Alasea 03 - Das Buch der Rache
da sie von erfahrenen Seeleuten verknotet worden waren, hielten sie. Elenas Ziehen und Zerren führte lediglich dazu, dass die Knoten noch fester wurden. Sie sah zu den anderen beiden Gefangenen hinüber, die mit ihr die winzige Kabine teilten. Auf der anderen Seite des schmalen Raumes lag Er’ril auf dem Bauch, den Arm an die Fußknöchel gebunden. Er war noch nicht wieder aufgewacht nach dem Schlag auf den Hinterkopf. Selbst aus der Entfernung konnte Elena das Blut sehen, das durch sein schwarzes Haar und über die Wange lief.
»Er hätte sich nicht so hartnäckig wehren dürfen, als sie Flint mitnahmen«, meinte Joach, als er bemerkte, wohin Elena starrte. Ihr Bruder war ebenfalls gefesselt; seine Fußknöchel hatten sie an die Stuhlbeine und die Handgelenke hinter die Lehne gebunden.
»Er wollte nur, dass es echt wirkt.«
»Der Knüppel, mit dem sie ihn geschlagen haben, hat echt genug ausgesehen.«
Elena biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte sich mit aller Gewalt zusammennehmen müssen, um den einäugigen Matrosen nicht niederzustrecken, der Er’ril geschlagen hatte. Es wäre nur eine Winzigkeit von Magik notwendig gewesen, um die Seile durchzuschmoren und seinen Knüppel zu Asche zu verbrennen, aber Flints strenger Blick und das unauffällige Kopfschütteln hatten ihre Hand zurückgehalten. Sie alle mussten ihre Rolle spielen, wenn ihre List gelingen sollte.
Flints Plan bestand darin, dass Er’ril und Elena ein Ehepaar spielen sollten. Ein Paar aus dem Hochland, das seinen humpelnden Neffen, Joach, nach Port Raul zu einem Heilkundigen begleitete. Nachdem Elena ihre Macht erneuert hatte, hatte sie sich die wilden Haare und Nägel geschnitten und sich von Er’ril Hemd und Hose geliehen. Wegen der Veränderungen, die in ihrem Körper vorgegangen waren, konnte sie nicht länger als Junge gehen. Elena blickte hinunter auf die üppigen Rundungen ihrer Brüste dieser Trick würde nie mehr funktionieren. Dennoch hatte sich Flints List als klug erwiesen, besonders da der Kapitän mehr an dem alten Bruder als an dessen Passagieren interessiert gewesen zu sein schien. Sie hofften darauf, dass der Kapitän sie irgendwann im Hafen von Port Raul abliefern würde, und wenn sie schließlich an Land gelangt waren, würden sie mithilfe von Elenas Magik fliehen.
Vor ihr stöhnte Er’ril auf und wollte sich vom Boden erheben. Elena atmete auf. Obwohl sie sich sicher gewesen war, dass der Schlag ihn keinesfalls tödlich getroffen haben konnte, war sie froh, ihn murren zu hören und seine Bewegungen zu sehen.
»Süße Mutter, dieser Mann hat stärker zugeschlagen, als ich gedacht hätte«, sagte Er’ril und rollte sich zur Seite, was sich jedoch schwierig gestaltete mit seinen zusammengebundenen Gliedmaßen. »Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm werden würde.«
»Du bist umgestürzt wie ein gefällter Baum«, witzelte Joach. »Du hättest Flints Gesicht sehen sollen.«
»Elena, geht es dir gut? Haben sie dir etwas getan?« Die Besorgnis in Er’rils Gesicht wirkte etwas fehl am Platz, denn es war seine eigene Wange, über die das Blut lief.
»Ich hätte mir gewünscht, dass sie mir etwas tun«, meinte sie finster, die Mordlust sprach aus ihren Worten. »Aber sie interessierten sich nur für Flint.«
Er’ril lächelte über ihre Laune. »Jetzt weiß ich endlich, warum ich dich geheiratet habe.«
Sie war froh, dass Er’ril versuchte, ihre Anspannung zu lösen, auch wenn es ihm nicht richtig gelang. Elena hasste dieses Warten, besonders da sie nichts über das Schicksal ihres Freundes erfuhren.
»Wo haben sie Flint hingebracht?« fragte Er’ril und drückte damit ihrer aller Sorge aus.
Elena senkte den Blick.
Joach antwortete. »Sie zerrten ihn hinaus und sagten, sie brächten ihn in die Kapitänskajüte zu einem Gespräch ›unter vier Augen‹. Wir hörten Flint einmal schreien, dann wurde es still.«
»Macht euch keine Sorgen. Diese Piraten bringen ihn nicht um«, meinte Er’ril. »Sie halten ihn für den Einzigen, der etwas über den Verbleib des Seedrachen weiß.«
»Wenn sie nicht inzwischen der Meinung sind, dass er darüber doch nichts wissen kann«, sagte Elena und hob den Kopf. »Ich habe der Unterhaltung zweier Seeleute gelauscht. Der eine war sicher, dass Flints Drache irgendwie entkommen sein musste, denn nach den Worten des Matrosen hätte Flint für den Preis eines Drachen eine ganze Flotte kaufen können.« Elena starrte Er’ril in die Augen. »Wenn diese Unstimmigkeit schon einem
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