Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
erneuerte auch die Magik der Linken.
Dann faltete Tante Fila ihre Mondsteinhände und schlug sie zwischen Elenas beiden Händen auf wie ein Buch.
»Dazwischen liegt Sturmfeuer«, schloss Elena. »Ich kann das Buch zerstören, indem ich die Magik beider Hände zugleich freisetze.«
Tante Fila nickte zufrieden. »Du musst mit blutigen Händen in der Mitte des Energiezusammenflusses bereitstehen. Und wenn ich das Zeichen gebe, musst du sofort handeln. Traust du dir das zu?«
Elena erwog die Alternativen. »Ich werde nicht versagen.«
Tante Fila lächelte, dann seufzte sie. »Halte dich bereit. Cho ruft Chi bereits zu sich.« Sie versank in der Schwärze des Bodens. Nur ein Flüstern schwebte noch durch den Raum: »Deine Mutter wäre stolz auf dich gewesen.« Dann war sie verschwunden.
Er’ril und Joach waren sofort an Elenas Seite. Er’ril betrachtete ihre rubinroten Hände. »Was war das?«
Die Zeit war zu kurz, um alles zu erklären. Elena streckte eine Hand aus und sagte hastig: »Ich brauche das Buch des Blutes.«
Er’ril spürte ihre Ungeduld, öffnete seinen Umhang und zog den Band aus einer Tasche. Die goldene Rose leuchtete noch immer, aber der Schein war matter geworden. Oben am Himmel ging der Mond unter. Er’ril reichte ihr das Buch.
»Was hast du damit vor?« fragte Joach.
Elena zog ihren Hexendolch und brachte sich an jeder Hand einen tiefen Schnitt bei. Sie würde kein Risiko eingehen, ihre Magik sollte ungehindert fließen können. »Das Buch muss zerstört werden«, erklärte sie.
Joach setzte zum Sprechen an. Elena sah ihm fest in die Augen. Er schüttelte den Kopf, machte den Mund wieder zu und trat einen Schritt zurück. Doch die Kränkung in seinen Augen war nicht zu übersehen.
Sie wusste, welche Hoffnungen er in dieses Buch gesetzt hatte. Wenn alles vorüber war, würde sie einen Weg finden, um ihm zu helfen. Sie nahm das Buch in die Hände. »Alle müssen weit zurücktreten«, warnte sie. Niemand sollte von den Ausläufern der Magik getroffen werden, wenn sie ihr Sturmfeuer entfesselte. Am anderen Ende der Höhle standen nur noch einige wenige Verbündete. Sie entdeckte Merik und Ni’lahn, Kast und Saag wan, Tol chuk und Tyrus.
Er’ril bedeutete allen, sich zu entfernen, nur er blieb noch stehen. »Elena?«
Sie wich seinem Blick nicht aus. »Das muss ich allein tun.« Sie ging rückwärts auf die Mitte der Höhle zu. Wieder erbebte die Erde, sie spürte das Zittern in den Beinen.
»Ich liebe dich«, flüsterte er.
»Ich dich auch.« Es war zu viel. Sie wollte ihn nicht mehr sehen. Es tat zu weh, und gerade jetzt brauchte sie ihre ganze Kraft. Er schien es zu spüren und ging mit Joach auf Abstand.
Der Mann, der sie immer noch ansah, war nicht mehr ihr Ritter, ihr Beschützer oder ihr Paladin, sondern nur ein Mensch, der sie liebte und um sie bangte. Sein Blick durchbohrte sie, als wollte er sie zwingen, sich in Sicherheit zu bringen. Aber er verstand, dass er diesen Weg nicht mit ihr gehen konnte.
Als ihr die Tränen kamen, wandte sie sich ab. Sie konnte nicht mehr. Rasch eilte sie in die Mitte des schwarzen Energiezusammenflusses und trat in die Mondlichtsäule. Dann nahm sie das Buch fest in beide Hände und hielt den Atem an. Wieder bebte die Erde, wieder regnete es Felsstaub von der Decke.
Ich bin bereit, flüsterte sie.
Unter ihr wurde der Boden dunkler, als hätte er sie gehört. Es begann in der Mitte und breitete sich aus wie eine Welle. Alle hielten den Atem an.
Elena schaute zwischen ihren Zehen hindurch. Ein gläserner Schacht hatte sich unter ihr aufgetan, tief schwarz, von roten Streifen durchzogen. Durch die Geistpforte hatte sie diesen Tunnel schon einmal gesehen. Er führte ins Zentrum der Welt. Doch das kristallene Herz strahlte nicht mehr. Zwei Irrlichter huschten um den Stein und erleuchteten ihn, aber er selbst blieb dunkel. Was ihn mit Leben erfüllt hatte, war nicht mehr da.
Aus den Tiefen des Schachts drangen Worte an ihr Ohr. Elena … gleich ist es so weit …
Sie hob das Buch, griff auf ihre Magik zu und sammelte sie in ihren leuchtenden Händen. Sie spürte die Mischung aus Feuer und Eis.
In der Tiefe wurde der Tanz der Irrlichter wilder. Sie drehten sich so schnell, dass ihr Licht zu einer Wolke verschwamm, deren klarer, heller Schein von einem Leben jenseits dieser Welt erzählte.
Elena hielt den Atem an. Die Tränen strömten ihr über die Wangen.
So viel Schönheit konnte hier nicht existieren. Sie hatte keinen Platz auf dieser Ebene
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