Albtraum
aufstöhnend den Hörer auf die Gabel. Sie sank vornüber, zog die Knie an die Brust, und schlang dieArme darum. Das Gesicht auf die Knie gepresst, wiegte sie sich vor und zurück und versuchte ihre Angst zu bekämpfen.
Billy war tot, drei Wochen nach ihrem Verschwinden ermordet. Clark war nicht mehr bei der CIA. Ihre Mutter war unauffindbar.
John machte offenbar klar Schiff. Er führte einen persönlichen Rachefeldzug.
Mutter ist auch tot.
Nein. Sie presste die Hände auf die Ohren, als könnte sie damit ihre Gedanken unterdrücken. Nein, ihrer Mutter ging es bestimmt gut. Vielleicht lebt sie jetzt mit dem arabischen Millionär, den sie kurz vor meiner Abreise aus Washington kennen gelernt hat, auf dessen Yacht. Eigentlich hatte sie den Kerl nicht leiden können, aber vielleicht hatte er sich durch Geschenke eingeschmeichelt. Das war schon früher passiert.
So musste es sein. Julianna wischte sich die Tränen von den Wangen. Ihre Mutter hatte die Beziehung mit Billy beendet, war mit dem Millionär weggefahren und hatte das Stadthaus in Washington geschlossen. Deshalb hatte Billy auch im Hotel übernachtet. Deshalb war die Nummer ihrer Mutter nicht mehr im Telefonverzeichnis aufgeführt. Und Clark Russell war eben nur in den Ruhestand getreten, genau wie der Mann gesagt hatte.
Das ergab alles Sinn. Jedenfalls mehr als zu glauben, John sei auf einem Rachefeldzug.
Sie wurde langsam ruhiger, stand lächelnd auf und schalt sich für ihre überhitzte Fantasie. Von Billys Tod zu hören, war natürlich ein Schock gewesen, doch von jetzt an würde sie ihre Aufmerksamkeit fest auf Richard und ihre gemeinsame Zukunft richten.
32. KAPITEL
Auf der Heimfahrt an diesem Abend musste Richard ständig an das Mädchen denken, das er morgens zu einem Vorstellungsgespräch bei sich gehabt hatte. Auch tagsüber hatte er immer mal wieder an die junge Frau gedacht, ohne recht zu wissen, warum.
Sie hatte sich im Vorstellungsgespräch gut präsentiert, kein Zweifel. Und sie war so qualifiziert wie die anderen, mit denen er gesprochen hatte. Ihm gefiel, mit welchem Eifer und welcher Entschlossenheit sie sich um den Job bemühte.
Trotzdem hatte er gegen sie entschieden. Sie war zu jung, zu hübsch und zu unerfahren.
Dennoch musste er immer wieder an sie denken, und je öfter er das tat, desto schwankender wurde er in seiner Entscheidung gegen sie. Sie besaß eine Entschlossenheit, die er bei den anderen Bewerberinnen vermisst hatte. Das vor allem ließ ihn vermuten, dass sie ihre Arbeit gut machen würde, besser vielleicht als die anderen.
Außerdem besaß sie ein sicheres Auftreten und eine Weltgewandtheit, die man einer Zweiundzwanzigjährigen nicht unbedingt unterstellte. Fast so, als hätte sie schon mehr erlebt, als ihrem Alter entsprach.
Richard bog in die Gerard Street und fuhr auf den See zu. Lächelnd erinnerte er sich, wie sie ihn angesehen – wie sie zu ihm aufgesehen hatte. Als glaube sie unerschütterlich an ihn. Als hätte sie keinen Zweifel an seinen Fähigkeiten und Gewinnchancen.
Seine Gedanken amüsierten ihn. Als sie ihn so angesehen hatte, war ihm eingefallen, wie er als junger Mann in Tulane gewesen war. Unerschütterlich, frech und von keinem Zweifelan sich selbst, seinen Fähigkeiten und seiner goldenen Zukunft angekränkelt. Damals hatte er nur mit dem Finger schnippen müssen, und seine Wünsche waren in Erfüllung gegangen.
Richard verzog voller Selbstironie das Gesicht. Ein hübsches Ding, über zehn Jahre jünger als er, sah ihn ehrfürchtig an, und schon plusterte er sich auf wie ein Pfau.
Grund genug, sie nicht einzustellen.
Er wurde ernst, als er daran dachte, wie der Tod des Senators sie entsetzt hatte. Das arme Mädchen hatte ihm wirklich von Herzen Leid getan.
Er hielt an einer Ampel, die auf Rot sprang, und dachte an Kate. Auch sie hatte ihn mal so angesehen, wie Julianna es heute getan hatte, als habe sie grenzenloses Vertrauen in seine Fähigkeiten und seine Unfähigkeit, Unrecht zu tun. Sie hatte ihm das Gefühl gegeben, stark und unverwundbar zu sein.
Nachdenklich runzelte er nachdenklich die Stirn. Wann hatte das aufgehört? Wann hatte er aufgehört, für sie ein Held zu sein?
Das Baby, dachte er mit einem Gefühl von Abneigung. Seit sie das Baby hatten, war nichts mehr wie früher.
Die Ampel sprang um, under bog auf den Lakeshore Drive ein. Als er seine Einfahrt erreichte, winkte er ihrer Nachbarin zu, die ihre Myrten stutzte. Kate saß lesend auf dem oberen Balkon, und das Baby
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