Alasea 02 - Das Buch des Sturms
und dem Schein des Mondes bezogen.
Diese fließenden Kräfte bereiteten Elena Bauchschmerzen und ließen ihr Herz heftig klopfen. Schwarze Energien schienen Vira’nis ganzen Körper auszufüllen, von jeder einzelnen Fingerspitze bis zu jedem Zeh. Wie hatte sich Elena jemals zutrauen können, dieses Geschöpf zu besiegen? Sie wich noch einen Schritt zurück. Wenn sie die Frau doch nur so lange ablenken könnte, bis Er’ril käme, um sie zu retten! Vielleicht würde es ihnen beiden gemeinsam gelingen …
Vira’ni sprach aus der Dunkelheit, sodass Elena vor Schreck zusammenzuckte. »Ich glaube, ich habe dich jetzt weit genug getrieben, kleines Lamm. Ich habe dich dort, wo ich dich haben will.«
Getrieben? Elenas Herz krampfte sich zusammen. Was meinte sie damit?
Vira’ni schwenkte den Arm, und Dunkelfeuer brach aus ihren Fingerspitzen. Elena duckte sich unwillkürlich und hob die knisternde Hand wie einen Schutzschild, doch der Angriff war nicht gegen sie gerichtet. Schwarze Flammen schlugen in weiten Bogen aus Vira’nis Hand, tanzten über die Leichen um sie herum und entzündeten sie. Die Berührung des Feuers war für das geschwärzte Fleisch, als ob das Leben einen Samen berührt. Die geschwollenen Leiber der toten Jäger platzten auf und entließen Schwärme schwarzer Skorpione in die Wiese. Einige krabbelten im Schlamm auf Elena zu, während andere mit Flügeln versehen waren und sich in kleinen schwarzen Wolken in die Luft erhoben.
Ein Skorpion kroch mit ausgestrecktem Stachel zu ihren Zehen. Elena schwenkte die Hand, als ob sie ihn verscheuchen wollte. Ein Tropfen Blut fiel von ihrer Fingerspitze und traf seinen gepanzerten Rücken. Der Skorpion löste sich in grauen Nebel auf und verschwand. Elena beobachtete den Vorgang mit weit aufgerissenen Augen, für einen Augenblick starr vor Staunen. Süße Mutter, ihr Blut konnte töten!
Sie wich vor der Armee von Skorpionen zurück.
Leider trieb sie das näher zu Vira’ni hin. »Sieh nur, die Horde will auch nicht, dass du weggehst«, spottete die Frau vergnügt.
Elena ging nicht auf sie ein; in ihrem Kopf bildete sich ein Plan. Sie umklammerte mit der linken Hand das rechte Handgelenk und drückte fest zu. Blut tropfte schneller aus ihrer verletzten Hand und rann an einem Finger entlang. Elena drehte sich langsam im Kreis und säte feine Tropfen ihres Blutes am Boden aus, sodass sie einen Ring um sich herum schuf.
»Was machst du da, Kind?« Vira’ni war näher herangekommen und streckte die Hand nach Elena aus. Wo die Finger der Frau über den Blutring griffen, stieg Rauch von den Nägeln auf. Vira’ni riss die Hand zurück und rieb sich die Finger. »Also, das war jetzt nicht besonders nett.«
Aus allen Richtungen schwärmten Skorpione auf Elena zu, sowohl am Boden als auch in der Luft. Die Nacht war erfüllt von ihren sirrenden Flügeln und scharrenden Klauen. Doch wann immer die giftigen Tiere die Barriere erreichten, lösten sie sich auf und verpufften. Bald entstand ein abscheulicher grauer Nebel durch die Vielzahl besiegter Skorpione.
Elena duckte sich im Inneren ihres Kreises. Wie lange würde die Macht ihres Blutes die Angreifer fern halten?
»Wo hast du gelernt, einen Zauberring zu bilden?« fragte Vira’ni in leicht verärgertem Ton. Mit einem Handschwenk gebot sie den Skorpionen Einhalt. Die Tiere näherten sich Elena nicht mehr, sondern zappelten mit den Klauen und schlugen vor Erregung mit den Schwänzen. Ein wogendes Meer aus Schuppenpanzern und Stacheln umgab sie, nur eine Stiefellänge von ihren Zehen entfernt. »Wie lästig«, sagte Vira’ni missmutig. Skorpione krabbelten über die nackten Füße der Frau, und ein paar geflügelte Exemplare landeten in ihrem Haar. Sie pflückte sie immer wieder heraus.
»Du … du kennst nicht einmal die Hälfte meiner Macht«, brüstete sich Elena. Sie hob die Hand und deutete auf Vira’ni. Mit einem Hauch von Genugtuung bemerkte Elena, dass Vira’ni einen Schritt zurückwich.
Dann hatte sich die Dämonin dem Anschein nach wieder gefangen und strich sich eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. »Möglicherweise hast du Recht, aber du bist in deinem Ring gefangen. Sobald du die Magik freilässt, brichst du den Damm.« Sie zuckte mit den Schultern. »Im Augenblick kann ich dir nichts anhaben, und du kannst mir nichts anhaben. Bei Sonnenaufgang allerdings wird der Bann brechen, und dann wartet meine Horde schon.« Sie winkte mit ihren Fingern in Elenas Richtung. »Ich denke, ich
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