Albtraum
Idiotin ihm immer alles gegeben hatte, was er haben wollte?
Bevor Emma in ihr Leben getreten war, hatte sie sich hingebungsvoll in jeder Weise um seine Belange gekümmert. Sie war ja so dankbar gewesen, Mrs. Richard Ryan zu sein.
Dieser selbstsüchtige Schweinehund, wütete sie plötzlich. Richard hatte nicht mal mit Emma teilen können. Er musste stets die Nummer eins sein und im Mittelpunkt des Interesses stehen. Das hatte sie zwar immer gewusst, allerdings hatte sie geglaubt, er sei Mann genug und erwachsen genug, mit einem Kind zu teilen.
Offenbar hatte sie sich geirrt wie in so vielen Dingen.
Die Türglocke läutete. Verwundert blickte sie zur Haustür und erkannte durch den facettierten Glaseinsatz die Silhouette eines Mannes. Er drehte sich leicht in ihre Richtung, als habe er sie erkannt, und hob grüßend die Hand.
Nick Winters, dachte sie verwundert und zugleich entsetzt. Was wollte der denn hier? Sie nahm sich zusammen, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt.
„Hallo Kate“, grüßte er lächelnd. „Tut mir Leid, dass ich Sie so spät noch störe. Aber ich wollte gern noch eines von Ihren Glasbildern kaufen.“
Sie umfasste den Türgriff fester. „Tut mir Leid, Nick, aber heute Abend ist kein guter Zeitpunkt. Vielleicht morgen.“
„Kate, bitte!“ Er legte eine Hand gegen die Tür. „Es ist für meine Mutter. Sie hat übermorgen Geburtstag und …“ Er sah sie flehentlich an. „Bitte Kate. Ihre Arbeiten würden ihr so sehr gefallen.“
Kate blickte kurz auf ihre Uhr. Das Letzte, was sie jetztbrauchte, war Besuch. „Es ist wirklich kein günstiger Zeitpunkt. Kann das nicht warten?“
„Nein.“ Er senkte die Stimme. „Bitte Kate, es würde mir unendlich viel bedeuten.“
Nach kurzem Zögern öffnete sie ihm die Tür und ließ ihn eintreten. „Aber es muss schnell gehen. Ich fühle mich heute nicht besonders.“
Er trat näher und machte ein mitfühlendes Gesicht. „Verstehe. Tut mir Leid.“
Sie schluckte und hatte auf dem Weg hinunter in ihr Glasatelier das Gefühl, er wusste genau, warum sie sich nicht wohl fühlte. Ihre Arbeiten waren teils aufgehängt, teils lagerten sie in flachen Schüben. Nick sah sie kommentarlos durch.
Sein Schweigen machte sie nervös. Es wirkte unheimlich. Plötzlich wurde ihr bewusst, was sie getan hatte: Obwohl sie allein war, hatte sie einen Wildfremden ins Haus gelassen, der keinerlei Trauer über den Tod eines Mädchens geäußert hatte.
Sie bekam Gänsehaut und räusperte sich. „Gefällt Ihnen eines?“
Da er nicht antwortete, wich sie einen kleinen Schritt zurück und hoffte, er bemerke es nicht. Sie überlegte, wie weit sie kommen würde, falls sie flüchten musste. „Ich fühle mich wirklich nicht sehr wohl heute Abend. Könnten wir das bitte abkürzen?“
Er sah sie an, und in seinem Blick schien so etwas wie Bedauern zu liegen. „Ich weiß, wie das ist, betrogen zu werden, Kate. Zu erleben, wie einem Liebe und Vertrauen ins Gesicht geschleudert werden.“ Seine Stimme klang fast liebkosend, als er hinzufügte: „Ich weiß, wie sehr das schmerzt.“
Sie schluckte trocken, beunruhigt durch seinen vertraulichen Ton und sein Mienenspiel. „Es ist spät, Nick. Ich denke,Sie gehen besser.“ Sie wich noch einen Schritt zurück – er folgte ihr. „Richard schläft, und ich habe ihm gesagt, dass ich gleich nachkomme. Er wird jeden Moment nach mir sehen.“
Nick schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich habe die zwei zusammen gesehen. Ich weiß es.“ Er nahm Kates Gesicht mit beiden Händen und zwang sie, ihn anzusehen. „Ich mag Sie, Kate, das tue ich wirklich. Und ich wünschte, die Dinge lägen anders.“ Sie wollte sich ihm entziehen, doch er hielt sie fest. Sie hatte das Gefühl, ihr Gesicht stecke in einer Klammer. „Denken Sie an Rache?“ fragte er. „Wollen Sie ihn dafür zahlen lassen?“
Sie stieß einen leisen Laut des Entsetzens aus, was ihn offenbar amüsierte. Sein plötzliches Lächeln ließ sie frösteln.
„Loyalität ist alles, Kate Ryan. Sie und ich, wir wissen das. Wenn das Vertrauen gebrochen wird, bleibt nur noch Rache. ‚Denn mein ist die Rache, spricht der Herr‘.“
Er lockerte seinen Griff ein wenig und ließ einen Daumen geistesabwesend über ihre Lippen gleiten. Kate stand wie erstarrt, kaum fähig, ihr ängstliches Zittern zu unterdrücken. Wer war dieser Mann? Was war er?
Ein Monster, dachte sie entsetzt. Ich habe ein Monster in mein Haus gelassen.
Emma liegt allein und schutzlos in ihrem
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