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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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zu dem großen neuen Schulgebäude führte, das wohl aus Marmor sein musste , wenn man die Baukosten von neun Millionen berücksichtigte, einen hell erleuchteten Flur entlanggehen zu ihrem gut eingerichteten Klassenzimmer, wo etwa zwei Dutzend Schüler aller Hautfarben sie bereits erwarteten, nur dass alle wie das kleine Mädchen auf dem Titelbild der Zeitschrift aussahen: mit pelzbesetzten Kapuzen und langen um den Kopf getragenen Schals. Nur die Augen starrten sie an, klar und freundlich und lernbegierig.
    Kendra verließ ihr Schlafquartier in der Hütte und ging runter zu den anderen, die sich zum Abendessen im Speisesaal eingefunden hatten. Sie schaute sich nach dem jungen Mann aus Canon City um, ging zielstrebig auf ihn zu - mit einer Direktheit, die sie sich bisher noch nie zugetraut hatte - und fragte: »Sie sind doch derjenige, der nach Alaska geschrieben hat.« »Ja. Dennis Crider. Canon City.«
    Sie erklärte, sie gehöre zu der Gruppe aus Grand Junction: »Kendra Scott, ich bin Grundschullehrerin. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Aber sicher. Interessieren Sie sich auch für Alaska?«
    »Erst seitdem ich durch diese Tür getreten bin. Und dann das Informationsmaterial, das Sie uns zu lesen gegeben hatten. Ist ja toll! Wollen Sie denn nach Alaska?«
    »Ich will schon. Deswegen habe ich denen ja geschrieben. Und nach der Geschwindigkeit zu schließen, mit der sie geantwortet haben, müssen sie auch interessiert sein.«
    »Aber woher wussten Sie, an wen man sich wendet?« Und er antwortete: »Ich habe einfach an das Erziehungsministerium in Juneau geschrieben. Wusste nicht einmal, ob es auch so hieß, aber sie haben es an die Eskimoverwaltungen weitergeleitet.«
    »Denken Sie wirklich ernsthaft daran, nach Alaska zu gehen?« Ihre Fragen waren so pointiert, dass die beiden die anderen am Tisch völlig vergaßen, als sie jetzt ausführlich und in alle Richtungen die Möglichkeit diskutierten, ihre Stellen in Colorado zu kündigen und in den Norden Alaskas, nach Desolation, aufzubrechen. Wo es genau lag, konnten sie nicht einmal feststellen, denn sie hatten keine Karte von der Region, aber schlossen aus dem Gesagten, dass es nahe des Polarkreises sein musste und dass dahinter nur noch der Nordpol kam.
    Sie verbrachten den ganzen Freitagabend und fast den gesamten Samstag, sich genau zu überlegen, welche Schritte zu bedenken waren, wollte man in den hohen Norden übersiedeln, und je länger sie sich darüber unterhielten, desto näher rückte die praktische Möglichkeit, es tatsächlich zu versuchen. Dennis machte Kendra allerdings auf eine Bedingung aufmerksam, die nicht in dem Prospekt stand, den sie gelesen hatte: »Wenn Sie angenommen werden, müssen Sie in der ersten Juliwoche ihren Dienst antreten, damit Ihr Lehrplan für den Winter noch vorbereitet werden kann.«
    »Das lässt sich machen«, antwortete Kendra, aber als sie endlich zu Bett ging, konnte sie vor Aufregung kaum einschlafen. Seltsame Gedanken und Bilder stürmten ihr durch den Kopf, manche angenehm, manche weniger angenehm. Eine Weile dachte sie über die Möglichkeit nach, dass sie vielleicht nicht eine Person sei, sondern eigentlich zwei, die Kendra, die von ihrer Mutter so sorgfältig gehegt und gepflegt worden war, der Welt vorzeigbar, und die heimliche Kendra der dunklen, schmerzhaften Schattenseiten, vor denen sie Angst hatte und die sie nicht weiter ergründen wollte.
    Nach einer unruhigen Nacht stand Kendra früh am nächsten Morgen auf, fand Miss Deller allein im Aufenthaltsraum und trat auf sie zu: »Darf ich Sie mal etwas fragen?«
    »Natürlich. Mir ist nicht entgangen, dass Sie und Dennis Crider gestern anscheinend in ein sehr tiefes Gespräch verwickelt waren. Ist da irgendetwas zwischen Ihnen beiden?«
    »Nein. Wir haben uns über Alaska unterhalten. Was ich von Ihnen nur wissen wollte: Wie ist der Zeitunterschied zwischen hier und dort?«
    »Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Früher gab es in Alaska drei Zeitzonen. Der Osten hatte dieselbe Zeit wie Seattle, der Rest eine andere Zeit, und die Aleuten wiederum hatten eine ganz eigene Zeit. Neulich habe ich gelesen, dass sie alles geändert haben, aber wie die Zonen jetzt aufgeteilt sind, weiß ich auch nicht. Ich schlage vor, wir rufen einfach die Telefongesellschaft an.« Zum Glück erwischten sie am anderen Ende der Leitung eine muntere Person, die aber bedauernd sagte: »Ich habe keine Ahnung, aber ich weiß, wie man es herausfinden kann«, worauf sie jemanden in

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