Alaska
nicht für fähig gehalten hatte. Er dachte nach über den Zustand Russlands und war für eine Weile in Gedanken versunken.
Aber als sie ihre Schilderung wiederaufnahm, wurde er mit furchtbarer Gewalt zurückgerufen. »Ich wurde also an diesen Mann auf der › Zar Ivan ‹ verkauft, und der hielt mich wie ein Tier im Frachtraum des Schiffes. Ich bekam kaum etwas zu essen, und als er mit mir fertig war, reichte er mich an seine Freunde weiter, es gab weder Tag noch Nacht für mich.« Vasili schloss die Augen und hätte sich am liebsten auch die Ohren zugehalten, aber dann fing sie an, von ihrem Leben auf Kodiak zu berichten: »Der böse Mensch wurde schließlich auf die Robbeninseln geschickt, und ich war ihn los, aber dann haben mich andere Männer hier, ähnlich wie er, gefangen, und sie hätten mich beinahe umgebracht, aber der Schamane hatte Hilfe besorgt, und wir töteten die drei Schlimmsten von denen, die mich missbraucht hatten.«
Wieder waren die Einzelheiten wie ein Wasserfall über Vasili eingestürzt: »Was meinst du mit › missbraucht ‹ ?«, und sie antwortete: »Alles.« - »Als du sagtest, ihr hättet sie getötet, soll das heißen, du hast jemanden ermordet?«
»Ermordet nicht gerade.« Er seufzte erleichtert, aber hielt erneut den Atem an, als sie hinzufügte: »Der Schamane holte drei Aleuten zu Hilfe, mit Keulen, und sie schlugen den Mann tot, und seine Leiche haben wir dann versteckt.«
Er lehnte sich zurück und starrte das Kind an. Nachdem das Entsetzen über ihren Bericht gewichen war, blieb immer noch der seelische Schock: »Du bist zweimal bei dem Schamanen gewesen, hast du gesagt? Ist das der sonderbare Mann, der zwischen den Baumwurzeln lebt?«
»Er ist der Hüter unserer Geister«, sagte Cidaq. »Er und die Geister haben mir das Leben gerettet.«
Das war zu viel . »Cidaq, nicht seine Geister beherrschen die Welt, sondern Gott der Herr, und solange du und dein Volk das nicht anerkennen, werdet ihr nicht errettet.«
»Aber Lunasaq hat mich doch gerettet, und das konnte er nur, weil uns die Mumie vor den Männern gewarnt hatte.«
»Eine Mumie?«
»Ja, sie haust in einem Fellbeutel und ist sehr alt. Tausende von Jahren, wie sie sagt.«
»Sagt?« fragte er ungläubig, und sie antwortete: »Ja, sie redet über viele Dinge mit uns.«
»Mit wem?«
»Mit Lunasaq und mir.«
»Das ist eine Sinnestäuschung, mein Kind. Hast du noch nie davon gehört, dass Hexenmeister ihre Stimmen überall hinwerfen können? Dass sie alles zum Sprechen bringen können, sogar eine alte Mumie? Der Herr hat mich hierher gesandt , dem Treiben der Hexenmeister und Schamanen ein Ende zu setzen und euch in das Heil Jesu Christi zu bringen.« Er unterbrach sich, stellte sich wie vorher dicht neben sie hin und starrte ihr wieder direkt in die dunklen Augen: »Man hat mir gesagt, du willst zu seinem Regiment gehören.« Sie verstand nicht, was er meinte, und fragte: »Was?« Und er übe rsetzte. »Man hat mir gesagt, du willst den christlichen Glauben annehmen.«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil sie mir gesagt haben, dass ich Rudenko sonst nicht heiraten kann; das ist der Mann, von dem ich Ihnen erzählte.«
Wieder so eine unverständliche Äußerung, aber geduldiges Nachfragen brachte die Wahrheit an den Tag. »Du trittst in unsere Kirche ein, nur um heiraten zu können?« Ja. »Warum willst du einen Mann heiraten, der dich so behandelt hat?« Und da sie eine ehrliche Frau war, ohne Falschheit, wenn sie nicht gerade ein Spiel spielte, antwortete sie: »Ich habe mich mit dem Schamanen und der Uralten besprochen, und sie waren damit einverstanden, als ich ihnen erzählte, dass ich euch Russen täuschen und euch glauben machen wollte, ich hätte den Wunsch, den christlichen Glauben anzunehmen, damit ich Rudenko heiraten kann.«
Vasili fand sich nun überhaupt nicht mehr zurecht, er konnte nicht glauben, dass sie sich diesen strategischen Plan ausgedacht hatte: »Und was hast du dir von dieser Betrügerei versprochen?«
Wieder antwortete sie aufrichtig: »Das Herz dieses bösen Menschen hätte vor Freude gehüpft bei dem Gedanken, dass er den Robbeninseln entkommen wäre, aber in dem Augenblick hätte ich ihm ins Gesicht geschaut und allen anderen Russen und hätte laut und deutlich gesagt: Ich habe alles nur vorgetäuscht. Ich wollte dich quälen. Ich werde dich niemals heiraten. Und jetzt zurück auf die Robbeninseln ... für den Rest deines Lebens.«
Das endlich öffnete Vasili die Augen, und er sah Cidaq nicht
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