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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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wieder guter Mann. Aber du wissen, was mit seinem Sohn passiert?«
    »Nein«, sagte Kendra, und es stockte ihr der Atem, als die Frau fortfuhr: »Eines Tages, ohne jeden Grund, sich erschossen.« Sie schüttelte den Kopf und schloss : »Vielleicht seine Schwester in Seattle eines Tages einen Enkel, vielleicht wieder ein guter Mann.«
     
    Der erste Winter endete mit einer Reihe wüster, eiskalter Tage, an denen das Thermometer auf minus 35 Grad abfiel, nicht selten auf min us 40, so dass Kendra anfing, etwas Abwechslung in ihren Unterricht zu bringen, um die Schüler aus ihrer Lethargie zu reißen. Sie erzählte ihnen etwas über die Sehenswürdigkeiten von Salt Lake City und Denver und versuchte, ihnen zu erklären, was ein Rodeo ist. Als sie zufällig in Erfahrung brachte, dass eine Kollegin in Barrow aus ihrem Urlaub in Honolulu ein paar qualitativ hochwertige Filme über die Inselwelt mitgebracht hatte, fragte sie Mr. Hooker, ob die Schule das Geld zur Verfügung stellen könnte, die Lehrerin zu bitten, vor ihrer Klasse einen Vortrag über ihre Reise zu halten, und er sagte: »Wir laden das ganze Dorf dazu ein.« Und es wurde ein festlicher Abend.
    Neben den farbenprächtigen Aufnahmen von tropischen Pflanzen und Hulatänzerinnen, die sich gegenseitig Feuerschwerter zuwarfen, enthielt der Film auch eine sehr ungewöhnliche Sequenz, die die Lehrerin mit besonderer Vorsicht kommentierte: »Als nächstes werden wir Zeuge von der Einweihung einer neuen High-School. Hier seht ihr die herrlichen Mauern ... stellt euch vor, eine Sporthalle mit offenen Seitenwänden ... das hier ist ein Glockenturm. Aber achtet einmal auf diesen alten Mann hier ... er ist von weit hergekommen, um dem Gebäude seinen Segen zu geben, bevor es jemand betritt. Er will die Götter der Insel besänftigen, dass alles seine Ordnung hat. Er ist ein › Kahuna ‹ ... er spricht mit den Göttern. Er ist das, was bei uns der Schamane ist.«
    Der Film zeigte die feierliche Zeremonie, die Berge hinter der neuen Schule, das schöne, zerfurchte Gesicht des Kahuna, um den Segen der Götter bittend. »Jetzt achtet mal besonders auf diese vier Männer in schwarzer Kleidung ... es sind katholische Priester. Sie mögen Kahunas nicht besonders, aber sie haben ihn eingeladen, damit er ihrer Schule seinen Segen gibt ... und wisst ihr auch, warum?« Sie hielt den Film an und sagte in feierlichem Tonfall: »Ich möchte, dass ihr euch die nächsten Bilder einmal ganz genau anseht. Acht Monate vor dem Tag, an dem diese Aufnahmen entstanden sind, war dieselbe Schule schon einmal fertiggebaut ... der Unterricht hätte beginnen können. Aber jemand warnte die katholischen Priester: › Besser, Sie lassen den Kahuna seinen Segen über die Schule sprechen, denn wenn die Götter nicht gut gestimmt sind, könnte sie abbrennen. ‹ Die Priester sagten nur: › So ein Unsinn! ‹ Aber ... da seht ihr, was passiert ist.«
    Sie zeigte jetzt früher gedrehtes Filmmaterial von dem großen Feuer, das die Schule vernichtet hatte, und nach ein paar Minuten, die Flammen hatten sich gelegt, und es war nur noch Asche zu erkennen, sagte sie: »Der Kahuna hatte sie gewarnt, aber sie wollten ja nicht hören. Und so ließen sie ihn, als die Schule wiederaufgebaut war, dann doch kommen. Um den Hals trägt er die Blätter einer geweihten Pflanze, des Mailebaums. Er betet zum Gott des Feuers: › Bewahre diese Schule vor deinen Flammen ... ‹ Dann zum Gott des Windes: › Bewahre sie vor deinen Stürmen ... ‹ Und jetzt spricht er seinen Segen sogar über die Priester, die ihn vorher noch bekämpft hatten: › Bewahre diesen guten Menschen ihre Gesundheit, und hilf ihnen bei ihrer Arbeit als Lehrer. ‹ Und jetzt segnet er uns alle: › Hilf uns allen, dass wir lernen. ‹
    Danach gab es keine Probleme mehr mit der Schule, denn der Schamane in Hawaii hatte seinen schützenden Segen gesprochen.«
    Der Film hinterließ auf Jonathan Borodin einen so starken Eindruck, dass er nicht einschlafen konnte, und gegen zwei Uhr morgens klopfte er heftig an Kendras Wohnungstür.
    »Wer ist da?« rief sie.
    »Jonathan. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    »Morgen, Jonathan. Ich bin im Bett.«
    »Ich muss sofort mit Ihnen sprechen, bitte.« Und so warf sie sich wider bessere Einsicht ihren Morgenrock über, öffnete behutsam die Tür und ließ den völlig verwirrten jungen Mann eintreten.
    Jonathan befand sich tatsächlich in einer verzweifelten Lage. Sowohl beim Opernbesuch in Deutschland als auch in dem

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