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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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schwieg betroffen. Das Grauen dieser Nacht würde die Kinder ein Leben lang begleiten. Sogar Scheschon starrte mit großen Augen ins Dunkel und zuckte jedes Mal zusammen, wenn der Lärm näher kam. Kesla sah ihn über ihren Kopf hinweg an.
    Joach hatte eine Idee, wie er das Kind ablenken konnte. Er fuhr mit dem Finger über die Schneide seines Schwerts und brachte sich einen winzigen Schnitt bei. Dann beugte er sich über den Boden der kleinen Höhle, drückte einen dicken Blutstropfen aus der Wunde und ließ ihn in den Sand fallen.
    »Was machst du da?« fragte Kesla.
    »Pst …« Joach lehnte sich zurück, atmete langsam aus und schickte seine Sinne auf die Reise. Auf dem langen Marsch zum Aii’schan hatte Schamane Parthus ihm beigebracht, den Schleier zwischen der wirklichen und der Traumwüste mithilfe der Magik in seinem Blut zu durchdringen.
    Joach richtete den Blick fest auf den roten Tropfen im Sand. Er versickerte langsam. Joach ließ ihm seine Gedanken und einen Teil seiner Seele folgen. Aus dem Augenwinkel sah er die Felsen verschwinden, die leuchtende Traumwüste tat sich auf und erstreckte sich nach allen Seiten. Schamane Parthus hatte ihm erklärt, wie man einem Traumgebilde Substanz verleihen konnte, indem man sich fest darauf konzentrierte. Nun handelte Joach danach. Er zwang den Blutstropfen mit der Kraft seines Willens, sich zu verwandeln.
    Wie aus weiter Ferne hörte Joach Kesla nach Luft schnappen. Doch er schwieg und ließ sich nicht stören.
    Als er fertig war, versetzte er sich zurück in die Welt der Felsen und des Windes. Am Höhleneingang stand stumm das Bildnis einer Sandsteinrose und hielt Wache. Joach bewegte die Hand über die Blume und berührte die Fäden der Macht, die ihn noch mit der Traumwüste verbanden. Langsam öffnete sich die Blüte dem Mondlicht.
    Joach hörte Scheschon kichern und drehte sich um. Sie betrachtete seine Schöpfung mit glänzenden Augen. »Hübsch«, flüsterte sie und streckte die Hand danach aus.
    »Vorsichtig, mein Schatz«, warnte Kesla.
    Joach winkte Scheschon aufmunternd zu. »Schon gut.«
    Das Mädchen pflückte die Rose. Als der Stängel brach, zerfiel sie, und nur ein Häufchen Sand blieb übrig. Scheschon machte große Augen und sah schuldbewusst zu Joach auf.
    Er streichelte ihre Hand, wischte ihr die Körner von den Fingern und küsste ihre Fingerspitzen. »Das macht nichts, Scheschon. Träume sind nicht für die Ewigkeit geschaffen.«
    Sie strahlte ihn an, dann schmiegte sie sich an Kesla. Die schloss sie liebevoll in die Arme.
    Joach erwiderte Keslas dankbares Lächeln. Mag sein, dass Träume tatsächlich nicht für die Ewigkeit geschaffen sind, dachte er, aber vielleicht sollte man sie in Ehren halten und sich an ihnen erfreuen, solange sie dauern.
    Langsam ließ er sich neben Kesla in den Sand sinken. Gemeinsam wachten sie über Scheschon. Und irgendwann im Laufe dieser langen Nacht fand Joach Keslas Hand in der seinen, und das Kind lag gut behütet zwischen ihnen.
    Endlich näherten sich Schritte auf dem Fels. Joach schreckte mit dem Schwert in der Hand in die Höhe. Hant trat in die Höhle. Sein Umhang war mit Blut befleckt. Er stützte sich auf einen Felsen. »Scheschon?«
    »Sie schläft«, sagte Kesla.
    »Haben wir gesiegt?« fragte Joach.
    Hant nickte. »Die Karawane ist in unserer Gewalt.«
    Joach und Kesla verließen das Felsenversteck. Hant nahm Scheschon auf den Arm. Sie erwachte, lächelte ihn verschlafen an und legte ihm fest die Arme um den Hals. Joach bemerkte, wie die harten Züge des Blutreiters weicher wurden, und sah den Schmerz aus seinen Augen weichen. Gemeinsam kehrten sie in die Wüste zurück.
    Die Senke unter ihnen bot ein Bild des Grauens. Menschen und Tiere lagen in ihrem Blut. Auf der anderen Seite landete Ragnar’k auf einem Dünenkamm. Das ganze Tal war von Weinen und Klagen erfüllt.
    »Die Kinder sind frei«, sagte Hant.
    Joach schüttelte den Kopf. Von dieser Nacht würden die Kinder nie wirklich frei sein. Er betrachtete eine kleine Schar, die blutend, weinend und völlig verängstigt neben einem zusammengebrochenen Wagen kauerte.
    »Was ist mit Mischa, der Tochter des Bootsführers?« fragte Kesla. »Hat man sie gefunden? Ist sie wohlauf?«
    »Ja«, sagte Hant.
    Joach hörte die Erschütterung in der Stimme des De’rendi und wandte sich zu ihm um.
    Hant ließ den Kopf hängen. »Ihr Vater ist tot. Fess hat eins der Skal’ten angegriffen, als es sich auf eine Wagenladung voller Kinder stürzen wollte. Er

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