Alba und Albion
Schnitzen inne und blickte mich über die Schulter an.
„Kannst du nicht schlafen?“
„Mir ist etwas kalt.“
„Na dann komm her.“
Einladend hob er seine umgeworfene Decke und ich rutschte vor ihn und lehnte mich an seine warme Brust. Geschickt hüllte er mich in seinen Umhang mit ein. Gegenüber dem Feuer lag Seamus auf dem Rücken und schnarchte, was das Zeug hielt.
„Ich könnte gar nicht einschlafen, so wie der da drüben schnarcht“, sagte er mißbilligend und schüttelte den Kopf. „Kaum auszuhalten, der Kerl.“
Ich lachte leise und wir schwiegen eine Weile. Die Stille wurde nur von dem rhythmischen Sägen unseres Gegenübers unterbrochen.
„Hast du schon einmal einen solchen Sternenhimmel gesehen? Nur im Winter sind sie so umwerfend schön.“ Träumerisch legte er seine Wange an meine.
„Wieso denn nur im Winter?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht weil die Nächte länger sind. Vielleicht liegt es auch nur an der Kälte, die sämtlichen Dunstschleier aufzulösen vermag.“ Er blickte nach oben und ich kuschelte mich enger an ihn. Schweigend sahen wir in die Vielzahl von Sternen und ich dämmerte fast wieder ein.
„Denkst du viel an Zuhause?“
Ich schreckte hoch. Diese unvermutete Frage brachte mich leicht aus der Fassung und plötzlich mußte ich schwer schlucken. Meine romantische Stimmung war dahin und ich setzte mich auf. „Manchmal.“
Er nickte bedächtig. Er beugte sich vor, um seinen geschnitzten Holzpflock ins Feuer zu legen und sein volles, offenes Haar fiel nach vorne, so daß ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Seine Stimme war leise, als er sprach.
„Bereust du, daß du dein schönes Leben mit dieser Wildnis getauscht hast?“
Statt mich anzusehen, hatte er begonnen, ein anderes Stück Holz mit seinem Messer zu bearbeiten.
„Na ja. Ein schnuckeliges Bett ist eben nicht zu verachten, genauso wie ein heißer, knisternder Ofen.“
Ich kicherte. „Und ich hatte wesentlich mehr zu essen, als in den letzten Wochen. Ständig knurrt irgendjemand von uns der Magen.“ Ich machte eine kleine Pause. „Und wenn ich ehrlich sein soll -“
„Ja?“
Erwartungsvoll hielt er inne und als er mich nun ansah, wußte ich, warum ich hier in der Kälte ausharrte.
„Ich möchte keine Sekunde mit dir missen“, flüsterte ich ihm zu und drehte meinen Kopf zu ihm nach hinten. Freudig lächelten wir uns an, unsere Lippen näherten und berührten sich zärtlich und er strich mir sanft eine Locke aus der Stirn.
„Es tut mir leid, daß es so läuft. Eigentlich hätten wir längst auf Skye sein sollen. Aber die elenden Engländer, diese verdam-, entschuldige Schatz, diese Rotröcke haben uns hierzu gezwungen.“ Er grinste, daß seine weißen Zähne aufleuchteten. „Und in meinem Heim wartet ein herrliches Federbett auf uns!“
Genüßlich lehnte ich mich an seine Schulter und wir blickten wieder in das unendliche Sternenzelt.
„Wie viele das wohl sind?“
„Unendlich viele. Mehr, als alle Sandkörner auf der Welt.“
„Das ist unvorstellbar“, flüsterte ich ehrfurchtsvoll.
„Aye. Das ist es.“
Schweigend hing jeder seinen Gedanken nach.
„Sieh nur, eine Sternschnuppe!“ Entzückt zeigte ich in die Richtung, in der ein Stern zu Boden gefallen war.
„Jetzt darfst du dir was wünschen.“
Erfreut setzte ich mich auf und schloß die Augen. „Dann wünsche ich mir …, ich wünsche mir …“
Robbie legte sich auf den Boden, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloß die Augen. Gähnend murmelte er mir zu: „Du darfst es aber auf keinen Fall laut sagen. Wünsch’ es dir und behalte es für dich, dann geht es in Erfüllung.“
„Na gut.“
In höchster Konzentration schloß ich erneut die Augen und wünschte ich mir, daß -
Ein Rascheln ließ uns auffahren.
Schnell wie ein Panther drehte sich Robbie um und zog entsetzt die Luft ein, doch er faßte sich schnell und griff nach seinem Dolch. Seine Stimme war nur noch ein leises Flüstern.
„Mach jetzt keine schnelle Bewegung, Susanna. Sei ganz ruhig. Hinter dir ist ein Wolf.“
„Oh Gott!“, war das Einzige, was ich noch heraus bekam und erstarrte vor Schreck. Eine Panik, die sich schnell in meinem Körper ausbreitete, machte mich schwach, daß ich unwillkürlich dieses Flimmern in den Augenwinkeln hatte. Vor einer solchen Situation hatte ich die ganze Zeit Panik verspürt und nun mußte ich sie tatsächlich durchleben. Aber ich tat, was Robbie von mir verlangte und verhielt mich ganz ruhig, die
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