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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Mord und Totschlag waren die besten Überredungsmittel - erst waren es acht, dann zwanzig, schließlich dreißig Aleuten, skrupellos umgebracht, und dazu an ausgewählten Orten und zu bestimmten Zeitpunkten, um auf die anderen den einschüchterndsten Effekt zu erzielen, bis jeder auf Attu begriffen hatte: Wenn die Fischer und Jäger säumig waren, die Wünsche der Fremden zu erfüllen, dann wurde jemand erschossen, gewöhnlich der pflichtvergessene Fischer und nicht selten auch mehrere seiner Freunde.
    Noch schwieriger zu erklären war, wie Trofim Zhdanko dies alles geschehen lassen konnte, aber wenn Menschen unter Druck stehen, werden Entscheidungen oft als Folge von Umständen gefällt, die außerhalb ihrer Kontrolle stehen; der Zufall entscheidet dann und nicht rationale Überlegungen. Mit jedem blutigen Zwischenfall wurde Innokentis Position stärker und Trofims schwächer. Von allen Tötungen war er nicht an einer einzigen beteiligt, denn obwohl als Kosake gedrillt, auf Geheiß des Zaren zu töten, hatte er ebenfalls gelernt, dass Mord nur dann gerechtfertigt war, wenn dadurch ein akzeptabler Friede erreicht werden konnte. Innokentis wahlloses Abschlachten auf Attu aber brachte keinen Frieden, höchstens mehr Pelze, und als der Sommer zur Hälfte um war, schätzte Trofim die Situation als so hoffnungslos ein, dass die einzig vernünftige Strategie nur sein konnte, die Insel mit den Pelzen, die man bis dahin zusammengerafft hatte, zu verlassen und schleunigst nach Petropavlovsk zurückzukehren.
    Als er seinen Vorschlag unterbreitete, stellte sich heraus, dass sich ein großer Teil der Besatzung nichts sehnlicher wünschte, als nach Hause zurückzukehren, und für einen Moment schien es, als hätte er die Führung wieder übernommen, aber erneut kam ein Zufall dazwischen, der ihm diese Position verwehrte. Mitte Juli 1746 bereitete Trofim mit seinen Leuten eine heimliche Flucht vor, aber eine der Frauen deckte die List auf und unterrichtete die Männer, die daraufhin planten, alle Fremden umzubringen, bevor sie sich davonmachen konnten.
    Alle Ballen an Bord waren die zwölf Überlebenden bereit abzulegen, als sich die Inselbewohner auf sie stürzten, doch Innokenti hatte das geahnt, und als die johlenden Männer und Frauen auf das Schiff drängten, gab er seinen Leuten den Befehl, mitten in die Menge zu feuern, sofort nachzuladen und wieder zu feuern. Sie gehorchten - mit schrecklichem Erfolg.
    Als sich die erste Gruppe der Invasoren aus Russland, nachdem sie einen ganzen Winter auf den Aleuten verbracht hatte, in die Sicherheit der Beringsee zurückzog, hatte sie, vom ersten Tage ihrer Landung an gerechnet, dreiundsechzig Inselbewohner umgebracht.
     
    Als Trofim und Innokenti in Petropavlovsk an Land gingen, wartete eine Überraschung auf sie, denn in ihrer Abwesenheit hatte Madame Poznikova ihr Hauptquartier in jenen vortrefflichen neuen Hafen verlegt und sich auf einer etwas vorstehen den Anhöhe an der Küste ein geräumiges zweistöckiges Haus mit einer Aussichtsplattform auf dem Dach gebaut. Als Trofim sie fragte: »Warum so ein großes Haus?«, antwortete sie freiheraus: »Weil wir drei hier wohnen werden.« Er zeigte sich überrascht, aber sie drängte ihn weiter: »Du wirst alt, Kosake, und ich werde auch nicht jünger.« Er wurde vierundvierzig in dem Jahr und sie siebenunddreißig, und auch wenn er sich nicht alt fühlte, hatte er doch erfahren müssen, als er auf der Insel Attu die Führerschaft über seine Leute verlor, dass er nicht mehr der rastlose, junge Ukrainer war, für den die Welt ein einziges Abenteuer gewesen war.
    Er bat sich Zeit aus, um über ihren Vorschlag nachzudenken, ging ziellos an der Küste spazieren, schaute auf die vor Anker liegenden kleinen Boote und versuchte sich die Inseln vorzustellen, zu denen sie auslaufen würden. Zwei Dinge gingen ihm im Kopf herum: Madame Poznikova ist eine außergewöhnliche Frau. Und ich, ich sehne mich nach den Inseln und dem Land im Osten. Es wäre sicherlich eine großartige Sache, einen solchen Menschen wie Madame Poznikova zur Frau zu haben und mit ihr ganz in das Pelzgeschäft einzusteigen, aber bevor er sich binden würde, müssten sie sich über bestimmte Dinge einigen. Er marschierte zurück, betrat das neue Haus, rief sie in das vordere Zimmer, wo er, steif wie ein aufgeregter Geschäftsmann, der einen Bankdirektor um ein Darlehen bat, auf sie wartete und sagte: »Madame, ich habe deinen Mann bewundert und was ihr beide erreicht habt. Ich

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