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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Norden durch die enge freie Wasserrinne treibend, kamen vier ausgewachsene Wale, zwei jeweils über 15 Meter lang - 50 Fuß - und 50 Tonnen schwer, gemäß der Regel »Pro Fuß eine Tonne«, begleitet von einem Jungtier, 6 Meter lang. Wie eine feierliche Prozession näherten sich die Tiere den Fängern. »Sie sehen aus wie Galeonen, die nach einer Schlacht mit den Spaniern nach England zurückkehren«, rief Kendra, die allein auf dem Eis zurückgeblieben war.
    Jetzt übernahm Afanasi, der erprobte und respektierte Fänger, die Führung, und vom Heck des Umiaks aus, der sich in seiner Konstruktion von den 1 5 . 000 Jahre vorher in Sibirien gebauten nicht viel unterschied, machten er und seine fünf Helfer sich daran, in der eisigen See mit ihren Harpunen einen Wal zu erlegen. Aus Erfahrung wussten sie, dass so ein Tier sechs bis sieben Minuten unter Wasser bleiben konnte, und als das riesige Leittier jetzt auf Grund ging, glaubten sie es schon verloren. Aber dann folgten die anderen, und als auch sie in unregelmäßigen Abständen auf Grund liefen, fürchteten Afanasis Männer, dass sie ihre Chancen verspielt hatten. Als der zweite 50-Tonnen-Koloß wieder auftauchte, hatte er sich bereits auf die andere Seite der offenen Wasserrinne fortbewegt und entkam unbehelligt, aber einer der kleineren, 40 Tonnen schwer, war weiter südlich von Afanasi und dem Umiak auf Grund gegangen, und ein Eskimo, der sich neben Kendra auf die Eisdecke gestellt hatte, sagte: »Der kommt genau da hoch, wo Vladimir ihn haben will.« Und fünf Minuten später durchbrach der Wal die Oberfläche, schoss eine Wasserfontäne in die Luft und, zum Entsetzen der Bootsleute und der Zuschauer an Land, ging sofort wieder auf Grund, klatschte mit der Schwanzflosse aufs Wasser und war verschwunden, bevor Afanasis Männer einen Angriff starten konnten, der Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
    »Oh!« stöhnte der Mann neben Kendra, offenbar ehrlich besorgt, und als sie ihn fragend ansah, als verlangte sie eine Erklärung, sagte er: »Die Internationale Walfangkommission, Russland und Kanada und noch ein paar andere Länder, wollte den Walfang ganz unterbinden. Aber die Eskimo-Walfang-Kommission hier in Alaska hat ihnen vorgehalten: › Hört mal! Das gehört nun mal zu unserem Leben. Also erlaubt uns wenigstens ein paar im Jahr. ‹ «
    »Und wie viele haben sie Ihnen erlaubt?«
    »Desolation? Unsere Quote? Zwei.«
    »Pro Jahr?«
    »Ja. Und wieviel, glauben Sie, haben wir in den vergangenen beiden Jahren an Land gezogen? Nicht einen.« Er spuckte auf den Boden, schaute aufs offene Wasser, so verlockend nahe, so ungastlich, als der dritte Wal, noch weit entfernt, mit einem donnernden Getöse eine Bresche in die Eisoberfläche schlug, als wollte er Afanasi und seine Männer an der Nase herumführen.
    »Hat er sie aus den Augen verloren?« fragte Kendra, und der Mann antwortete: »Wenn einer von uns einen Wal fangen kann, dann Afanasi. Er hat neun Stück gefangen in seinem ganzen Leben. Ich nur zwei. Keiner über vier. Deswegen ist er Häuptling unseres Dorfes.«
    Jetzt tauchte das zweite der mittelgroßen Tiere unerwartet am Ende der Walgruppe auf, aber diesmal war Afanasi gewappnet. Er machte den beiden Spezialisten im Boot, die den Wal töten sollten, ein Zeichen - dem ersten Mann, der die Harpune warf, dem zweiten, der das Gewehr bereithielt - und steuerte seinen Umiak in genau die richtige Position. Anfang des Jahrhunderts war es noch der Schütze gewesen, der den ersten Schuss abgab, aber zu viele Wale waren dabei nur verwundet worden und gingen bei dieser Vorgehensweise verloren. Jetzt verbot das Gesetz dem Gewehrführer zu schießen, bis die Harpune das Tier getroffen hatte.
    Mit dem zerbrechlich aussehenden Umiak dicht an dem monströsen Wal holte der Harpunier mit dem rechten Arm weit aus, warf die Harpune mit aller Kraft nach vorne und setzte die Spitze genau hinter dem Ohr des Wals auf. Sofort sprangen zwei am Laufseil der Harpune befestigte leuchtendrote Gummischwimmer, über einen Meter im Durchmesser, aus dem Boot aufs Wasser und bildeten eine Art Schleppanker, von dem sich der Wal nicht befreien konnte. Eine Sekunde nachdem die Harpune tief in den Hals gedrungen war, detonierte die schwere explosive Ladung direkt unterhalb der Speerspitze und zerstörte den größten Teil des Muskelaufbaus. In diesem Moment feuerte der Schütze seine Kugel mitten in den Halsansatz, das Seeungeheuer war tödlich getroffen. Erst die Harpunenspitze, dann die

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