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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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und so die Verdauung der wenigen Nahrung, die sie auftreiben konnten, zu verlangsamen.
    Wieder einmal erwies sich ihr abgebrochener Stoßzahn als nützlich, mit dem rauhen, stumpfen Ende ließ sich die Rinde der Birke, deren Blätter längst abgefallen waren, gut abschälen und Schnee beiseite räumen, um darunter nach Gras und Kräutern zu stöbern. Sie war sich nicht darüber bewusst , dass sie in einer riesigen Festung aus Eis eingeschlossen war, denn sie verspürte gar nicht den Wunsch, Richtung Osten zu ziehen, dahin, was eines Tages einmal Kanada sein sollte, oder Richtung Süden, nach Kalifornien. Ihr eisiges Gefängnis war von enormer Größe, und sie fühlte sich in keiner Weise eingepfercht, aber als der gefrorene Boden wieder auftaute und an den Weiden die ersten zögerlichen Triebe zu sehen waren, wurde sie gewahr - wie, war nicht zu erklären -, dass eine große Veränderung die abgelegenen, von ihr seit Jahren beherrschten Gebiete eingeholt hatte. Vielleicht war es ihr ausgeprägter Geruchssinn, vielleicht waren es Geräusche, die sie noch nie gehört hatte; wie auch immer das Signal auf sie wirkte, sie wusste , dass sich das Leben in der Steppe verändert hatte - und nicht zum Besseren .
    Ihr Gespür schärfte sich, als sie einen der ihr noch verbliebenen Zähne verlor, und dann, eines Abends, als sie mit ihrer Familie nach Westen zog, bot sich ihren schwachen Augen ein Anblick, der sie bestürzte. Am Ufer des Flusses, dem sie gefolgt war, stand ein Gebilde, wie sie es noch nie vorher gesehen hatte. Es sah aus wie ein Vogelnest auf dem Erdboden, aber um einiges größer; heraus kamen Tiere, die auf zwei Beinen gingen wie Wasservögel, die die Küste durchstreiften, aber sie waren höher gewachsen, und jetzt schlug eines, als es das Mammut erblickte, Alarm. Andere krochen aus dem riesigen Nest hervor, und es fiel ihr auf, dass ihre Anwesenheit große Unruhe auslöste, denn die Geräusche, die die Tiere von sich gaben, waren ihnen unbekannt.
    Eines dieser Geschöpfe, viel kleiner als sie selbst oder auch eines ihrer Enkel, rannte jetzt auf sie zu, und die Schnelligkeit, mit der sie sich bewegen konnten, war wie ein Alarm, dass sie und ihre Herde es hier mit einer ganz neuen Gefahr zu tun hatten. Instinktiv rückte sie zur Seite, drehte sich dann schnell um und rannte schließlich, wild trompetend, davon.
    Sehr schnell fand sie heraus, dass sie sich nicht mehr überall frei bewegen konnte, denn wohin sie sich auch mit ihren Schützlingen wandte, immer tauchte eines dieser Geschöpfe aus dem Schatten hervor und hinderte sie am Entkommen. Als der Tag schon dämmerte, nahm das Hin und Her eher noch zu. Wohin Matriarch ihre Familie auch führte, die Wesen hielten mit ihr Schritt, unermüdlich wie Wölfe auf der Fährte eines verwundeten Karibus. Sie gaben nicht auf, und als die erste Nacht hereinbrach, vergrößerten sie den Schrecken noch, als sie aus der Tundra heraus Feuer springen ließen. Das löste eine Panik unter den Mammuts aus, denn sie erwarteten, dass das Trockengras des zurückliegenden Sommers sofort in Flammen aufgehen würde. Das aber geschah nicht. Verblüfft schaute Matriarch ihre Kinder an, natürlich war sie nicht in der Lage, den Gedanken »Sie haben Feuer, aber es ist kein Feuer« zu formulieren, aber sie spürte die Bestürzung, die so eine Vorstellung auslösen konnte.
    Am nächsten Tag setzten die fremdartigen neuen Wesen die Verfolgung von Matriarch und ihrer Sippe fort, und als die Tiere erschöpft waren, gelang es den Neuankömmlingen schließlich, Matriarchs jüngste Enkelin von den anderen zu isolieren. Kaum war sie von den anderen getrennt, rückten ihr die Verfolger auf den Leib, in ihren Vorderbeinen, die sie nicht zum Gehen brauchten, trugen sie Baumäste, an denen Steine befestigt waren, und mit diesen fingen sie an, auf das eingekreiste Mammut einzudreschen, es niederzustechen und zu quälen, bis es um Hilfe brüllte.
    Matriarch, die mit ihren Kindern davongelaufen war, hörte den Schrei und lief doppelt so schnell zurück, aber als sie versuchte, ihrer Enkelin zu Hilfe zu eilen, lösten sich ein paar dieser Wesen aus der größeren Gruppe und schlugen ihr mit den Ästen auf den Kopf, bis sie gezwungen war, sich zurückzuziehen. Die Schreie ihrer Enkelin aber waren so mitleiderregend, dass Matriarch vor Zorn erbebte, sich mit mächtigem Gebrüll auf die Angreifer warf, ihre Reihen durchbrach und sich bis zu dem Mammut schleppte, das dort auf dem Boden lag und versuchte,

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