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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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kleinen Ofen war fast niedergebrannt. In der Kabine war es dunkel. Er’ril lag erschöpft neben ihr und schlief dem Tag entgegen.
    Sie fand keinen Schlaf. Aber sie kuschelte sich fest an ihren Geliebten, spürte seine Wärme, seinen ruhigen Atem, seinen kräftigen Herzschlag. So hätte sie ewig liegen können, aber sie wusste ja, dass die Welt schon bald wieder ihre Rechte geltend machen würde.
    Sie starrte in die Dunkelheit, spürte die fremde Wärme, den dumpfen Schmerz in ihrem Leib, dachte zurück und versuchte zu begreifen, was geschehen war.
    Als sie in dieser stürmischen Nacht zueinander fanden, war Er’ril trotz seiner Erregung sehr behutsam in sie eingedrungen. Der helle Aufschrei, mit dem sie ihr Jungfernblut vergossen hatte, war zwischen seinen Lippen verhallt. Danach hatte er sich langsam auf und ab bewegt, und sie war mitgegangen, zögernd zuerst, dann mit wachsender Leidenschaft, und endlich hatte sich die Spannung in einem Aufschrei der Freude entladen, einer nie gekannten Mischung aus Schmerz und Lust. Er’ril hatte seinerseits mit einem Schrei geantwortet, der ihr wie Donner in den Ohren dröhnte.
    Genau in diesem Moment war ein Blitz durch die Welt gerast. Sein grelles Licht war durch das Fensterchen gedrungen wie eine Lanze und hatte alles in Silber getaucht. Elenas Augen waren geschlossen gewesen, dennoch hatte sie in diesem aufflammenden Licht gesehen, wie Er’ril sich über sie beugte. Sie hatte sein Antlitz gesehen, in Silber erstarrt, den geöffneten Mund, das Staunen, die Glückseligkeit, die gerunzelte Stirn, die eine so unglaubliche Vielfalt von Gefühlen ausdrückte.
    Dann war um sie herum die Welt zerfallen. Einen Herzschlag lang hatte sie wieder in dem silbrigen Netz des Lebens gehangen. Geist und Körper waren nach außen gerast, während sie keuchend in Er’rils Armen lag. Sie hatte tausend Stimmen gehört, alle Empfindungen dieser Welt erlebt, ihre Bilder in einer Million Facetten gespiegelt gesehen zu viele, um sie zu erfassen, aber jede einzelne so klar wie Kristall. Und im Zentrum dieses endlosen Netzes hatte sie eine ungeheure Gegenwart gespürt und sich ihr langsam zugewandt. Cho hatte sie einmal gewarnt, sich fern zu halten von diesem unermesslichen Geist. Doch in diesem Moment war sie auf den Wogen ihrer eigenen Leidenschaft zugleich nach außen gerissen und nach innen gezogen worden.
    Es hatte den Anschein gehabt, als gäbe es kein Entrinnen.
    Endlich war der Blitz am Himmel erloschen, und ihm war ein Donnerschlag gefolgt, unter dem selbst der Eisenkiel erzitterte. Elena war wieder in ihren Körper gestürzt, in ihr Bett, in Er’rils Arme.
    Auch Er’ril war freigekommen, er war auf sie gefallen und hatte sie mit seinen Küssen in die Wirklichkeit zurückgeholt. Elena war benommen gewesen, sie hatte nicht in Worte fassen können, was sie erlebt hatte. Die Tränen waren ihr über die Wangen geströmt. Sie war nur einen Atemzug davon entfernt gewesen, sich rettungslos zu verlieren, auf dem Höhepunkt der Liebeserfüllung zerstört zu werden.
    Er’ril hatte ihre Tränen missdeutet. Er hatte sie voller Leidenschaft geküsst und ihr »Ich liebe dich« ins Ohr geflüstert.
    Doch seine Stimme war untergegangen in den tausend Stimmen aus dem Netz, die ihr noch immer in den Ohren gedröhnt hatten. Sie hatte ihn an sich gezogen. »Halte mich«, hatte sie geflüstert. »Lass mich nie wieder los.«
    Und er hatte sie in die Arme genommen und sie mit seinen kräftigen Beinen umschlungen. Sie hatte den erdigen Geruch seines Schweißes eingesogen und in seinem Atem gebadet. So waren sie in einen unruhigen Schlummer gesunken.
    Nun schloss sie, allein mit ihren Sorgen und ihren Gedanken, die Augen vor dem Licht des Morgens und spürte unter sich das Schaukeln des Schiffes. Am Anfang ihrer langen Reise hatte sie mit ihrer ersten Blutung den Übergang vom Kind zum Mädchen vollzogen. Jetzt hatte sie ihr Jungfernblut vergossen und spürte, dass das Ende nahe war. Der Kreis schloss sich. Vom Mädchenblut zum Jungfernblut …
    Elena lag in Er’rils Armen. Sie waren so eng umschlungen, dass sie nicht mehr spürte, wo die Wärme des einen Körpers aufhörte und die des anderen anfing. Dennoch hatte sie sich noch nie so einsam gefühlt. Das Ende war nahe, und Svesa’kofa hatte ihr prophezeit, dass sie sich dem Schicksal allein stellen musste. Wie würde dieses Schicksal aussehen?
    Von Blut zu Blut … wo würde das alles enden?
    SECHSTES BUCH
    Die längste Nacht
    23
    Kast stand an Deck der

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