Albtraum
die Cops oder die Bundesheinis, ist das Baby tot.“
78. KAPITEL
Annapolis, Maryland, lag an der Chesapeake Bay, etwa eine Autostunde Fahrt von Washington, D.C., entfernt. 1646 gegründet, war die Stadt den meisten Amerikanern vor allem durch die Marineakademie gleichen Namens bekannt. Die historisch malerische Hauptstadt von Maryland war zugleich auch die Hauptstadt des Segelsports mit nicht weniger als vier Yachtclubs, Bay Harbor eingeschlossen.
Kate und Luke erreichten Bay Harbor zehn Minuten vor der Zeit. Luke fuhr den Wagen auf den leeren Parkplatz, brachte die Automatikschaltung in Parkstellung, ließ den Motor jedoch laufen. Hinter dem Parkplatz lag die Marina mit ihren wie Finger ins Wasser reichenden Bootsanlegeplätzen.
Die Winternacht war kalt, still und ungewöhnlich dunkel. Kate kuschelte sich tiefer in ihren Mantel. Sie fühlte sich klein und verwundbar, und sie hatte Angst. Die letzten Stunden waren einfach grauenvoll gewesen. Vor ihrem Auszug aus dem Motel hatten sie die 911 gewählt und den Mord an Julianna gemeldet. Dann waren sie trotz großer Skrupel gegangen, und zwar schnell und ohne zurückzublicken. Sie hatten keine Wahl gehabt.
Kate rieb sich die Arme. Sobald sie die Augen schloss, sah sie Julianna in den letzten Momenten ihres Lebens. Und sie musste daran denken, dass der Mann, der für Juliannas Tod verantwortlich war, ihre Tochter in seiner Gewalt hatte.
Emma ist in den Händen eines Verrückten!
Angst drohte ihr die Kehle abzuschnüren. Sie kniff die Augen zusammen und hoffte, die Bilder ihrer Fantasie einen Moment ausschalten zu können. Unwillkürlich stellte sie sich jedoch vor, wie Emma nach ihrer Mutter schrie, doch ihre Mutter kam nicht.
Falls Emma überhaupt noch lebt.
Der Gedanke allein war mehr als sie ertragen konnte. Sie schluchzte leise auf und legte eine Hand vor den Mund.
Luke wandte sich ihr zu, als lese er ihre Gedanken. „Sie lebt“, sagte er leise. „John will unbedingt dieses Buch haben. Er weiß, dass er es nicht bekommt, wenn er ihr etwas antut.“ Er langte über den Sitz und bedeckte ihre ineinander verschränkten Hände mit einer Hand. „Wir bekommen sie zurück, Kate. Bestimmt.“
Ihre Augen schwammen in Tränen. Sie konnte nichts erwidern und ihn auch nicht ansehen, denn tief im Innern glaubte sie nicht daran, so gern sie es auch getan hätte.
„Sieh mich an, Kate.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht.“
„Du musst mich ansehen, wenn ich dir das jetzt sage. Es ist wichtig.“
Schließlich wandte sie ihm das tränenüberströmte Gesicht zu, und er nahm es zwischen beide Hände. „Ich liebe dich, Kate. Ich habe dich immer geliebt.“
Das klang nach Ab schied, und sie spürte einen dicken Kloß im Hals. „Nein, bitte nicht, Luke …“
Er legte ihr sacht eine Hand auf den Mund. „Wir wissen beide, dass dieser Kerl nicht die Absicht hat, uns leben zu lassen, ob er das Buch nun bekommt oder nicht. Aber ich verspreche dir, ich tue alles, um sie zu retten. Um euch zu retten.“
Auch wenn das bedeutet, mich selbst zu opfern.
Sie hörte die unausgesprochenen Worte so deutlich, als hätte er sie gesagt.
„Falls du die Chance bekommst wegzulaufen, dann tu es, Kate. Schnapp dir Emma und renn los. Und sieh nicht zurück. Versprich mir das.“
„Das kann ich nicht. Ich werde dich nicht allein zurücklassen, Luke. Und ich werde mich nicht verabschieden.“
„Dann lass es.“ Er streichelte mit dem Daumen ihre Wange, und Kate lächelte unter Tränen. „Ich werde dich immer lieben, Kate. Daran wird sich nichts ändern.“
Sie drehte das Gesicht zur Seite und presste schluchzend ihre Lippen in seine Handfläche. „Ich liebe dich auch, Luke.“
„Komm her.“
Er streckte die Arme aus. Sie rutschte hinüber und umschlang ihn fest, wohl wissend, dass ihre Zeit unaufhaltsam ablief. Und ihre Angst nahm mit jeder Sekunde zu.
„Es wird Zeit.“
Er hatte Recht. Trotzdem klammerte sie sich noch einen Moment an ihn und an das Leben. Mit der realen Möglichkeit des Todes vor Augen merkte sie erst, wie wunderbar und wertvoll es war. Sie schloss die Augen und sandte ein stummes Dankgebet zum Himmel für alles, was sie gehabt hatte, und bat um den Schutz ihrer Tochter.
Danach war sie bereit. Sie sah Luke an. „Komm, holen wir Emma.“
Sie stiegen aus, und der Klang der zuschlagenden Autotüren hallte überlaut durch die stille Nacht. Kate verharrte einen Moment, als ihre Sinne Gerüche und Geräusche des Hafens wahrnahmen. Fallseile
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