Albtraum
zögerliche Art, wie sie das sagte, strafte ihre Worte Lügen.
Doch Julianna war nicht bereit nachzugeben. „Gut, denn du klingst nicht gerade begeistert. Wenn ich den Job bekommen soll, musst du Begeisterung zeigen. Du musst mich positiv präsentieren.“
„Ich weiß. Es ist nur …“ Sandy zögerte und seufzte. „Mr. Ryan ist einer der Partner. Wenn dieser Schuss nach hinten losgeht, könnte es mich den Job kosten.“
„Was sollte denn da nach hinten losgehen?“ Julianna senkte vertraulich die Stimme. „Du kennst mich, Sandy. Wir sind die besten Freundinnen. Und ich sage dir, ich kann diesen Job ausfüllen, und zwar gut. Wenn Richard Ryan mich einstellt, wird er so glücklich sein, dass du wahrscheinlich eine Gehaltserhöhung bekommst und befördert wirst.“
„Und wir werden jeden Tag zusammen zum Lunch gehen, nicht wahr?“
„Und wir machen die Kaffeepausen zusammen.“ Julianna lächelte und wusste, sie hatte gewonnen. „Ich würde nie etwas tun, das dir schadet, Sandy. Wenn ich nicht wüsste, dass ich der Aufgabe gewachsen bin, würde ich dich nicht um diesen Gefallen bitten. Das musst du mir glauben.“
„Das tue ich.“ Sandy wirkte erleichtert und kicherte, wie von Juliannas Aufregung angesteckt. „Ich benehme mich blöd.“
„Erwähne, wie gut wir uns kennen, und dass ich für Senator Jacobson gearbeitet habe.“
„Mach ich.“
„Bestimmt? Du vergisst es nicht, und lässt mich nicht im Stich?“
„Natürlich nicht.“
„Und erzähl ihm nicht, wo und wann wir uns kennen gelernt haben. Es sei denn, er fragt.“
„Verstanden.“
„Denk dran“, fuhr Julianna fort, plötzlich so nervös, dass ihr schlecht wurde, „du tust ihm einen Gefallen. Ich bin die Idealbesetzung für diesen Job. Wenn du davon überzeugt bist, ist er es auch.“ Als Sandy schon auflegen wollte, sagte Julianna noch: „Und ruf mich sofort an, wenn du etwas weißt. Ich weiche nicht vom Telefon.“
Sandys Anruf kam nachmittags um halb fünf. „Er empfängt dich zu einem Vorstellungsgespräch“, sagte sie aufgeregt. „Morgen früh, genau um acht.“
31. KAPITEL
„Mr. Ryan“, sagte Julianna, betrat sein Büro und streckte ihm freundlich die Hand hin. „Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.“
„Das Vergnügen ist auf meiner Seite.“ Er gab ihr die Hand und deutete dann auf die Ledersessel vor seinem Schreibtisch. „Setzen Sie sich.“
„Danke.“ Julianna nahm Platz, bemüht, ihre Nervosität zu verbergen. Richard Ryan würde kaum ein nervöses Mädchen einstellen. Sie musste die ruhige, intelligente und kompetente Frau abgeben.
Ich muss sein wie Kate.
Zu diesem Zweck hatte sie ihr bestes „Kate-Kostüm“ angezogen, ihrem Make-up besondere Aufmerksamkeit gewidmet und einige Minuten vor dem Spiegel Kates Hallo, ihr Lächeln und ihre Gestik geübt.
Die Verwandlung war erstaunlich gewesen.
Richard räusperte sich und hob den Blick von ihren Bewerbungsunterlagen. „Hier steht, dass Sie für Senator Jacobson gearbeitet haben. Sie scheinen mir ein bisschen jung, um in seinem Stab gewesen zu sein.“
Sie straffte sich. „Ich bin zweiundzwanzig, so jung auch nicht mehr.“
Er schmunzelte. „Warten Sie zehn Jahre, dann sehen Sie das anders.“ Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre Unterlagen. „Ich bin erstaunt, dass er Sie ohne einen Collegeabschluss eingestellt hat.“
Sie bekämpfte ihre aufsteigende Panik und faltete die Hände im Schoß. „Billy ist ein Freund der Familie. Er hatte die Güte, mir eine Chance zu geben, obwohl ich keine Erfahrungmit brachte.“ Sie sah Richard ruhig an. „Ich habe ihn nicht enttäuscht. Und wenn Sie mich einstellen, werde ich auch Sie nicht enttäuschen.“
Wieder verzog Richard den Mund zu einem angedeuteten Lächeln. „Sie haben Selbstvertrauen und wirken selbstsicher. Das ist wichtig.“
Sie beugte sich leicht vor und sagte eindringlich: „Wenn Sie mich einstellen, werde ich sehr hart für Sie arbeiten. Es wäre nicht bloß ein Job für mich. Ich glaube an Ihre politischen Ziele, Ersttäter hart zu bestrafen und als letztes Mittel den Handel zwischen Anklage und Verteidigung zuzulassen, um ein Geständnis zu bekommen.“
Er schien erfreut, deshalb fuhr sie leidenschaftlich fort: „Es wäre mir eine Ehre, mit einem Mann wie Ihnen zu arbeiten, Mr. Ryan. Einem Mann von Intelligenz und Integrität. Es wäre aufregend, Ihnen zu helfen, St. Tammany Parishs nächster Distrikt-Staatsanwalt zu werden.“
Eine Weile sagte er nichts,
Weitere Kostenlose Bücher