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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Fehlschlag gewesen. Die allgemeine Missbilligung wurde so stark, dass sich der arme Bursche mit seinen schielenden Augen verteidigte: »Ich hatte keine Lanze. Man hat mir keine gegeben.« Und als die anderen den Umiak absuchten, sahen sie, dass er die Wahrheit sagte, aber sie waren so darauf aus, die Schuld für ihr eigenes Versagen einem anderen zuzuschieben, dass sie weiter böse murrten: »Wenn Oogruk seine Lanze richtig geworfen hätte, hätten wir den Wal gefangen.«
    In der zweiten Nacht, das Licht war so geheimnisvoll wie in der ersten, manchmal war der Wal zu sehen, wenn er seinen gigantischen Schwanz aus dem Wasser hob, verteilte der Häuptling etwas Essen und gestattete den Männern, kleine Schlucke Wasser zu trinken, und als alle sahen, wie wenig von der Ration noch übrigblieb, da wurde ihnen klar, dass am nächsten Tag die Entscheidung fallen musste .
    Früh am nächsten Morgen also lenkte der Häuptling seinen Umiak erneut in die von ihm bevorzugte Position - ein Stück nach hinten versetzt, Richtung Osten und mit viel Geschick dirigierte er den Harpunier genau an die Stelle, von wo aus er das Tier am schwersten treffen konnte, dann vollführte der Mann seinen Wurf, aber die Harpune traf auf Knochen und glitt ab. Doch der Mann auf dem Sitz vor Oogruk hat einen guten Wurf, er saß tief, aber war nicht tödlich, und damit kam die Reihe an Oogruk. Als er sich erhob, fühlte er wieder den Fußtritt des Schwiegervaters in seinem Rücken, beugte sich mit dem geborgten Speer nach hinten, legte ihn wie ein Meister an, warf dann mit ganzer Kraft und trieb ihn tief in das Fleisch des Wals.
    Indessen war er ohne Erfahrung, und in diesem Moment, der sein Triumph hätte bedeuten können, vergaß er, Knie und Füße gegen die Seite des Bootes zu stemmen und, was noch schlimmer war, den Speer freizugeben, so dass er von ihm ins Meer gezogen wurde.
    Er klatschte auf das eisige Wasser, zwischen den Umiak und den vorbeiziehenden Wal, hörte seinen Schwiegervater fluchen, sah, wie dieser seinen Speer in den Wal schleuderte und wie er sich so hinstellte, dass er nicht fiel, als er den Speer schnell wieder herauszog, wie man das von einem Mann erwartete, um ihn beim nächsten Versuch noch tiefer stoßen zu können.
    An Bord des Umiaks herrschte helle Aufregung, ein paar riefen: »Dem Wal nach! Er ist verwundet!«, und der Häuptling entschloss sich nach kurzem Zögern, da der Wal nicht mehr entkommen und Oogruk nicht schwimmen konnte, sich besser um den ungeliebten Schwiegersohn zu kümmern. Als man Oogruk an Bord zerrte, Salzwasser tropfte von seinem magischen Lippenpflock, fauchten die Jäger ihn an: »Du hast uns um den Wal gebracht - zum zweiten Mal .«
    Das stimmte nur zum Teil, denn der Wal war nicht so schwer verwundet worden, wie die Männer angenommen hatten. Mit letzter Kraft schwamm er so weit voraus, dass sich gegen Ende jenes dritten Tages die Eskimos eingestehen mussten , dass sie ihn offensichtlich aus den Augen verloren hatten. In ihrer Enttäuschung darüber, dass sie so kurz davor gewesen waren, einen Riesenwal zu fangen, und aufgeben mussten , schossen sie sich wieder auf Oogruk ein, beschimpften ihn wegen der Niederlage, brachten als Beweis vor, dass er versagt hatte, dass es ihm nicht gelungen war, die Lanze zu werfen, und dass er über Bord gegangen war; und so entstand unter der mürrischen Besatzung des Urniaks die Legende, dass sie den Wal ganz sicher eingeholt, wenn sie die Jagd nicht unterbrochen hätten, um Oogruk zu retten. »Ja«, sagten sie, »Tölpel, der er ist, muss er aus dem Boot fallen, und als wir hielten, um ihn zu retten, ist uns der Wal entkommen.«
    Er hörte sich ihre Vorwürfe an, biss auf seinen Lippenpflock und dachte bei sich: Sie haben vergessen, dass ich es war, der sie zu dem Wal geführt hat. Und als sein Schwiegervater, sich wie ein zänkisches Weib gebärdend, ihm auch noch vorhielt, er habe den Kajak aufgegeben, da war für Oogruk klar: Die Welt hatte sich gegen ihn verschworen.
    In diesem traurigen Moment, als er die bittersten Erfahrungen seines Lebens machen musste , sich die Mitglieder seiner Dorfgemeinschaft gegen ihn wandten, ihn fälschlich verleumdeten und für ihre eigenen Fehler verantwortlich machten, sah Oogruk ganz deutlich, dass es keinen Zweck hatte, sich gegen diese unberechtigten Vorwürfe zur Wehr zu setzen. Aber durch sein Schweigen konnte er keine Zeit gewinnen, denn jetzt standen die Männer in dem Umiak vor einem Problem ganz anderer Art: Wie

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