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Albtraum

Albtraum

Titel: Albtraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Spindler
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vertraut und doch völlig fremd. Sie bemühte sich, nicht zusammenzubrechen und endlich zu begreifen, was die Detectives ihr erzählt hatten. Laut Polizei sah es nach einem Raubüberfall aus. Richards Brieftasche, Uhr und Ehering fehlten. Man hatte ihn neben seinem Mercedes gefunden, Funktelefon in der Hand. Jemand hatte zweimal aus kurzer Distanz auf ihn geschossen.
    Die Polizei hatte sie eingehend verhört, wann sie ihren Mann das letzte Mal gesehen habe, wo er gewesen sei, und wie er die letzten Wochen verbracht habe. Man hatte sie gefragt, ob es jemand gäbe, der ihm den Tod wünsche.
    So demütigend es war, sie hatte die ganze Wahrheit erzählt. Wie sie seine Untreue entdeckt und ihn gebeten hatte, nicht heimzukommen.
    Sie hatte gemerkt, wie sich die Mienen der Detectives veränderten, während sie sprach. Ihr anfängliches Mitgefühl verwandeltesich in Argwohn. Sie merkte, dass sie ein Motiv gehabt hatte. Und sie hatte kein Alibi. Ein leises hysterisches Lachen kam ihr über die Lippen. Sie sah, dass der Detective am Steuer sie im Rückspiegel beobachtete. O Gott, ihr Mann war ermordet worden, und sie musste sich nach einem Anwalt umsehen.
    Wie in einem wahrhaftigen Albtraum folgte sie den Detectives in die Leichenhalle. Ein starker Geruch schlug ihr entgegen, nach Äpfeln, die in einem Keller fermentieren. Ein Antiseptikum oder Formaldehyd, die den Geruch des Todes überdeckten oder sich mit ihm mischten.
    Einer der Detectives zog das gekühlte Schubfach auf. Sie stand betäubt daneben und wartete, dass er das weiße Laken zurückschlug. Schweiß rann ihr zwischen den Brüsten und am Rücken hinab.
    Er entblößte den Kopf der Leiche, und sie hätte am liebsten losgeschrien. Eine Hand vor den Mund, um ihre Übelkeit zu unterdrücken, nickte sie und wandte sich ab. Ihr Atem ging in kurzen keuchenden Stößen.
    Der Detective mit der sanften Stimme führte sie hinaus in den hellen Herbsttag. Vor dem Gebäude sank sie auf eine Stufe nieder, legte den Kopf in die Hände und weinte.
    Die nächsten achtundvierzig Stunden waren die Hölle für Kate. Sie musste es Richards Familie, Freunden und Kollegen mitteilen und mit deren Trauer und Schock fertig werden. Sie musste das „Uncommon Bean“ leiten und Beerdigungsvorbereitungen treffen. Bei alledem durfte sie auch Emma nicht vernachlässigen. Und immer noch lastete ein schlimmer Verdacht auf ihr.
    Am Schwierigsten war es jedoch, die eigene Trauer und die Schuldgefühle zu verarbeiten. Immer wieder sagte sie sich,dass Richard noch am Leben wäre, wenn sie ihm gestattet hätte, nach Hause zu kommen.
    Wie soll ich mit dieser Schuld leben?
    Erst als die Polizei die Auflistung von Richards Handy-Telefonaten bekam, wurde sie als Verdächtige ausgeschlossen. Auch die Aus sage vom alten Joe, der sie bei seinem mitternächtlichen Rundgang mit Beauregard gesehen hatte, entlastete sie.
    Blake, Marilyn und Birne erwiesen sich als Gottesgeschenke. Sie übernahmen vollkommen die Leitung des Cafés, mit dem Kate, das gab sie ehrlich zu, momentan nichts zu tun haben wollte.
    Zuerst Tess, jetzt Richard. Nichts schien ihr mehr eine Bedeutung zu haben. Ausgenommen Emma natürlich. Wäre sie nicht gewesen, Kate hätte ihren Lebensmut verloren. Deshalb lehnte sie auch die Angebote von Familie und Freunden ab, ihr die Kleine für eine Weile abzunehmen. Sie erklärte ihnen, ohne Emma würde man ihr den Boden unter den Füßen wegziehen. Emma war ihr Halt.

59. KAPITEL
    Richard wurde in der Familiengruft in New Orleans beigesetzt. Es war ein kalter, feuchter Novembertag. Julianna stand außerhalb des Kreises aus Freunden und Familie, eine Außenseiterin, wie sie es immer gewesen war.
    Ohne Richard war sie wieder allein. Ihre Augen brannten, doch sie unterdrückte ihre Tränen. Sie wollte nicht, dass man sie weinen sah. Keiner sollte sie bemitleiden, das tat sie selbst schon genug.
    Die Kanzlei hatte für den Tag der Trauerfeier geschlossen, so dass alle ihre Angestellten an der Beisetzung teilnehmen konnten. Alle straften sie mit Verachtung. Irgendwie war inzwischen herausgekommen, wie Richard seine letzten Stunden verbracht hatte.
    Julianna blickte zu Sandy hinüber, die mit den anderen Sekretärinnen zusammen stand, plötzlich eine von ihnen, plötzlich akzeptiert.
    Zweifellos hatte sie bei der Offenlegung ihres Verhältnisses mit Richard ihre Hand im Spiel gehabt.
    Am Tag nach dem Mord hatte Chas Bedico sie angerufen und kühl in formiert, dass sie Richards Angestellte gewesen sei, nicht

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