Albtraum
er kurz, lauschte und ging weiter in Kates Zimmer am Ende des Korridors.
Neben ihrem Bett blieb er stehen. Kate lag auf der Seite und schlief, das Gesicht tief ins Federkissen gedrückt, ihre dunklen Wimpern ein deutlicher Kontrast zu ihrer blassen Haut.
Er streckte die Hand aus, um Kate zu streicheln, unterließ es jedoch und sah zu Emma hinüber. Sie schlief neben Kate in dem großen Bett in einer aus Kissen geformten Wiege. Er neigte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete das niedliche Kind mit dem Engelsgesicht. Sie hatte die Ärmchen entspannt über den Kopf ge legt, und die kleine Brust hob und senkte sich gleichmäßig im Rhythmus der Atemzüge.
Kein Wunder, dass Kate sie bis zur Selbstaufopferung liebte. Stirnrunzelnd fragte er sich, wieso Richard der Kleinen keine Zuneigung schenken konnte? Emma Ryan war ein liebenswertes Geschöpf.
Ich muss den beiden helfen und diesen Wahnsinnigen aufhalten.
„Luke? Alles in Ordnung?“
Kate hatte die Augen halb geöffnet. Er bedauerte, sie geweckt zu haben. „Alles in Ordnung“, flüsterte er und zwang sich zu einem unbekümmerten Lächeln. „Ich wollte nur nach euch sehen. Schlaf weiter. Es wird alles gut.“
Ein schwaches Lächeln umspielte ihren Mund, doch ihre Lider sanken herab. Kate murmelte etwas Unverständliches und schlief wieder ein.
Er betrachtete sie noch einen Moment, ging dann hinaus und ließ die Tür angelehnt. Nachdem er überprüft hatte, ob alle Tü ren und Fens ter ver schlossen wa ren, machte er sich eine Kanne Kaffee, schenkte sich einen Becher ein und bezog Posten auf der Couch.
Jemand musste Wache halten, bis John Powers gestoppt war.
Und der einzige Kandidat für diese Aufgabe war er selbst.
64. KAPITEL
Kate er wachte zum Duft von Kaffee und Schinken. Sie streckte sich, atmete tief durch und genoss einen Moment das Gefühl, verwöhnt zu werden. Sie lächelte. Wie lange war es her, seit sie mit diesen Düften in der Nase erwacht war? Irgendwann im Laufe ihrer Ehe hatte Richard sich geweigert, Kaffee zu kochen, und Schinken hielt er für giftigen Abfall, ungeeignet für die menschliche Ernährung.
Die Gedanken an Richard brachten ihr die Geschehnisse der jüngsten Vergangenheit wieder voll zu Bewu sstsein. Sie konnte noch nicht in der Vergangenheitsform an Richard denken. Ihr kamen wieder die Tränen, und sie presste die Augen fest zusammen, um sie zu unterdrücken. Die Erinnerung tat schrecklich weh.
Die Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln, übers Gesicht. Sie vermisste Richard sehr. Nicht den M ann, der er in den letzten Monaten geworden war, dessen Schwächen und Fehler seine vielen guten Eigenschaften überlagerten. Sie vermisste den Richard, der sie über die Schwelle getragen hatte, der sie ermutigte, ihr eigenes Geschäft zu eröffnen, der sie Liebe gelehrt hatte.
Dafür habe ic h jetzt keine Zeit, dachte sie und wischte sich die Tränen ab. Sie konnte ihre Energie nicht der Trauer um Richard opfern. Sie musste ihre Tochter schützen und vor einem Wahnsinnigen fliehen.
Die Erkenntnis über den Ernst ihrer Lage traf sie mit Wucht. Sie blickte auf die Nachttischuhr, sah, dass es nach zehn war, und richtete sich mühsam auf. Sie rieb sich das Gesicht mit den Händen und nahm sich vor, stark zu sein und sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. In wenigen Stunden würde sie mitEmma und Julianna weiterfahren. Bis dahin musste sie einen Plan geschmiedet haben.
Plötzlich fiel ihr auf, wie ruhig es im Raum war. Außerdem war es spät. Sie sah zu der Schlafmulde, die sie mit Luke für Emma gemacht hatte. Leer.
Sie brauchte einen Moment, das zu begreifen. Dann sprang sie auf, eilte zur Tür, riss sie auf und stürzte geradezu in den Flur. „Luke! Luke, wo bist du?“
Er rief, dass er in der Küche se i, und sie lief, einer Hysterie nahe, zu ihm. Hatte John sie etwa gefunden und Emma mitten in der Nacht aus dem Bett geholt? Entsetzliche Bilder schossen ihr durch den Kopf.
Dann blieb sie wie angewurzelt in der Küchentür stehen. Luke saß am Küchentisch, Emma im Arm, und gab ihr seelenruhig die Flasche.
„Morgen Kate.“ Er bl ickte lächelnd auf.
„Was machst du da?“
Er sah lächelnd erst zu Emma, dann wieder zu Kate. „Ich gebe ihr die Flasche. Sie wachte auf u nd hatte Hunger. Und du brauchtest den Schlaf, das war ja offensichtlich. Das war übrigens gegen halb sieben. Das hier ist nun schon ihre zweite Flasche.“
Er war in meinem Zimmer, hat Emma geholt, und ich habe nichts bemerkt! Kate kam in die Küche.
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