Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
schwarzer Schatten und schnappte sich das Ungeheuer aus der Luft wie einen Sperling. Der Schatten war sofort wieder verschwunden, doch sein Gebrüll erschütterte das ganze Tal. Ragnar’k hatte in dieser Nacht das erste Opfer gefordert. Das Skal’tum stürzte leblos vom Himmel und krachte mit solcher Wucht in einen Wagen, dass unter ihm die Räder zerbrachen.
Der Drache konnte den Schutzzauber der Skal’ten mit seinem Gebrüll zerstören und sie dadurch vorübergehend verwundbar machen. Jetzt war der Weg frei. Joach eilte den Hang hinab.
Unten tobte eine Schlacht. Innsu und die Wüstenkrieger griffen die Reiter und Treiber der Karawane mit Pfeilen und langen Krummschwertern an. Sie hatten die Banditen überrumpelt, aber einige formierten sich rasch wieder, während andere in blinder Flucht an Joach vorbei rannten und keinerlei Gegenwehr leisteten. Mit Gold allein war Tapferkeit wohl doch nicht immer zu erkaufen.
Joach erreichte unbehelligt das Lagerfeuer. Kesla und Hant hatten die beiden Reiter bereits erledigt und wachten nun über Scheschon.
»Wo bleibt ihr denn so lange?« fragte Hant, als Joach auf ihn zuschlitterte und zum Stehen kam.
Richald gab die Antwort. »Eines der Ungeheuer des Herrn der Dunklen Mächte hat uns aufgehalten.«
»Ragnar’k hat es getötet«, ergänzte Joach und klemmte sich Scheschon unter den freien Arm. Er war kein Meister im Umgang mit dem Schwert, schon gar nicht mit der Linken. Deshalb hatte er in dieser Nacht die Aufgabe übernommen, Scheschon und Kesla vor den Kämpfen in Sicherheit zu bringen, während Hant und Richald sich ins Getümmel stürzten.
Kesla lief schon auf die Felsen zu. Joach warf noch einen Blick zurück. Jenseits der Straße war einer der Banditen dabei, mit einer Fackel einen der Kinderkäfige in Brand zu stecken, um auf die Weise die Angreifer abzulenken und zum Aufgeben zu bewegen. Doch bevor das Holz Feuer fangen konnte, brach der Mann zusammen. Mehrere Pfeile steckten in seinem Rücken. Die Fackel fiel in den Sand und erlosch.
Nicht weit von Joach stürzte ein blutendes Skal’tum vom Himmel und landete mit zerschmetterten Gliedern zwischen den Felsen. Joach blickte nach oben. Ragnar’k holte auch weiterhin die Monster vom Himmel und verhinderte so, dass eines durch die Luft entkam und in Tular Alarm schlug.
Plötzlich fasste ihn Kesla am Ellenbogen. »Lauf!«
Joach fuhr herum. Zwei Malluken donnerten in heller Panik, die Reste eines Wagens hinter sich herziehend, direkt auf ihn zu. Joach rannte mit Scheschon auf dem Arm los. Nur einen Augenblick später, und sie wären beide unter die Hufe geraten und zertrampelt worden. Alle drei erreichten wohlbehalten die schützenden Felsen und suchten sich ein sicheres Plätzchen, um das Ende des blutigen Gemetzels abzuwarten.
In einer kleinen Höhle stießen sie auf Fess a’Kalar. Er sprang sofort auf. »Habt ihr Mischa gefunden?« Er musterte mit hoffnungsvollem Blick das Bündel in Joachs Armen.
»Noch nicht«, sagte Kesla. »Wir müssen zuerst die Banditen und die Ungeheuer ausschalten. Dann suchen wir nach deiner Tochter.«
Das Gesicht des Gleitbootführers war bleich und verhärmt. »Ich habe diese Monster gesehen.« Er schlug die Hände vor die Augen. »Meine kleine Mischa …«
Joach stellte Scheschon ab. Sie steckte den Daumen in den Mund und sah sich verwundert um. Joach legte dem Bootsführer die Hand auf die Schulter. »Wir bringen dir deine Tochter heil und gesund zurück.«
Fess wandte sich ab, um seine Tränen zu verbergen. »Ich kann nicht tatenlos hier herumsitzen und warten. Ich muss sehen, ob ich helfen kann.« Er zog einen Dolch und stolperte davon.
»Nicht.« Joach lief ihm nach. »Du brauchst nicht zu kämpfen.«
Der Mann sah ihn fassungslos an. »Da draußen ist meine Tochter.«
Joach wollte widersprechen, aber er fand keine Worte. Fess verschwand in den Schatten. Joach ging kopfschüttelnd zurück. »Fess ist kein Krieger.«
Kesla nickte. »Aber er ist Vater.« Sie zog Scheschon auf ihren Schoß und schaukelte sie hin und her.
Joach bewachte die beiden mit dem Schwert. Obwohl der Schlachtenlärm nur gedämpft zwischen die Felsen drang, hörte er die Schreie der verängstigten Kinder immer noch. Sie klangen entsetzlich. Wie einem Vater dabei zumute sein mochte, konnte er nur ahnen.
Hinter ihm stieß Kesla einen Seufzer aus. »Wir können die Kinder vielleicht vor dem Schicksal erretten, das sie in Tular erwartet, aber diese Nacht konnten wir ihnen nicht ersparen.«
Joach
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