Alaska

waren, um die Kutsche durchzulassen, machte ihm der Kutscher ein Zeichen, er solle wieder einsteigen, damit sie auch mit großem Zeremoniell in den Gefängnishof einfahren konnten, aber der Herrscher war schon weitergegangen und rief nach dem obersten Gefängnisaufseher.
    Der Lärm hatte die Gefangenen geweckt, lange bevor man den Aufseher aus dem Bett geholt hatte, und als sie erkannten, wer da zu so später Stunde noch gekommen war, fingen sie an, den Besucher mit Petitionen zu bombardieren: »Sire, man hat mich zu Unrecht eingesperrt!« - »Sire, fahrt nach Tobolsk. Euer Gauner hat mir mein Land gestohlen.« - »Zar Peter, Gerechtigkeit!« Er überhörte die Rufe der Kriminellen, aber merkte sich, wenn sie Beschuldigungen gegen einen bestimmten Beamten seiner Regierung vorbrachten, begab sich direkt bis vor die schwere Eichentür, dem Haupteingang zu den Gefängnisgebäuden, und schlug ungeduldig mit dem eisernen Türklopfer gegen das Holz. Das Dröhnen war nur einmal zu vernehmen, als der Nachtwächter des Portals schon herangeschlurft kam und mit lauter Stimme rief: »Mitrofan! Es ist der Zar!« Sofort vernahm man hektische Bewegungen hinter den massiven Türen; sie waren aus Holz gefertigt, das Peter aus England eingeführt hatte.
    In wenigen Sekunden hatte Aufseher Mitrofan seine Tür geöffnet und verneigte sich nun tief vor seinem Zaren: »Sire, ich erwarte Eure Befehle.«
    »Das will ich hoffen«, sagte der Zar. »Bring mir den Kosaken Trofim Zhadanko her.«
    »Wohin soll ich ihn bringen, Sire?«
    »In das rote Zimmer, gegenüber von deinem«, und in der sicheren Annahme, dass sein Befehl umgehend ausgeführt wurde, marschierte er ohne seine Wächter in das Zimmer, dessen Holzarbeiten er vor ein paar Jahren selbst ausgeführt hatte. Der Raum war nicht groß, denn Peter hatte ihn genau zu dem Zweck entworfen, zu dem er ihn nun auch nutzen wollte. Er enthielt nur einen Tisch und drei Stühle, denn hierhin sollten die Gefangenen zum Verhör gebracht werden: ein Stuhl hinter dem Tisch für den Beamten, einer an der Seite für den Sekretär, der die Antworten des Gefangenen auf schreiben sollte, und schließlich einer für den Gefangenen selbst, der so saß, dass das Licht von draußen durchs Fenster auf sein Gesicht fiel. Wenn ein Verhör nachts durchgeführt werden musste, kam das Licht von einer Lampe, die mit Walfischtran betrieben wurde und an der Wand hinter dem Beamten hing. Um dem Ganzen die Förmlichkeit zu geben, die der beabsichtigte Zweck erforderlich machte, hatte Peter den Raum in einem düsteren Rot gestrichen.
    Während er darauf wartete, dass ihm der Gefangene vorgeführt wurde, stellte Peter die Möbel um, denn er wollte die Tatsache, dass Zhdanko ein Gefangener war, nicht auch noch besonders hervorheben. Ohne jemanden um Hilfe zu bitten, rückte er den niedrigen Tisch in die Mitte, stellte einen Stuhl an eine Seite und die beiden anderen nebeneinander gegenüber auf die andere Seite. Er ging auf und ab, als könnte er seine Energie nicht mehr unter Kontrolle halten, und als er endlich Schritte den Steinfußboden entlangkommen hörte, versuchte er sich den störrischen Kosaken, den er einst zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hatte, vor Augen zu führen. Er erinnerte sich an einen schnauzbärtigen ukrainischen Riesen, so groß wie er selbst, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis nach Yakutsk versetzt wurde, wo er den Dienst eines militärischen Anführers einer Hundertschaft versah, die den Ordern des Gouverneurs in der Bevölkerung Nachdruck zu verleihen hatte. Er war ein achtbarer Soldat gewesen bis zu dem Augenblick, als er in so große Schwierigkeiten geriet, und in Erinnerung an jene besseren Tage murmelte der Zar nun: »Was für ein Glück, dass sie ihn da draußen nicht gehängt haben.«
    Ein Rütteln an dem Riegel war zu vernehmen, die Tür öffnete sich, und vor ihm stand Trofim Zhdanko, breitschultrig, schwarzhaarig, mit einem grimmigen Schnauzer und einem üppigen Bart, der sich aufrichtete, wenn sein Besitzer das Kinn vorschob, um etwa in einem Streit eine Sache besonders hervorzuheben. Auf dem Weg zum Vernehmungszimmer, umgeben von Wächtern, hatte ihn der Aufseher gewarnt, wer sein nächtlicher Besucher war, und als sie jetzt das Zimmer betraten, verneigte sich der gefesselte Kosake tief und sagte leise, nicht aus falscher Demut, sondern aus tiefem Respekt: »Sire, es ist mir eine Ehre.«
    Einen Moment lang starrte Zar Peter, der Bärte verabscheute und sie in seinem