Eine reichliche Stunde später stand ich vor der Kirche Jasper gegenüber und überlegte fieberhaft, wie ich ihm vorsichtig klarmachen konnte, dass das mit uns niemals passieren würde, ohne dass er danach seinen Kummer an drei Rieseneiscremetorten erstickte. Seine Mutter hatte uns einander vorgestellt und sich dann mit einem wissenden Schmunzeln verdrückt. Doch ich schaffte es nicht, etwas zu sagen, denn Jasper kam mir zuvor.
    »Pippa, du siehst aus, als wärst du eine sehr nette Frau, aber es tut mir leid, du bist nicht mein Typ.«
    Ich klappte den Mund auf und zu wie ein Guppy auf Landgang. Hatte er mich gerade eiskalt abserviert? Ich war nicht sein Typ? Am liebsten hätte ich ihm eine flammende Rede darüber gehalten, warum ich sehr wohl sein Typ war, er aber nicht meiner, aber ich ließ es sein. Das Resultat blieb dasselbe – es würde nie ein Date mit ihm und mir geben. Deshalb schluckte ich meinen Ärger runter und nickte nur.
    »Du bist auch nicht direkt mein Typ«, antwortete ich sanft. »Es ist aber nett, dich trotzdem mal kennengelernt zu haben. Ich habe schon die Fotos bei deiner Mutter gesehen, dich jetzt in Realität zu sehen, ist noch viel… viel… gewaltiger.«
    Er rang sich ein halbes Lächeln ab. »Falls du meine Körperfülle meinst, so tut es mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Aber so bin ich nun mal, meine Mutter will es nicht wahrhaben, deshalb hat sie nur alte Fotos von mir auf ihrer Schrankwand stehen.«
    Verständlich, wenn sie darauf aus war, ihren Sohn unter die Haube zu bringen.
    Ich reichte ihm die Hand. »Ich wünsche dir alles Gute, Jasper.«
    Er schüttelte meine Hand. »Ich dir auch. Nimm es nicht persönlich.«
    »Nein, ich gebe mir Mühe.«
    Dann nickten wir uns noch einmal freundlich zu, bevor wir beide unserer Wege gingen. In meinem Falle bedeutete das, mich in meine Bleibe zu begeben, etwas Bequemeres anzuziehen und spazieren zu gehen, um die Gegend zu erkunden. Was er machte, entzog sich meiner Kenntnis.
     
    ***
     
    Fast hätte ich den schmalen Waldweg, der zum See führte, gar nicht gefunden. Er lag versteckt zwischen dichten Brombeerbüschen und hohem Gras. Wahrscheinlich gab es eine breite Zufahrt zum See, aber selbst wenn, war sie in keiner Karte eingezeichnet und bei keinem Navigationssystem gemeldet. Susan hatte sie jedenfalls nicht angezeigt, sondern lediglich verkündet, dass es hier irgendwo einen See geben müsste. Unterwegs sammelte ich eine ganze Zeckenfamilie auf (und wurde sie auch wieder los) und passierte eine Ansammlung von Ameisenhaufen, bis ich schließlich an einer traumhaft schönen Badestelle ankam.
    Der See war relativ groß und lag versteckt in schattigen Kiefernwäldern, hin und wieder ragte ein Bootssteg ins Wasser. Menschen waren weit und breit nicht zu sehen. Ich überlegte, ob ich zurückgehen und meinen Bikini holen sollte, doch in Anbetracht der Zecken und Ameisen beschloss ich, so wenig wie möglich Kontakt zum Fußvolk der Waldwege aufzunehmen und mich anderweitig zu behelfen. Daher ging ich ein paar Minuten am Ufer entlang, bis ich einen schmalen Sandstrand an einem einladenden Bootssteg fand, auf den ich mich setzte. Er war idyllisch, eingebettet in Schilf, und damit vor neugierigen Blicken geschützt. Am Ende des Stegs schaukelte ein kleines Boot im Wasser.
    Ich sah mich vorsichtshalber noch einmal um, dann zog ich Rock, T-Shirt und Unterwäsche aus und ging mit nichts als meiner Würde bekleidet in den See.
    Das

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