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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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den von den Bibliothekaren kontrollierten Gebieten zu leben. Also hört auf, über mich zu urteilen, und lest einfach weiter.)
    Ich gab nicht auf, sondern zerbrach mir den Kopf, um eine logische Erklärung zu finden. Ich kniete mich auf den heißen, mit Teerflecken übersäten Beton und suchte nach einer Senke im Boden. Dann stand ich wieder auf und untersuchte die Rückwand des Gebäudes, in der ein kleines Fenster eingelassen war. Ich zog einen kaputten Stuhl aus einem Müllcontainer in der Nähe, stieg darauf und spähte durch das Fenster.
    Durch das dunkle Glas war nichts zu erkennen. Ich drückte mein Gesicht gegen die Scheibe – wobei meine Brille unsanft gegen das Glas geschlagen wurde – und legte die Hände um die Augen, um das Sonnenlicht auszuschließen, aber ich sah immer noch nichts.
    Mit einem Seufzen lehnte ich mich wieder zurück. Aber dann auf einmal … schien es, als könnte ich doch etwas sehen. Nicht durch das Fenster, aber sozusagen daran entlang. Der Rahmen des Fensters verschwamm ein wenig, und ich hatte das untrügliche Gefühl, als könnte ich durch die Wandverkleidung hindurchsehen.
    Ich nahm die Brille ab. Die Illusion verschwand, und die Wand sah vollkommen normal aus. Ich setzte die Linsen wieder auf, und nichts veränderte sich. Doch als ich wieder auf die Mauer starrte, kehrte das seltsame Gefühl zurück. Als könnte ich fast etwas sehen. Ich neigte den Kopf zur Seite und balancierte auf dem kaputten Stuhl. Schließlich hob ich eine Hand und legte sie auf die weiße Holzverkleidung.
    Die abbrach.
    Ich musste wirklich nichts tun. Ich musste nicht ziehen, zerren oder daran reißen. Ich legte nur für einen Moment meine Hand an die Wand, und schon löste sich eine der Holzplanken und fiel zu Boden. Und durch die Lücke konnte ich sehen, woraus die Mauer wirklich bestand.
    Glas. Die gesamte Mauer war aus lavendelfarbenem dunklem Glas. Ich konnte durch die Verkleidung sehen, dachte ich. War das wegen der Linsen, haben die etwas damit zu tun?
    Auf dem Kies hinter mir erklangen Schritte.
    Ich zuckte zusammen und wäre fast vom Stuhl gefallen. Da war er wieder: der Mann aus der Küche, der Sachbearbeiter – oder was auch immer er sonst sein mochte – mit dem Anzug und der Pistole. Ich begann zu zittern, als die Angst aufs Neue in mir hochstieg. Natürlich war er uns gefolgt. Natürlich hatte er uns gefunden. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Warum hatte ich nicht einfach die Polizei gerufen?
    »Junge?«, rief Grandpa Smedry. Er kam um die Ecke, in der Hand eine geöffnete, mit Ketchup verschmierte Aktentasche. »Dein Sand-Burger ist fertig. Hast du keinen Hunger?«
    Der Mann mit der Pistole fuhr herum, die Waffe nach wie vor erhoben. »Keine Bewegung!«, schrie er nervös. »Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    »Häh?« Grandpa Smedry ging weiter auf ihn zu.
    »Grandpa!« Ich schrie, als der Sachbearbeiter den Abzug durchdrückte.
    Ein Schuss fiel.
    Mit einem lauten Krachen wurde direkt vor Grandpa Smedry ein Stück aus der Wandverkleidung gerissen. Der alte Mann ging einfach weiter, lächelte und wirkte vollkommen entspannt.
    Der Sachbearbeiter schoss ein zweites Mal und dann noch einmal. Beide Male trafen die Kugeln unmittelbar vor Grandpa Smedry auf die Wand.
    Sicher, ein wahrer Held hätte sich auf den Mann gestürzt, der auf seinen Großvater schießt, oder zumindest etwas vergleichbar Heroisches getan. Ich bin kein wahrer Held. Ich stand einfach nur da, unfähig, mich zu bewegen.
    »Also«, fragte Grandpa Smedry schließlich, »was ist hier los?«
    Offenbar am Rande der Verzweiflung, richtete der Sachbearbeiter die Waffe wieder auf mich und drückte ab. Was natürlich Folgen hatte.
    Am Boden der Pistole löste sich eine Sicherung.
    Der obere Teil der Waffe fiel ab.
    Der Abzugshebel sprang aus der Halterung, als eine Feder brach.
    An den Seiten lösten sich die Schrauben und fielen klirrend auf den Beton.
    Der Sachbearbeiter riss ungläubig die Augen auf und musste mit ansehen, wie der Rest der Waffe in seiner Hand sich in seine Einzelteile auflöste. In einem letzten Anflug von Würde spuckte die sterbende Pistole ein Stück Metall aus – eine nicht abgefeuerte Kugel –, das sich ein paar Mal in der Luft überschlug, bevor es scheppernd auf dem Boden auftraf.
    Der Mann starrte auf die Trümmer, die einmal seine Waffe gewesen waren.
    Grandpa Smedry stellte sich neben mich. »Ich denke, du hast sie kaputt gemacht«, flüsterte er mir zu.
    Der Sachbearbeiter drehte sich um und wankte

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