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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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Ihnen schlecht?«, fragte die Wirtin besorgt.
    »Es ist schrecklich«, sagte ich so ruhig wie möglich und zwang mich, still zu stehen.
    Der Toner genoss seine Rolle. »Der Jörg fährt mit dem Traktor auf dem Aichstetter Sträßlein und will zum – ist ja egal, zu wem er will – auf jeden Fall sieht er von seinem Traktor aus etwas aus dem Gebüsch unten am Rand des Hügels herausgucken.«
    Ich hätte noch in der Nacht nachsehen müssen!
    »Herr Doktor Fideler, ist Ihnen wirklich nicht schlecht?«, fragte die Wirtin erneut.
    »Nein, danke, es geht mir gut«, wiederholte ich.
    Hubert Toner hatte seine Rede mit einem ungeduldigen Blick auf mich kurz unterbrochen. Dann redete er weiter: »Ja, der Fritz. Da lag er, tot, erschossen!«
    »Der Hauptinvestor des Windrads!«, warf der Wirt ein. »Das ist natürlich kein Zufall!«
    Erschossen, der Fritz Pocherd!, dachte ich, wie gelähmt vor Schreck.
    »Der Fuchslocher war so aufgeregt und schockiert, dass er seinen Traktor hat stehen lassen und zurückgerannt ist nach Tigerfeld, den ganzen Weg. Von der
Krone
aus hat er dann die Polizei angerufen, obwohl er ein Handy in der Tasche hatte. Da kannst du sehen.«
    Für Jörg Fuchslocher war wohl eine Welt zusammengebrochen.

Bis vor zwanzig Jahren war ich noch regelmäßig nach Tigerfeld gekommen. In dieser Zeit lief meine Ehe nicht mehr gut. Wir hatten uns überworfen. Ich hatte immer Kinder gewollt. Meine Frau hatte das immer vor sich hergeschoben.
    »Ich will auch Kinder, ist ja klar«, sagte sie, »aber jetzt ist mir mein Beruf noch wichtiger.«
    Heute weiß ich, dass sie keine Kinder wollte; ich denke mir aber auch, dass ihr das lange Zeit nicht wirklich bewusst war. Es war auch letztlich nicht die Frage nach Kindern, die uns auseinanderbrachte.
    Sie war promovierte Chemikerin. Ich hatte sie in Konstanz bei einem naturwissenschaftlichen Kongress über Umweltschutz im Agrarbereich kennen gelernt. Sie war in ihrem Fach äußerst kompetent, und wir waren in ein Fachgespräch eingestiegen. Sie war groß, elegant, Seidenbluse und Perlenkette, und ich war irgendwie stolz, dass sie sich überhaupt mit mir abgab – einem Experten für Luftströmungen.
    Es gibt kaum Berührungspunkte zwischen einem Windfachmann und einer Wissenschaftlerin für Chemikalienabbau im fruchtbaren Ackerboden. Dass wir uns überhaupt kennen lernten, lag am Thema des Kongresses. Eine Chemikerin war hier ohne Zweifel eher gefragt als ein Windexperte. Aber allgemein wird die Bedeutung der Luftströmungen für die Fruchtbarkeit der Böden unterschätzt. Noch mehr gilt das für die Anbauflächen, auf denen die Pflanzen gespritzt werden müssen, wie Weinberge und Obstanlagen als Monokulturen. So hatte man den Einfluss des Windes thematisiert, und ich konnte zum Hauptthema beitragen.
    Ich hatte Anja spät am Abend noch zu einem Glas Wein eingeladen; sie hatte die Einladung angenommen. Ich war überglücklich. Sie war nicht die erste Frau in meinem Leben, aber eine dauerhafte Bindung war ich noch nicht eingegangen. Ich hatte am Ende des Kongresses das Gefühl oder meinte es zumindest, dass die vornehm elegante, zwar etwas kühle, aber doch recht mitteilsame Frau eine Beziehung fürs Leben darstellen könnte.
    Ich war vierunddreißig, Anja war achtundzwanzig und gerade in einer Beziehung gescheitert. Sie war eine Frau, die wusste, was sie wollte, und die wusste, wie sie sich kleidete, ihrer Mutter sehr ähnlich, die freilich fast noch zurückhaltender und kühler war. Ihr Vater, im Vorstand einer Weltfirma, war fünf Jahre zuvor an Herzversagen gestorben.
    Wahrscheinlich war es zwischen uns nie zu einer Beziehung gekommen, die man wirklich herzlich nennen konnte. Letztlich blieb unsere Verbindung eher sachlich als leidenschaftlich. Bewusst war mir das sehr lange Zeit nicht. Nach außen hätte unsere Ehe als mustergültig gelten können, selbst ein Beobachter des Alltags unserer Ehe wäre dieser Meinung gewesen. Es gab nie ein böses Wort, da war kein harter Streit, jeder war zum anderen zu jeder Zeit fair.
    Ich muss als wahrheitsliebender Wissenschaftler freilich feststellen, dass ich zum Scheitern unserer Ehe ebenfalls beigetragen habe.
    Schließlich kam sie in ein Alter, in dem Kinder nicht mehr zu verantworten waren. Wir hatten nur wenige gemeinsame Interessen, und jeder begann eigene Wege zu gehen.
    Tigerfeld war Anja letztlich immer gleichgültig gewesen. Sie fühlte sich in dem winzigen Dorf nie wohl. Zu meiner Tante und meinem Onkel fand sie keinen

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