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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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mich auf dem laufenden zu halten.« Kate hatte ihre Antwort schon parat:

    »Watson war deine Idee; bitte erinnere dich, daß Watson immer bis zu allerletzt keinen blassen Schimmer von irgend etwas hatte und Sherlock Holmes es ihm schließlich erklärt hat. Gedulde dich, mein Kind.«
    Sie war zufrieden, nun einen Plan für Lillian im Kopf zu haben, und fuhr gutgelaunt bis Great Barrington, wo sie vor der Weiterfahrt zur Wilkowski-Farm etwas essen wollte. An der Hauptstraße entdeckte sie ein Restaurant, das Bio-Kost anpries und aussah, als ge-hörte es in die Columbus Avenue in New York. Sie bestellte eine Mischung aus Auberginen und Avocados auf Vollweizen-Pittabrot und Kaffee; Kate mochte kein Pittabrot, fand aber, wenn man schon gesund ißt, sollte man es auch richtig tun. Sie trug ihr Tablett zu einem Tisch und mampfte dieses ungewöhnliche Gemisch in sich hinein; dabei überlegte sie ohne Erfolg, was sie wohl den Leuten auf der Farm sagen sollte. Aber Pläne konnte man nicht einfach ausbrü-
    ten. Sie würde wohl versuchen müssen, etwas aus dem Ärmel zu schütteln, wie es genannt wurde, wenn jemand eine Vorlesung hielt, ohne genügend vorbereitet zu sein. Kate hatte diese Erfahrung bisher nicht oft gemacht und war auch gar nicht scharf darauf.
    Dennoch, als sie Ted und Jean sah, wußte sie sofort, daß ihr Instinkt sie nicht getrogen hatte. Sie musterten Kate, machten sich ihr Bild und faßten Vertrauen – genau wie bei Alberta. Warum? Später, während des Gesprächs, wunderte Kate sich noch und war glücklich über dieses überraschende Gefühl von Vertrautheit, das nur auf-kommt, wenn die Chemie genau stimmt. Oft lernt man Menschen schätzen oder sogar lieben, denen man auf den ersten Blick nicht getraut hat; aber mit den Menschen, zu denen man sich spontan hingezogen fühlt, entsteht eine ganz besondere Art Freundschaft oder Zuneigung. Und das geschah noch seltener bei einem Ehepaar –
    weiß der Himmel. Kate hatte die Erfahrung gemacht, daß ein Ehepaar gemeinsam eine eigene Dynamik entwickelt, die normalerweise jeden Ansatz von Offenheit unterbindet, auch wenn man jeden Partner für sich mag.
    »Könnte ich mir das Zeltdachhaus ansehen?« fragte Kate.
    »Nein«, sagte Jean. »Wir haben eine neue Hilfskraft für die Farm gefunden, die jetzt dort wohnt. Aber wenn Sie mehr suchen als einen allgemeinen Eindruck, werden Sie nicht viel erfahren, glaube ich.
    Ted und ich haben alles herausgeräumt, was ihr gehört; möchten Sie es sehen? Ich werde es Ihnen holen, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, was Sie finden könnten. Alberta hatte sich wirklich auf die allerwichtigsten Dinge im Leben beschränkt.«
    Ted ging hinter Jean her, um ihr zu helfen; sie kamen mit zwei Kisten zurück. Sie erklärten Kate, daß die eine Kleidung und die andere persönliche Dinge enthielt -Zahnbürste, Toilettengegenstän-de; sie hatten alles aufbewahrt. »Manchmal lese ich Kriminalromane, und wer weiß, welchen wertvollen Hinweis Sie vielleicht in ihrer Zahnpasta finden«, sagte Jean lächelnd.
    »Ich vermute, Mr. Fothingale hat nichts in ihrer Zahnpasta gefunden.«
    »Gar nichts. Wollen Sie die Kleiderkiste durchsehen?«
    »Eigentlich sollte ich wohl beide durchsehen, schon aus Prinzip.
    Ich fange mal mit der anderen Kiste an.«
    »Ihr Tagebuch ist natürlich weg«, sagte Jean. »Die paar anderen persönlichen Papiere scheinen nicht der Rede wert zu sein. Ein paar Steuerbelege, Rechnungen und so weiter.« Während sie sprach, half sie Kate, Bücher und ein paar Zeitschriften auf dem Tisch auszubrei-ten.
    »Ich finde das nicht richtig«, sagte Ted. »Ich weiß zwar, daß wir versuchen müssen, herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Aber ihr Privatbereich war ihr so wichtig, und ich habe ihr vertraut. Ich glaube auch, sie war sich sicher, daß ich nicht an ihre Sachen gehen wür-de.«
    »Darüber haben wir schon ausführlich genug gesprochen, Ted«, sagte Jean. »Mir gefällt es auch nicht, aber ihr Verschwinden gefällt mir noch weniger.« Nach einer kurzen Pause drehte sich Jean zu Kate um. »Da waren noch ein paar Bücher aus der Leihbücherei in Lenox«, sagte sie. »Ich habe sie zurückgebracht, das schien mir das beste; aber ich habe die Titel aufgeschrieben.«
    Kate nahm das Blatt Papier und sah es sich einen Augenblick lang an; daraus war zu ersehen, daß Alberta neuere Bücher gelesen hat, die sie interessierten und die ihr ins Auge fielen, aber auch Klas-siker, wie der Charlotte-Brontë-Roman bewies. Kate legte

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