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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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augenblicklichen Widersprüchen, wohingegen die Mumie alle kommenden Sommer und Winter gemeint hatte, und beider Ratschlag zusammen ergab für sie mehr Sinn als das, was Pater Vasili ihr erzählt hatte.
    Sofias schamloser Besuch in der Hütte des Schamanen und somit ihre Rückkehr zu einer Religion, der sie eigentlich hätte abschwören müssen, machte Pater Vasili deutlich bewusst , dass der Kampf um die Seele dieser jungen Frau noch lange nicht entschieden war. Sie war getauft und damit vordergründig Mitglied der Christenheit, aber in ihrem Glauben war sie so schwankend, dass er jetzt ernste Schritte unternehmen musste , um die Bekehrung auch ganz zu vollziehen. Er lud sie in seine Treibholzkirche, wie er sie selbst nannte, setzte sie auf einen selbstgezimmerten Schemel und fing an: »Sofia, ich weiß um die Anziehungskraft der alten Mächte. Als Jesus Christus seinen Glauben den Juden brachte und den Römern...« Sie verstand nicht ein einziges Wort von dem, was er sagte. »Nicht ich habe die wahre Religion nach Kodiak gebracht, Gott selbst war es, der sagte: Es ist an der Zeit, die guten Menschen auf den Aleuten zu retten. Ich bin nicht freiwillig gekommen, Gott hat mich geschickt. Und er hat mich nicht nur auf diese Insel geschickt, er hat mich zu dir geschickt. Gott verlangt es nach dir, Sofia Kuchovskaja, dich will er in seinen Schoß aufnehmen. Und auch wenn du nicht hören willst, was ich dir zu sagen habe, dem, was er dir sagen will, wirst du dich nicht verschließen können.«
    »Wie kann er mir raten, einen Mann wie Rudenko zu heiraten?«
    »Weil ihr beide seine Kinder seid. Er liebt euch beide gleich. Und er will, dass du ihm als seine gehorsame Tochter dienst, seinen Sohn Yermak zu retten.« Über eine Stunde flehte er sie inständig an, das Christentum nicht nur halben Herzens anzunehmen, dem Schamanismus gänzlich zu entsagen und sich der Gnade Gottes und der Milde seines Sohnes Jesus Christus zu ergeben, aber er war bestürzt, als sie seine Argumente schließlich unterbrach und ihm ihre Begründung entgegenschleuderte, die sie in der Hütte zum ersten Mal gehört hatte: »Euer Gott sorgt nicht für mich, für die Frau, sondern nur für den Mann, Rudenko.«
    Er sprang auf, als hätte ihn der Schlag getroffen, denn in der harten Ablehnung dieses Inselmädchens hörte er eine immer wieder vorgebrachte Klage gegen den christlichen Glauben heraus, dass er eine Religion der Männer sei, eine Einrichtung, die Belange der Männer zu sichern und auszudehnen, und er musste erkennen, dass er diese junge Frau nur die eine Hälfte der Grundlagen seines Glaubens gelehrt hatte. Demütig griff er sie bei den Händen und gestand: »Die Schönheiten meiner Religion habe ich dir noch nicht gezeigt. Ich schäme mich.« Verlegen nach Worten ringend, dem Bereich des Glaubens Ausdruck zu verleihen, den er ausgelassen hatte, murmelte er: »Gott liebt die Frauen besonders, denn sie sind es, die dafür Sorge tragen, dass das Leben weitergeht.«
    Diese neue Auffassung, herrlich ausgeschmückt durch den glühenden jungen Priester, hatte eine mächtige Wirkung auf Sofia, die wie in Trance auf ihrem Schemel steif sitzen blieb, während Vasili vom Altarbereich die heiligen Symbole hervorholte, die für seine Religion standen: eine Darstellung der Kreuzigungsszene, ein liebliches Bildnis der Muttergottes mit ihrem Kind, von einem Bauern aus Irkutsk geschnitzt, eine rotgoldene Ikone, die eine Heilige zeigte, und ein Kreuz aus Elfenbein. Die Gegenstände vor sie ausbreitend, in ähnlicher Anordnung, in der Lunasaq seine Fetische vor sie hingelegt hatte, flehte er sie erneut an, aber benutzte diesmal Worte, die ihm besser geeignet schienen, die hohe Bedeutung des Christentums zusammenzufassen: »Sofia, Gott hat uns das Heil geschickt, durch die Jungfrau Maria. Sie ist deine Beschützerin und die aller Frauen. Die ruhmreichsten Heiligen waren Frauen, die Visionen hatten und anderen halfen. Gott spricht durch diese Frauen, und sie bitten dich, das Heil nicht von dir zu weisen. Verlass die alten Pfade des Bösen, und kehre auf die neuen des Herrn und die seines Sohnes Jesu Christi. Sofia, ihre Stimmen rufen dich!« Und aus allen Winkeln der kleinen schlichten Kirche schien ihr Name zu ertönen. Sie fürchtete schon, das Bewusstsein zu verlieren, aber dann kamen die unwiderstehlichen Worte: »So wie Gott mich hier nach Kodiak gesandt hat, deine Seele zu retten, so bist du hierhergeschickt worden, Rudenko zu erretten. Dein Auftrag ist

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