Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
die darunter verborgene Keule. Im gleichen Moment drehte der Reiter sich um. Der Schlag traf ihn seitlich am Kopf. Er kippte aus dem Sattel und schlug hart im Sand auf. Kesla sprang auf und eilte zu dem Malluk, um es zu beruhigen. Innsu glitt lautlos aus seinem Versteck, rannte auf das Tier zu und schwang sich ohne ein Wort auf seinen Rücken.
Er ritt im Schritt auf den Dünenkamm zurück, wo er von der Karawane aus gut zu sehen war. Dann schwenkte er den Arm und bedeutete den Wagen, auf der Uferstraße weiterzufahren. In der Zwischenzeit hatte Kesla den bewusstlosen Kundschafter gefesselt und geknebelt. Nun schleppte sie ihn mit Hants Hilfe zum Versteck der Wüstenkrieger.
Laut Plan durfte der Überfall erst beginnen, wenn die Karawane auf dem Weg ins Tal war. Während sich alle Blicke auf das kleine Lager richteten, sollte Joach mit seiner Gruppe die Flanken angreifen.
In der flachen Senke setzten sich Kesla und Hant wieder an das Lagerfeuer. Joach nagte nervös an seiner Unterlippe. Jetzt kam es auf die Sekunde an. Alles musste ablaufen wie am Schnürchen.
Wenig später erschien die Vorhut der Karawane auf dem Kamm und machte sich an den Abstieg. Einzelne Reiter führten den Zug an; dahinter kamen offene Wagen, die von jeweils zwei Malluken gezogen wurden. Auf den Ladeflächen türmten sich Heuballen und Kisten mit Plünderware aus Dallinskrie. Dann folgte eine lange Reihe von Karren mit Käfigen, die mit Fackeln beleuchtet waren. Durch die Gitterstäbe starrten blasse, verängstigte Kindergesichter in den Wüstensand hinaus. Jämmerliches Schluchzen schallte über die Dünen. Jeder dieser Karren wurde auf beiden Seiten von Reitern bewacht, Kundschaftern auf schnelleren Malluken.
Doch es kam noch schlimmer. Alsbald sah Joach im Schein des Feuers das erste Skal’tum über dem Kamm auftauchen. Es war so groß wie ein Malluk, die Flügel waren auf dem Rücken gefaltet und zuckten unruhig, während es mit seinen schwarzen Augen über das Tal schaute. Joach konnte nur hoffen, dass der Harngeruch auch weiterhin die Witterung der versteckten Truppe überdeckte. Das Wesen stieg den Hang herab. Seine weiße Haut leuchtete so grell vor dem Sand und den Schatten, als schwämme ein Leichnam auf einem dunklen Meer.
Joach stockte der Atem, als er, diesmal näher bei sich, ein zweites Ungeheuer entdeckte. Es kroch auf seiner Seite der Karawane tief geduckt über den Sand und hatte Mühe, mit seinen Krallen auf den glatten Felsen Halt zu finden. Nicht mehr als einen Steinwurf von Joach entfernt hockte es sich wie ein riesiger Aasvogel auf einen Felsblock, hob den Kopf und sog in tiefen Zügen die nächtlichen Gerüche ein. Joach sah, wie es die fahlen Lippen zurückzog und die spitzen Zähne fletschte. Augen, so dunkel wie die Löcher in einem Totenschädel, richteten sich auf das kleine Lager. Eine lange, gespaltene Zunge schnellte aus dem Maul und prüfte die Luft.
Joachs Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er starrte auf die schwarzen Felsen auf der anderen Seite der Senke. Nachdem sie so lange in der Stille ausgeharrt hatten, war der Lärm der sich nähernden Karawane ohrenbetäubend. Worauf wartete Innsu denn noch?
Immer länger wurde der Zug, der sich ins Tal herabwälzte. Zwei weitere Skal’ten erschienen, eines saß auf einem Käfig mit wimmernden Kindern, die außer sich waren vor Entsetzen.
Unten sprengten zwei Reiter auf Keslas Lagerplatz zu und sprangen aus dem Sattel. In den Händen hielten sie eiserne Fußfesseln, die im Mondschein blinkten.
Süße Mutter, wie lange brauchen sie denn noch?
Joach umklammerte das Heft seines Schwertes.
Da blitzte zwischen den schwarzen Felsen etwas.
Endlich das Zeichen!
Joach warf seinen Mantel ab und stürmte mit Richald aus seinem Versteck.
Das Skal’tum auf dem Felsen drehte sich überrascht nach ihnen um und zischte. Joach hob sein Schwert, und Richald streckte beide Arme aus und beschwor seine flimmernden Elementarkräfte.
Schrilles Gelächter drang aus der Kehle des Skal’tums. »Ess gibt alsso doch Ratten in der Wüssste«, keuchte es und entfaltete seine ledrigen Schwingen. Die Beine mit den Krallenfüßen spannten sich zum Sprung. Was hatten diese Bestien schon zu fürchten? Bei Nacht waren sie durch dunkle Magik geschützt und mit Schwert oder Dolch nicht zu verletzen. Schon hob das Skal’tum ab, um sich auf die beiden Männer zu stürzen.
Joach rollte sich nach hinten, Richald warf sich zur Seite.
In diesem Augenblick erschien am Himmel ein riesiger
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