Alaska
Inselbewohners und unterschied sich außerdem durch drei quer verlaufende markante Linien. Die erste bildete ein langer, schmaler Walknochen in der Scheidewand seiner Nase, der an den Enden umgebogen und wieder zurück durch die Nasenflügel führte, die zweite war ein grimmiger, borstiger, pechschwarzer Schnäuzer, und die dritte schließlich bildete ein Paar sehr kleiner Lippenpflöcke, die in den Mundwinkeln steckten und mit dem Kinnknochen auf beiden Seiten durch drei hauchdünne Glieder einer Kette verbunden waren, geschnitzt aus dem Elfenbein eines Walrosses. Er war gekleidet in Felle von Seelöwen, die er selbst erlegt hatte, und als er jetzt aufrecht vor Azazruk stand, seine mächtigen Arme in die Hüften gestemmt, bot er ein prächtiges Bild.
Er hatte nicht die Absicht, sich an diesem Morgen durch den Schamanen von seiner Jagd abbringen zu lassen, und als Azazruk Anstalten machte, genau das zu tun, schob er ihn sanft beiseite. Azazruk sah, dass Shugnak ihn mit einem Schlag zu Boden werfen konnte, aber seine Sorge um das Leben der Tiere war wichtiger, und wieder trat er vor und stellte sich Shugnak in den Weg. Diesmal wurde der Jäger ungeduldig, und ohne respektlos sein zu wollen, denn er mochte den Schamanen, solange sich dieser um seine eigenen Sachen kümmerte, stieß er ihn so heftig zurück, dass Azazruk stürzte, worauf Shugnak sich in seinen Kajak setzte, wütend lospaddelte und die Jagd aufnahm.
Eine Spannung legte sich über die Insel, und als Shugnak zurückkehrte, wartete Azazruk schon auf ihn; tagelang stritten sie. Der Schamane plädierte gegen die Jagd, weil er befürchtete, dass sie die Ausrottung des Otters bedeutete, während Shugnak ihm mit nüchternem Realitätssinn entgegnete, er beabsichtige, die Tiere auch weiterhin zu nutzen, denn offensichtlich seien die Tiere in diese Gewässer gesetzt, um genutzt zu werden.
Zum ersten Mal in den langen Jahren seiner Führerschaft verlor Azazruk die Selbstbeherrschung und machte sich sogar lächerlich, als er gegen alle auf Raub ausgehenden Jäger und ihre Kajaks wetterte und so ausfallend wurde, dass der Stamm anfing, sich von ihm abzuwenden. Er sah ein, dass er sich in ihren Augen ausgesprochen dumm aufgeführt, und spürte, dass er sich von ihnen entfremdet, seine Führerschaft verloren hatte.
So sammelte er denn eines Morgens, noch bevor die anderen erwachten, seine Fetische ein, verließ die Hütte am Meer und machte sich traurig auf, die Wanderung zu dem Oberlauf einer weit entfernten Bucht anzutreten, wo er sich eine Lehmhütte errichtete. Wie Tausende anderer Schamanen vor ihm musste auch er lernen, dass sich der geistige Führer eines Volkes aus dessen politischen und ökonomischen Streitigkeiten besser heraushielt.
Er war nun ein alter Mann, fast fünfzig Jahre, und auch wenn sein Volk ihm noch immer hoch an rechnete, dass er es auf diese Insel geführt hatte, wollten sie doch nicht mehr, dass er sich weiterhin in ihre Angelegenheiten mischte. Sie verlangten nach einem vernünftigeren Führer, wie Shugnak in ihren Augen einer war, der, wenn er sich bemühte, schon lernen würde, wie man die Geister um Rat anging oder sie beschwichtigte.
In dieser abgeschiedenen Hütte beendete Azazruk seine Tage im Exil. An der Küste der Bucht fand er genügend Schalentiere, Schnecken und Seegras zum Leben, und nach ein paar Tagen brachte ihm Shugnak großzügigerweise einen Kajak. Obwohl er vorher nicht oft gepaddelt war, brachte er es jetzt zu einer gewissen Meisterschaft. Er wagte sich weit aufs Meer hinaus, immer nach Norden, den Gewässern entgegen, die schon stets eine Verlockung für sein Volk gewesen waren, und dort, auf hoher See, sprach er mit den Seehunden und unterhielt sich mit den Walen, wenn sie vorbeizogen. Gelegentlich sah er auch Walrosse das Wasser durchfurchen, und auch ihnen rief er etwas zu, und manchmal, an warmen Sommerabenden, verbrachte er die ganze Nacht - nur wenige Stunden lang - unter den blassen Sternen, eins mit dem unendlichen Ozean, in Frieden mit dem Meer.
Besonders jedoch liebte er die Momente, wenn er sich mitten im Tang in der Nähe einer Otterfamilie wusste , wenn er sah, wie die Mutter auf dem Rücken schwamm und ihr Junges auf der Brust hielt und das Kleine mit großen Augen die neue Welt um sich herum entdeckte oder seinen glücklichen schnurrbärtigen Vater grüßte, wenn er vorbeiglitt, mit einem Stein auf seinem Bauch und zwei Muscheln in seinen patschigen Pfoten.
Von allen Tieren, die Azazruk kannte,
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