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Albtraum

Albtraum

Titel: Albtraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Spindler
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einer tiefen Pfütze. Ihr Schuh und der Saum ihres Hosenbeines waren nass. Schimpfend erreichte sie die Tür. Doch als sie gerade den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, schwang sie nach innen auf.
    Kate erschrak. Nicht nur, dass die Tür über Nacht unverschlossen gewesen war, sie war nur angelehnt. Stirnrunzelnd überlegte sie, wer gestern Abend zum Abschließen eingeteilt worden war.
    Tess! Sie hatte sich noch am Nachmittag darüber beschwert und vergeblich versucht, Birne zu überreden, die Schicht mit ihr zu tauschen.
    Leicht verärgert trat Kate ein. In ihrem Eifer, Freitagabend in die Disco zu kommen, hatte Tess ihre Pflichten vernachlässigt– auf Kosten der Sicherheit des Bean. Was, wenn jemand eingebrochen wäre oder der Wind die Tür aufgedrückt hätte? Bei diesem Unwetter hätte der ganze Lagerraum überflutet werden können.
    Kate schloss die Tür hinter sich und schob den Riegel vor. Sie würde ein ernstes Wörtchen mit Tess reden müssen. Für gewöhnlich hielt sie ihre Umtriebigkeit im Zaum, aber das hier ging zu weit.
    Auf ihrem weiteren Weg in den Lagerraum erschrak sie über den bestialischen Gestank. Als hätte jemand im Sonnenschein einen Abfalleimer offen stehen lassen.
    Sie ging auf den Eingang des Cafés zu, und der Geruch wurde intensiver. Auf der Suche nach der Ursache warf sie einen Blick ins Bad und in ihr Büro, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen.
    Nachdenklich schob sie die Milchglastür auf, die den Speiseraum von den anderen Teilen des Cafés trennte, und verharrte erschrocken. Ihre Glasbilder waren ausnahmslos von den Fenstern gerissen und zertrümmert worden. Die bunten Splitter übersäten den Fliesenboden wie ein obszönes Mosaik.
    Sie wollte hinlaufen, stolperte jedoch über ein Hindernis im Gang. Sie blickte nach unten und schrie auf. Tess lag zusammengesackt am Boden, halb hinter dem Tresen, ein Arm in den Gang ragend. Ihr Kopf war in einem unnatürlichen Winkel abgeknickt. Mund und Augen standen offen wie in Erstaunen oder Entsetzen.
    Kate wurde übel. Sie hielt sich eine Hand vor den Mund, um sich nicht übergeben zu müssen. Plötzlich hörte sie Bewegung und Schritte hinter sich und fuhr entsetzt herum.
    Es war Blake, Gott sei Dank.
    Schluchzend fiel sie ihm in die Arme.
    Die Polizei kam, dann der Gerichtsmediziner und das ganze Team der Spurensicherung. Kate, Blake und die übrigen Angestellten wurden befragt und schließlich auch die Stammgäste. Ein Raubüberfall wurde ausgeschlossen, da eine gründliche Suche zeigte, dass nichts fehlte, außer Kates Rolodex-Rollkartei.
    Tess war das Genick gebrochen worden. Sie war auf der Stelle tot gewesen. Nach ihren Verletzungen und ihrer Lage am Boden zu urteilen, war der Angriff von hinten und überraschend erfolgt. Man vermutete, dass sie nicht einmal mitbekommen hatte, was ihr geschah.
    Wenigstens hat sie nicht gelitten, dachte Kate und klammerte sich an diesen kleinen Trost. Wenigstens hat sie nicht allein und ängstlich sterbend am Boden gelegen und um Hilfe gefleht.
    Die nächsten Stunden und Tage waren ein Albtraum für Kate. Sie schloss das Café auf unbestimmte Zeit und schaffte es irgendwie, alles Notwendige zu erledigen: Gespräche mit Polizei und Presse, Trost und Aufmunterung von Freunden entgegennehmen, für Emma sorgen und gelegentlich essen und schlafen.
    Sie konnte nicht fassen, dass etwas so Schreckliches einem Menschen, den sie gekannt und gemocht hatte, in ihrem Café zugestoßen war. Dass solche Gewalt in ihrer unmittelbaren Umgebung geschah, nahm ihr jede Illusion von Sicherheit.
    Während sie abends Emma in den Schlaf wiegte, betrachtete sie ihr süßes Gesicht und versuchte, das Geschehene zu verarbeiten. Sie sehnte sich nach dem Gefühl der Geborgenheit und der Unverletzbarkeit zurück.
    In dieser Zeit war Richard der Fels in der Brandung, unbeirrt in seiner Unterstützung, seinem Mitgefühl und seinem Verständnis. Sie fühlte sich ihm so nah wie seit Monaten nicht mehr. Ihr Streit und ihre hässlichen Anschuldigungen waren inmitten dieser Tragödie vergessen.
    Kate war erleichtert, als genau eine Woche nach der Tat Tess’ ehemaliger Freund Matt wegen Mordes festgenommen wurde. Zeugen hatten in dieser Nacht beobachtet, wie sie erbittert miteinander stritten. Tess war zuletzt gesehen worden, als sie in seinen Wagen stieg. Der Gerichtsmediziner stellte fest, dass sie kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Das Sperma stammte nach ersten Laboruntersuchungen höchstwahrscheinlich

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