Alaska
gütigen Priester ein, den man von allem möglichen überzeugen konnte, und er sah gleich, dass es lebenswichtig für ihn war, die Gunst dieses Mannes zu gewinnen. Er spielte ihm den vor Reue Zerknirschten vor: »Ja, das Mädchen, das Ihr jetzt Sofia nennt, ist meine Frau. Ich habe sie gekauft, aber ich habe echte Zuneigung zu ihr entwickelt. Sie ist ein braves Mädchen.«
»Und wie siehst du dein sündhaftes Verhalten im Frachtraum des Schiffes?«
»Ihr wisst , wie Seeleute sind, Pater. Ich konnte mich nicht zurückhalten.«
»Und dasselbe hier?«
»Ihr habt sicher gehört, dass die Aleuten einen von ihnen getötet haben. Er war derjenige, der an allem schuld war. Ich? Meine Mutter und mein Vater waren beide Jünger Jesu. Auch ich. Ich liebe Sofia, und es überrascht mich nicht, dass sie unserer Kirche beigetreten ist. Ich hoffe nur, dass Ihr uns zu Mann und Frau erklären werdet.« Diese letzte flehentliche Bitte trug er mit Tränen in den Augen vor.
Vasili war von der offenkundigen Läuterung des Gefangenen so angetan, dass die einzige Angelegenheit, die jetzt noch zu klären war, die Morde in Sibirien betraf, und auch dafür hatte Rudenko eine Erklärung. »Ich bin zu Unrecht verurteilt! Zwei andere Burschen waren es. Doch der Richter war voreingenommen. Ich bin immer ein ehrlicher Mensch gewesen, habe nie eine Kopeke gestohlen. Ich sollte gar nicht auf die Aleuten verbannt worden sein, es war ein Irrtum.« Dann sprach er von der Liebe zu seiner Frau und wurde noch schleimiger: »Ich will hier in Kodiak ein ganz neues Leben anfangen, zusammen mit dem Mädchen, das Ihr jetzt Sofia nennt. Bestellt ihr, dass ich sie immer noch liebe.«
Voller Sehnsucht danach, endlich »einen Brandscheit, der aus dem Feuer gezogen wird«, zu retten, wie es bei dem Propheten Amos heißt, lief Vasili zu Sofia und berichtete ihr: »Es ist Gottes Wunsch, den du erfüllst, wenn du Rudenko heiratest und euch ein christliches Zuhause gibst.« Er betrachtete sie nicht als unabhängiges menschliches Einzelwesen mit eigenen Vorstellungen und Zielen, sondern eher als eine Art Mittlerin für das Gute, aber wie erstaunt wäre er gewesen, wenn ihn jemand darauf hingewiesen hätte. Nicht irgendeine verdrehte theologische Argumentationskette führte zu dieser Schlussfolgerung , sondern eher die Lehren, die seine Eltern ihm von klein auf eingehämmert hatten: »Auch der in tiefster Sünde Verstrickte kann bekehrt werden.« - »Gottes Vergebung ist, grenzenlos.« - »Die Aufgabe der Frau ist es, dem Mann das Seelenheil zu bringen.« - »Die Frau ist das Leuchtfeuer des Mannes in dunkler Nacht.«
Als Vasili nun seinen Plan vor Sofia ausbreitete, tat er das mit den Worten: »Du bist Rudenkos Leuchtfeuer in dunkler Nacht«, aber sie verstand nichts: »Was soll das bedeuten?« Und er erklärte ihr: »Gott, der dich nun unter seinen Schutz und Schirm genommen hat, liebt alle Menschen auf dieser Welt, Mann und Frau. Wir sind seine Kinder, und er wird uns alle erretten. Ich räume ein, dass dein Mann ein lasterhaftes Leben geführt hat, aber er hat sich gebessert und will ein neues Leben im Gehorsam Christi beginnen. Dazu benötigt er deine Hilfe.«
»Ich will ihm nicht helfen. Soll er doch zurück zu seinen Robben!«
»Sofia! Es ist eine Stimme in der Dunkelheit der Nacht, die da um Hilfe schreit.«
»Ich habe auch geschrien in der Nacht und Tränen geweint, und er hat mir nicht geholfen.«
»Gott verlangt, dass du dein Versprechen hältst. Heirate ihn ... errette ihn ... führe ihn zum Licht des Ewigen.«
»Er hat mich in ewige Dunkelheit gesperrt. Nein!«
Der Vorschlag war so abstoßend, widersprach so sehr dem gesunden Menschenverstand, dass sie Vasili keine Gelegenheit mehr ließ, ihn zu wiederholen. Sie verließ ihn auf der Stelle und machte sich vor seinen Augen auf den Weg zu Lunasaq, nicht wissend, dass sie sich mit ihrem Übertritt zur christlichen Kirche verpflichtet hatte, allen anderen Religionen - vor allem dem Schamanismus - abzuschwören. Als sie die Hütte betrat, die Quelle ihrer spirituellen Unterweisungen, rief sie: »Hol die Mumie hervor! Ich möchte mit einer Frau reden, die etwas von diesen Dingen versteht.«
Als die Mumie erschien, platzte Cidaq sofort heraus: »Ich musste meinen Namen ändern, in Sofia Kuchovskaja, damit eine gute Russin aus mir wird.«
Die Mumie lachte: »Aus dir wird nie eine Sofia. Du bist Cidaq, für den Rest deines Lebens.«
»Und sie sagen, ich soll Rudenko heiraten ... ihn zu retten ... weil
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