Alasea 03 - Das Buch der Rache
einfachen Seemann auffällt, dann wird auch Kapitän Jarplin danach fragen.« Den Rest ließ sie unausgesprochen. Flints letzter Schrei war noch nicht verklungen in ihren Ohren.
Nach einem Augenblick des angespannten Schweigens fragte Er’ril: »Elena, kannst du dich irgendwie befreien?«
»Nicht ohne Magik. Die Knoten sind ziemlich fest.«
»Dann benutze deine Macht.«
Joach setzte sich aufrecht hin. »Was ist mit Flints Plan?«
»Ich habe in diesen Plan so viel Vertrauen wie Flint in die Logik der Piraten.« Er’ril rollte sich herum, um Elena besser ansehen zu können. »Befrei dich, und dann binde uns los. Aber schone deine Magik so weit wie möglich.«
Elena nickte. Sie brauchte keine zweite Aufforderung. Sie berührte ihre Magik und steuerte sie in die rechte Faust. Da ihre Hände in Handschuhen steckten und auf den Rücken gebunden waren, konnte Elena nicht sehen, ob ihre Faust vor Magik glühte, aber in ihrem Herzen wusste sie es. Sie fühlte, wie sich die Macht konzentrierte und auf Befreiung wartete. Elena war bereit.
Der Kopf eines Kupfernagels ragte aus der Rückenlehne ihres Stuhles. Mit den Fingern zog sie den Handschuh ein wenig herunter, dann presste sie das weiche Fleisch ihrer Hand gegen die scharfe Kante des Nagels. Der Schmerz schoss ihren Arm hinauf, schnell und scharf wie eine Lanze, doch noch bevor sie auch nur zusammenzucken konnte, wurde das Feuer in der Wunde von einer Flut aus Magik und Blut fortgespült. Der Chor der Macht stimmte erneut sein Lied an.
»Ganz ruhig, Elena.«
Sie verzog das Gesicht. Hatte denn keiner Vertrauen zu ihr? In endlosen Nächten hatte sie daran gearbeitet, das Hexenfeuer steuern zu lernen. Sie war nun so weit, dass sie, wenn sie sich stark konzentrierte, den Docht einer Kerze entzünden konnte, ohne dabei auch nur ein Jota Wachs zu schmelzen.
Mithilfe dieser Fähigkeit löste Elena nun einen Faden aus ihren Machtsträngen und wob ihn in die Schnüre, die sie fesselten. Als der Faden in voller Länge in das Seil eingearbeitet war, entzündete sie die Faser. Ein heller Blitz fuhr in die Luft, und die Schnüre zerfielen zu Asche.
Unter dem Protest ihrer schmerzenden Schultern bewegte Elena ihre Arme nach vorn und blies die Asche von den Handgelenken.
»Bist du verletzt?« fragte Er’ril. »Hast du dich verbrannt?«
Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf. Sie hob die behandschuhte Faust und löste noch einen Magik Faden heraus. Der Handschuh, der gerade noch ihre Hand bedeckt hatte, verschwand in den kurz auflodernden Flammen. Asche regnete zu Boden und ließ Elenas glühende Hand zum Vorschein kommen. Die verborgene Rose blühte auf und vertrieb mit ihrem Strahlen die Düsternis aus dem Raum.
Er’ril und Joach bekamen große Augen.
Es war so einfach. Elena warf einen Blick auf die Stricke, die ihre Beine fesselten. Sie nickte kurz und löste erneut einen Faden aus ihrer Macht. Die Seile verschwanden von ihren Fußknöcheln. In dem Rauch, der um sie herum aufstieg, erhob sich Elena.
Sie schickte sich an, zu Joach zu gehen.
Er’ril hielt sie auf. »Nein!« rief er.
Sie wandte sich ihm zu. »Warum?« Dieses feine Weben der Magik fand sie viel aufregender als die wilden, mächtigen Magik Ausbrüche. Hier spielte nicht nur die rohe Macht eine Rolle, sondern auch das Gespür für die Macht und die Fähigkeit, sie steuern zu können. Es war, als würde sie einen jungen Hengst reiten, der sich vollständig auf ihre Bewegungen einstellte.
»Binde uns nur los«, befahl Er’ril.
»Aber mit Magik geht es schneller«, murmelte Elena noch ein wenig atemlos.
»Tu es!«
Widerstrebend ging sie zu Er’ril und löste die Knoten seiner Fesseln mit den Fingern. Nach ein paar Rucken war er frei. Er’ril kniete sich hin und schüttelte das Gefühl zurück in seine Finger Bevor Elena zu ihrem Bruder gehen und ihn befreien konnte, hielt Er’ril sie an der Schulter zurück.
»Hör zu, Kind«, sagte er. »Zu den ersten Lektionen, die ein Magiker zu meiner Zeit lernen musste, gehörte, Zurückhaltung zu üben. Das ist für die meisten Magiker auch die schwierigste Lektion. Als Paladin meines Bruders war es meine Pflicht, Schorkan davor zu bewahren, seine Macht zu gebrauchen, wenn auch gewöhnliche Mittel zur Verfügung standen. Magik zu verschwenden, um einen kalten Herd anzufachen, wenn Zunder und Feuerstein zur Hand sind, ist nicht rechtens. Die Magik ist eine Gabe, die man nicht vergeuden darf, man muss sie umsichtig einsetzen und darf sie nur gebrauchen, wenn
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