Albtraum
abtreten, nicht mal an dich.“
Er sah sie einen Moment respektvoll an, dann neigte er den Kopf und presste die Lippen kurz auf ihre. „Zeit zu gehen.“Zwanzig Minuten später waren sie unterwegs. Kate gab sich Mühe, positiv zu denken, und klammerte sich an Lukes Zuversicht, dass sie John Powers überlisteten. Doch die Angst um sich und die anderen wurde sie nicht ganz los. Während sie Houston Meile um Meile hinter sich ließen, sah sie immer wieder besorgt über die Schulter. Jede Meile brachte sie der Konfrontation mit John Powers näher.
Mit Luke zu reisen war kein Problem. Ihr Zusammensein war so natürlich wie atmen. Sie redeten, lachten und spürten einer des anderen Wunsch nach einer Pause, nach Essen oder Ruhe.
Juliannas Gegenwart war schwerer zu ertragen. Kate konnte sie nicht ansehen, ohne Wut zu empfinden über ihr zerstörtes Leben. Ohne Gedanken an Richard.
Mehrfach hatte sie bemerkt, wie sehnsüchtig Julianna Emma ansah. In solchen Momenten bekam sie Angst, Julianna könnte Emma zurückverlangen. Sie traute ihr zu, dass sie sich die Kleine mitten in der Nacht schnappte und verschwand.
Folglich blieb Kate ständig in der Nähe ihrer Tochter. Auch gestattete sie Julianna nicht, die Kleine zu halten oder zu berühren. Sie wollte kein Risiko eingehen.
Am nächsten Tag erkannte Kate, dass ihre zweitägige Reise wegen Emma vermutlich dreitätig werden würde. Die Stunden, die sie festgeschnallt in ihrem Autositz verbrachte, forderten Tribut. Sie wurde unruhig, quengelig und war schließlich nicht mehr zu beruhigen.
„Wir müssen bald anhalten“, erklärte Kate und hielt Emma die Lieblingsrassel vors Gesicht. Doch die Kleine drehte nur das Gesicht weg und schrie laut. Kate sah Luke im Rückspiegel an. „Emma hat genug. Wenn wir ihr nicht ein bisschen Zeit zum Ausruhen gönnen, macht sie uns das Leben sehr unangenehm.“Wie zur Unterstreichung des Gesagten brüllte Emma richtig los. Kate wiegte sie in ihrem Sitz und sang ihr leise etwas vor. Nach einiger Zeit beruhigte sich die Kleine wieder, und Kate steckte ihr einen Schnuller in den Mund.
„Wie machen Sie das?“ fragte Julianna plötzlich. „Ich meine, Sie kümmern sich um sie und bleiben dabei so … ruhig. Ich würde ’ne Krise kriegen.“
„Ich liebe sie, ich bin ihre Mutter“, erklärte Kate schlicht.
„Nächste Ausfahrt in zwei Meilen“, verkündete Luke und las das Schild am Rande des Highways. „Essen, Zimmer, Benzin. Klingt genau richtig.“
Sie schafften es zur Ausfahrt und zum nächsten Motel ohne Protestgeheul von Emma. Das Motel, ein sehr hübsches „La Quinta Inn“, hatte keine Suiten mit zwei Schlafräumen. Also buchten sie eine normale Suite mit Bar und Minikühlschrank. Julianna erbot sich, die Schlafcouch zu nehmen, während Luke, Kate und Emma sich das Schlafzimmer teilen sollten.
Das Motel besaß zu Kates Freude ein Hallenbad mit Kinderplanschbecken, und so verbrachten sie den Nachmittag zusammen im Wasser.
Die Entspannung tat allen gut, besonders Emma. Sie verwandelte sich wieder in den zufriedenen Sonnenschein, den Kate so liebte.
Am Abend kuschelte Kate sich in die Sofaecke und beobachtete, wie Luke mit Emma spielte. Julianna sah einen Film im Pay-TV. Luke lag am Bo den flach auf dem Rücken und hob Emma hoch, die Arme und Beine ausstreckte.
„Flugzeug-Baby“, sagte er, machte Motorengeräusche und bewegte sie vor und zurück, bis sie vor Freude quiekte.
Ein Gefühl großer Zärtlichkeit durchströmte Kate. Sie musste lächeln. Ob es vielen Frauen so ging, dass sie Männersexy fanden, die mit Babys spielten wie Luke mit Emma? Für sie war es unwiderstehlich, wenn sich männliche Stärke in liebevolles Spiel verwandelte. Sie sah, wie sich seine Armmuskeln spannten, als er Emma hochhob, bemerkte, wie flach sein Bauch war … und Verlangen regte sich.
Luke merkte, dass sie ihn anstarrte, und lächelte. „Was ist?“
Sie fühlte sich ertappt und errötete leicht. „Ich bin nur … froh.“
„Froh?“ wiederholte er skeptisch und hielt Emma weiter hoch. „Glühen deine Wangen deshalb so?“
Sie warf Julianna einen Blick zu, die völlig in den Film vertieft war und ihre Umgebung nicht wahrnahm. „Zu viel Sonne.“
„Hallenbäder haben bekanntermaßen keine …“ Genau in dem Moment spuckte Emma ihm einen dicken Speichelklecks auf Nase und Wange.
„Oh, Mann!“ Er setzte sich und klemmte sich Emma unter einen Arm.
Kate ging lachend ins Bad und kam mit einem Handtuch zurück, das sie ihm
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