Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
wie Ragnar’k seinen alten Körper wieder besetzte und abermals mit Kast verschmolz.
So bedrängt, schwenkte Kast zum Feuer und zu den bedrohten Soldaten zurück. Ein einziger Gedanke drang durch den tobenden Wahnsinn in Saag wans Herz. Jetzt.
Sie wagte nicht zu zögern, aus Angst, Ragnar’k könnte Verdacht schöpfen. Während Kast auf die Grube zusteuerte, zog sie sich mit den Zähnen einen Handschuh aus. Die Schwingen des Drachen schaufelten durch die Luft, der Flug verlangsamte sich, die Beine wurden zur Landung ausgestreckt. Männer, Pferde und Zwerge stoben auseinander.
Als Saag wan die Klauen auf dem Fels scharren hörte, fasste sie nach den Schuppen ihres Drachen. Sobald ihre bloßen Finger ihn berührten, verschwand die Welt in einem Wirbel aus Zähnen, Klauen und Schwingen.
Sie lag in den Armen ihres Geliebten und rutschte mit ihm über den Steinboden. Einen Atemzug lang schlitterten sie noch haltlos dahin, dann war Kast über ihr und sah auf sie nieder. Sie waren beide mit Prellungen und Schürfwunden übersät, aber er neigte sich herab und küsste sie voll Inbrunst.
Erleichtert ließ Saag wan sich einhüllen von der Wärme seines Körpers und der Zärtlichkeit seiner Lippen. Nach Ragnar’ks irrem Gejohle war die Stille in ihrem Kopf wie Balsam für ihre Seele. »Kast …«, flüsterte sie an seinem Mund. »Endlich habe ich dich wieder.«
Voller Leidenschaft presste er sie noch fester an sich. Er fasste nach ihrer bloßen Hand, schlang seine Finger um die ihren und drückte sie, dass es schmerzte. Sie keuchte auf, aber sein Mund gab sie nicht frei. Seine Zähne fanden ihre Lippen und bissen hinein, bis das Blut hervorquoll.
»Kast!« schrie sie.
Er wich zurück. Sie sah ihr Blut auf seinen Lippen. Seine Augen öffneten sich, rote Flammen funkelten sie an. »Leibgefährtin«, zischte er. »Jetzt bist du mein!«
Tyrus sprengte durch die Halle. Mit den Zügeln peitschte er sein Pferd über den Felsboden und raste zwischen den Fackeln hindurch. Eben hatte er noch beobachtet, wie die beiden Drachen einer aus Fleisch und Blut, der andere aus Rauch miteinander verschmolzen. Gleich darauf hatte mit explosionsartiger Gewalt die Verwandlung eingesetzt.
Tyrus hatte sofort begriffen, was die Mer Frau damit bezweckte: Sie wollte den Drachengeist in seinen früheren Körper zurückholen, um ihn anschließend in Kast einzuschließen.
Saag wans Aufschrei gellte durch die ganze Höhle.
Irgendetwas musste falsch gelaufen sein.
Kast drückte die zappelnde Frau gegen den Stein, sie bekam eine Hand frei und zerkratzte ihm das Gesicht. Er lachte nur.
Tyrus trat sein Pferd in die Flanken, um die letzten hundert Schritte möglichst schnell zurückzulegen.
Doch er war nicht als Einziger unterwegs. Blott galoppierte von der anderen Seite der Feuergrube heran, und er war näher an den beiden Streithähnen. Als er sie erreichte, beugte er sich aus dem Sattel und bekam den Kriegerzopf des Blutreiters zu fassen.
»Lass sie los, du Rohling!« brüllte der Erste Maat und ritt weiter.
Kast wurde hochgerissen und beiseite geschleudert.
»Nein!« schrie Saag wan und stieß sich ab, um den Kontakt nicht zu unterbrechen. Doch schon kam es erneut zur Explosion. Saag wan wurde zurückgeworfen; die Druckwelle war so stark, dass sogar Blott aus dem Sattel stürzte. Der Mensch wurde wieder zum Drachen. Eine schwarze Bestie kauerte vor den züngelnden Flammen und scharrte mit silbernen Klauen auf dem glasigen Boden. Der Drache reckte den Hals und trompetete seine Wut zur Decke empor.
Blott kroch auf allen vieren zu Saag wan zurück. Beide duckten sich in den Schatten des Monsters. Das Pferd des Ersten Maats war geflüchtet.
Ragnar’k senkte die Schnauze über die beiden. Seine Augen loderten so hell und gierig wie die Flammen hinter ihm.
Blott riss sein Schwert heraus, sprang auf und schob Saag wan hinter sich, um sie mit seinem Körper zu decken.
Verdammter Narr!, fluchte Tyrus. Wieso musste sein Erster Maat ausgerechnet jetzt den Ritter in sich entdecken? Wütend peitschte er auf sein Pferd ein, aber er war immer noch zu weit entfernt.
Von links näherte sich, von Wennar geführt, ein Trupp Zwerge. Alle ließen sich gleichzeitig auf ein Knie nieder, spannten ihre Bogen und schickten dem Drachen einen Hagel todbringender Pfeile entgegen. Die meisten prallten von den harten Schuppen ab, einige indes blieben mit zitternder Fiederung dazwischen stecken.
Ragnar’k zuckte in die Höhe, spreizte die Schwingen und brüllte
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