Alasea 02 - Das Buch des Sturms
antwortete sie kühl: »Ich weiß nicht. Meine Mutter ist gestorben, als ich noch sehr klein war. Allerdings hat mein Vater häufig davon gesprochen, wie sie mit ihrem Gesang Krebse und Hummer in die Fallen lockte … selbst die Eisenpanzerkrebse im tiefen Meer, die einem Mann den Arm ausreißen konnten. Aber was soll das zu bedeuten haben?«
»Das beweist, dass deine Mutter mit Elementarmagik gesegnet war, und deshalb trifft das auch auf dich zu. Es liegt dir im Blut.«
»Unsinn!«
Elena musste sie zu dem Versuch überreden, ihre Magik wenigstens für einen Augenblick zu wecken. »Vertiefe dich … erinnere dich an das Meer … erinnere dich an das Klatschen der Wellen gegen die Felsen, den Geschmack von Salz in der Luft … und schau!«
Vira’ni sah Elena argwöhnisch an, doch die silberne Flamme loderte ein klein wenig heller.
»Öffne wenigstens dein Herz dieser Möglichkeit!«
»Ich … ich …« Tief im Inneren Vira’nis flammte das Elementarfeuer höher auf, als ihr Blut versuchte, sich an sein Geburtsrecht zu erinnern. Vira’ni trat einen Schritt näher. »Ich glaube …«
Die silberne Flamme loderte jetzt weiß glühend und drängte die schwarzen Feuer im Inneren der Dämonin zurück.
Tränen stiegen Vira’ni in die Augen. Sie trat noch einen Schritt näher; nun war sie nur noch eine Armlänge von Elena entfernt. Allem Anschein nach war sie schwach auf den Beinen. »Ich spüre es. So deutlich! So schön!« Eine abgrundtiefe Traurigkeit lag in ihrer tränenschweren Stimme. »Ich erinnere mich!«
Elena erhaschte einen Blick auf Vira’nis wahres Ich, auf die Frau, die tief in der schwarzen Magik vergraben war, aber sie konnte nicht mehr länger warten. Die schwarze Magik des Herrn der Dunklen Mächte brodelte bereits gierig und würde allenfalls noch ein paar Herzschläge lang durch das Leuchten der silbernen Flamme im Zaum gehalten werden können.
Elena öffnete ihre rechte Hand vollständig und griff nach Vira’ni. Sie spürte einen heftigen Schmerz, da sie ihren schützenden magischen Ring durchbrach, dann berührten ihre gespreizten Finger Vira’nis nackte Haut. Ohne auch nur einen Atemzug lang abzuwarten, ließ Elena mittels Willenskraft ihre Macht in die Brust der Frau fließen.
Ströme von Magik ergossen sich aus jeder Fingerspitze in Vira’ni. Elena beobachtete den Pfad ihrer Magik und entdeckte, dass sie dank ihres veränderten Sehvermögens die Fließrichtung ihrer Macht bestens steuern konnte. Sie zielte auf das Herz der Frau, während züngelnde Flammen schwarzen Feuers bereits ihre Magik zu verzehren drohten. Hexenfeuer erstarb schnell, wenn es der unheilvollen Kraft des Herrn der Dunklen Mächte ausgesetzt war. Dennoch gab es eine Chance. Wenn der Pfad zu der silbernen Flamme nur einen Augenblick offen bliebe …
Sie versenkte sich noch tiefer in ihre Magik.
»Was tust du …?« Plötzlich wurde Vira’ni bewusst, was mit ihr geschah.
Nein, nur noch einen kurzen Augenblick! Elenas Magik war nur ein glimmender Scheit verglichen mit der tosenden schwarzen Feuersbrunst, aber es gab kein Zurück. Sie zwang sich, ihre Magik zu der verblassenden Silberflamme in Vira’nis Herz zu führen. Wenn sie ihre Magik mit der Vira’nis vereinen könnte, wenn sie es erreichen könnte, dass die kleine Elementarflamme hell genug aufleuchtete, dann könnte das silberne Feuer vielleicht das schwarze vertreiben. Sie machte innerlich einen Satz nach vorn und schickte ihre Magik in die Elementarflamme, sodass sie das Feuer mit dem ihren anfachte.
Plötzlich loderte die Silberflamme zu einem tosenden Sturm auf. Die schwarze Energie floh vor dem grellen Licht.
Elena gestattete sich einen Funken Hoffnung. Es klappte!
»Lass …« Vira’nis Stimme war schwach und brüchig. Elena blickte der Frau in die Augen. Sie waren jetzt so klar und strahlend, dass es fast so aussah, als hätten sie ihre Farbe verändert. Tränen standen in diesen Augen. »Es tut so weh … Zwinge mich nicht, mich zu erinnern, wer ich bin.«
»Du musst dich erinnern«, entgegnete Elena. Die Flamme in der Frau flackerte bei diesen Worten. Elena gab noch mehr ihrer Hexenglut in das Feuer. »Kämpfe!«
Vira’ni riss die Augen in Panik weit auf. »Hör auf! Du kannst ihn auf diese Weise nicht besiegen. Du weißt nicht, was du tust.« Wie eine sich zusammenziehende Armee wurde die schwarze Magik am Rand der silbernen Flamme dichter. Die Energie knisterte jetzt wild im zierlichen Körper der Frau. »Du verstärkst nur seine Macht
Weitere Kostenlose Bücher