Alba und Albion
ich Sarah, die ich von Anfang an sofort ins Herz geschlossen hatte, auf meinen Schoß und drückte sie heftig, was sie verzückt aufkreischen ließ. Am meisten liebte ich sie dafür, daß sie mit ihren kleinen Zähnchen lispelte, was ihr einen außergewöhnlichen Charme verlieh. Ich drückte ihre heiße Wange an meine und konnte den einzigartigen Duft eines Kindes riechen. Schnell beugte ich mich zu ihrem dünnen Hals herunter und pustete heftig hinein, daß sie wieder lachend aufquiekte.
„Du riechst so gut, dass ich dich frrressssssen könnte!“
Lachend wand sie sich in meinen Armen und auch ich kicherte.
Charles, ihr Bruder, hatte nun anscheinend genug von den weibischen Albernheiten und flitzte mit seinen beiden Freunden, die genauso in Lumpen gingen, davon.
„Möchtest du noch eine Geschichte hören, Sarah?“
„Ja, bitte! Bitte noch eine mit Elfen und Kobolden!“
„Nein, lieber mit Feen!“
„Und Gespenstern!“
Von allen Seiten kamen nun die Wünsche.
„Dann setzt euch mal wieder artig hin. Laßt mich überlegen. Ja, glaube, ich kenne noch eine.“
„Miss Susanna“, ich blickte hoch und sah die Herrin dieser baufälligen Hütte, wie sie breitbeinig mit einem Säugling im Arm in der Tür stand. „Wenn Ihnen die Plagen zuviel werden, dann sagen Sie es!“
Schnell winkte ich ihr zurück. „Nein, das ist in Ordnung. Vielen Dank!“
Ich wusste, es kam ihr gerade recht, wenn sie ein paar Minuten Ruhe vor ihren Bälgern hatte. Auch sie war blaß und zu dünn, hatte ständig dunkle Augenringe. Vermutlich reichte das Essen nicht aus, um alle satt zu bekommen. Seit ihr Mann bei einer Schlägerei mit Messereinsatz ums Leben gekommen war, lebten sie nur noch von einem Tag zum Anderen. Auch wußte ich, daß sie sich prostituierte, um ihre acht Kinder ernähren zu können. Und das bisschen, das ich zur Linderung beitragen konnte, waren regelmäßig ein paar Pennies, die ich Mary abbettelte und vielleicht einmal ein Lunchpaket. Es war unglaublich, obwohl ich aus reichem Hause kam, hatte ich doch nie eigenes Geld bei mir.
Vier erwartungsvolle Augenpaare richteten sich nun auf mich und ich setzte mich in Position, ohne Sarah loszulassen. Sie hatte sich inzwischen schläfrig an meine Schulter gelehnt und den Daumen im Mund.
Und so erzählte ich von den Heinzelmännchen, dieserorts auch unter dem Namen Buka bekannt. Wie sie zu den Menschen kamen, wie man sie behandeln und was man unterlassen sollte. Als ich geendet hatte, schlief Sarah in meinen Armen bereits und die anderen Kinder trollten sich so langsam wieder.
„Sie haben wirklich eine zauberhafte Phantasie.“
Erschrocken hielt ich mir die Hand an den Busen und drehte ich mich um. „Sie? Wie lange stehen Sie denn schon da?“
Robbie lehnte lässig die Arme verschränkt, an dem Obstbaum, unter dem ich saß und kaute auf einem Grashalm.
„Oh, eine kleine Weile.“
Er senkte seine Stimme und beugte sich zu mir herunter. „Die Stelle, als das Männchen zu singen anfängt, hat mir am Besten gefallen.“
Ich konnte spüren, wie sich das gesamte Blut meines Körpers langsam in meinem Kopf sammelte. Denn diese Stelle war eigentlich auch der Anfang der Geschichte gewesen. Am Besten, ich ignorierte ihn einfach.
Vorsichtig legte ich Sarah in eine bequemere Lage, da mein Oberschenkel durch ihr Gewicht taub wurde. Nun strömte wieder Blut in diesen Körperteil, was sich ganz und gar nicht angenehm anfühle. Auf alle Fälle würde ich erst einmal hier sitzen bleiben müssen.
Aus dem Augenwinkel konnte ich ihn beobachten. Er hatte sich in einigem Abstand neben mich auf das Gras niedergelassen und blinzelte in die Ferne, angetan mit seiner Kniehose, einem sauberem Hemd und bestickter Weste mit Lederbändern und in seinem rabenschwarzen Haar staken einige Strohstifte. Alles in allem sah er in seinem gebräunten Teint sehr gut aus.
„Sie sind öfters hier, stimmt’s? Die Kinder scheinen sich immer sehr zu freuen, wenn Sie auftauchen.“
„Mmm.“
Es entstand eine - für mich - verlegende Pause, die er jedoch bald wieder beendete.
„Unsere kleine Sarah. Wie ein kleines Mäuschen sieht sie aus, wie sie da schläft.“
Er stupste sie leicht am Kinn, doch sie drehte nur den Kopf an meine Brust und schlief weiter. Sanft tätschelte ich ihr den Rücken und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn.
„Mmm.“
Da ich wieder keine genauere Antwort gab, versuchte er es erneut.
„So einen heißen Tag hatten wir lange nicht mehr, nicht
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