Alba und Albion
Damensattel zu kommen. Doch meine Röcke behinderten mich daran und Angel begann nervös zu tänzeln. Wütend knallte ich den Sonnenschirm in die Brennesseln, die am Rande des kleinen Kiesstrandes wucherten.
„Susanna. Warum läufst du vor mir weg? Bin ich dir denn so zuwider?“
Er stand unmittelbar hinter mir und ich konnte seinen heißen Atem in meinem Nacken spüren. Ich erschauerte und schloß die Augen.
„Aber ich bin doch verlobt.“ Meine Worte waren nur noch ein Flüstern und der Kloß in meiner Kehle begann wieder zu wachsen.
Ich spürte seine schwieligen Hände auf meiner Schulter und sanft drehte er mich um. „Leider.“
Ein zärtliches Lächeln umspielte seinen Mund. „Und trotzdem begehre ich dich, mo bana-phrionnsa.“
„Bitte - was?“
„Prinzessin“, flüsterte er.
„Aber das dürfen wir nicht!“, rief ich aus. Ich hob die Schultern, um sie sofort wieder fallen zu lassen. „Ich bin verlobt!“
„Willst du dich hinter diesem Wort verstecken? Hast du deine Hingabe denn nur gespielt?“
Seine Stimme war nur noch ein Hauch, fast nicht mehr zu verstehen und er sah nun sehr traurig aus. Ich schloß die Augen und spürte wieder sein weiches Haar zwischen meinen Fingern, hatte wieder seinen Duft in der Nase. Gott steh’ mir bei bei dem, was ich jetzt tue, dachte ich aufgebracht.
„Nein.“
Standhaft reckte ich mein Kinn und blickte ihm fest in die Augen. „Nein. Das war kein Spiel.“
Nur zögernd hob er seine Hand, strich sanft eine verirrte Locke von meiner Schulter. „Was wäre, wenn ich ein reicher Mann wäre, wie dein … Stephen?“
Er sprach diesen Namen leise und widerstrebend aus, als ob er sich daran verletzen könnte. Ich senkte den Blick, sah das Gras unter unseren Füßen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber es war zu spät. Seine Nähe irritierte mich genauso, wie sie mich tröstete und ich spürte im Innersten, daß es für mich kein Zurück mehr gab. Es war zu spät.
Ich seufzte leise und schüttelte den Kopf, steckte die Hände in die Achseln.
„Ich weiß es nicht“, sagte ich tonlos und es war die Wahrheit.
„Wirklich nicht?“
Mit einem Finger hob er mein Gesicht in die Höhe und ein Funke von Freude war in seinem Blick zu sehen, während sich die Miene seines Gesichtes nicht veränderte. „Hätte ich denn einen Platz in deinem Herzen, Susanna?“
Nun stiegen mir die Tränen in die Augen und erneut war es nur ein Hauch, der aber wie Posaunenklang in den Himmel stieg und zwei Herzen für immer verändern konnte und er hörte es.
„Ja.“
Dieses kleine unscheinbare Wort entlockte ihm ein leichtes Lächeln und ich hob den Blick, sah sein schönes Gesicht, die geschwungenen Lippen, von denen ich bereits einmal gekostet hatte und ich widerstand der Versuchung, ihm auf der Stelle um den Hals zu fallen.
Nun küss’ mich doch endlich, du Esel!, dachte ich bei mir und schloß wieder die Augen, doch er machte keine Anstalten dazu. Statt dessen schritt er zur Decke und rollte sie mit fahrigen Bewegungen zusammen, um sie dann ordentlich am Sattel zu befestigen. Mit leisem Gegrummel in seiner fremden Sprache zog er die Sattelgurte nach, schritt dann energisch und mit wütendem Gesicht auf einen Baum zu, hieb ein paar Mal mit der Faust darauf ein und lehnte schließlich seinen Kopf an den Baumstamm.
Ich stand verdattert einige Schritte von ihm entfernt, wußte im ersten Moment nicht, was plötzlich los war. Hatte ich etwas falsch gemacht? Während ich vorsichtig meinen Schirm aus den Brennesseln herausfischte, hörte ich das Wort, das er immer wiederholte. „Warum.“
Ich stand da und war unschlüssig, wie ich mich verhalten sollte. Konnte ich es wagen, zu ihm zu gehen oder sollte ich auf den unverzüglichen Heimritt bestehen? Mein Verstand sagte mir: Zurück! Doch mein Herz sprach ganz anders. Und ich konnte nur noch auf mein Herz hören. Langsam ging ich zu ihm und berührte ihn leicht am Rücken und ich spürte unter meiner Hand den rauhen Stoff seines Hemdes. Er versteifte sich und blickte über die Schulter zu mir.
„Es war nicht richtig, dir sowas zu sagen. Ich hatte kein Recht dazu. Ich hätte nicht -“
„Sssschhhh“, hauchte ich, während ich ihm den Mund mit meiner Hand leicht verschloß. „Sag’ nichts mehr. Es ist gut.“
Ich rutschte mit raschelndem Rock unter seinen Armen durch, stand nun zwischen ihm und dem Baum und strich ihm sanft über das offene Haar. Sein Lederband, das die Mähne sonst zusammenhielt, hatte er
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