Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
wissen müssen, dass auf mich kein Verlass war.
»Wie fühlst du dich, Junge?«, fragte Grandpa Smedry.
Ich zuckte mit den Schultern.
»Bist du verärgert?«, hakte er nach.
»Ja.«
»Frustriert?«
»Ein bisschen.«
»Verbittert?«
»Du bist keine Hilfe, Grandpa.«
»Ich weiß. Bist du wütend?«
Ich antwortete nicht. Ich war tatsächlich wütend. Vor allem auf mich selbst. Weil ich mit Rodrayo und seinen Freunden gefeiert hatte, während Bastille in Bedrängnis war. Weil ich Mokia und seine Probleme vergessen hatte. Weil ich meinen Großvater enttäuscht hatte. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte ich immer gedacht, ich würde jeden enttäuschen. Deshalb hatte ich Menschen weggestoßen, bevor sie mich im Stich lassen konnten.
Aber die Zusammenarbeit mit Grandpa Smedry und den anderen hatte in mir die Hoffnung geweckt, dass ich doch ein normales Leben führen konnte. Vielleicht musste ich gar nicht alle Leute vor den Kopf stoßen. Vielleicht war ich tatsächlich fähig, Freundschaften zu schließen, eine Familie zu haben und…
Ein leises Knacken war zu hören.
»Ups!«, rief Grandpa Smedry aus. »Es sieht so aus, als hätten Sie den Jungen aufgeregt!«
Ich stutzte, blickte nach unten und sah, dass mein Talent das Glas unter meinen Füßen zu zerbrechen begann. Um meine Schuhe herum bildeten sich Sprünge, die wie zwei Spinnennetze aussahen und den vorher makellosen Kristallboden verschandelten. Ich errötete vor Verlegenheit.
Die Ritter waren blass geworden. »Unmöglich!«, stieß der eine hervor.
»Dieses Glas gilt als unzerbrechlich!«, fügte der andere hinzu.
»Mein Enkel!«, erklärte Grandpa Smedry stolz. »Er hat das Bruchtalent, wissen Sie. Wenn Sie ihn zu sehr aufregen, könnte der ganze Fußboden zu Bruch gehen. Oder womöglich sogar die ganze Burg…«
»Dann schaffen Sie ihn hinaus«, sagte einer der Ritter und scheuchte mich weg wie ein unerwünschtes Hündchen.
»Was?«, rief Grandpa Smedry. »Wenn Sie ihn wütend machen, indem Sie ihn hinauswerfen, könnten Sie die Burg zerstören! Wir müssen dafür sorgen, dass er sich beruhigt. Sein Talent kann völlig unberechenbar werden, wenn er sich aufregt.«
Ich begriff, was Grandpa Smedry im Sinn hatte. Nach einem kurzen Zögern konzentrierte ich meine Kraft und versuchte, das Glas unter meinen Füßen weiter zerspringen zu lassen. Der Plan war sehr gewagt und genau deshalb typisch für Grandpa Smedry.
Die Spinnennetze um meine Füße wurden größer. Ich stützte mich an der Wand ab. Sofort bildete sich um meine Hand ein Ring aus feinen Sprüngen.
»Warten Sie!«, rief einer der Ritter. »Ich gehe hinein und frage, ob Sie eintreten können!«
Grandpa Smedry strahlte. »Was für ein netter Kerl«, sagte er und nahm meinen Arm, sodass ich nicht noch mehr zerbrechen konnte. Der Ritter öffnete die Tür und schritt hinein.
»Haben wir gerade wirklich einen Ritter von Crystallia erpresst?«, fragte ich Grandpa Smedry leise.
»Sogar zwei, glaube ich«, erwiderte er. »Und es war eigentlich eher ›Einschüchterung‹ als ›Erpressung‹. Vielleicht war auch ein bisschen ›Nötigung‹ dabei. Es ist immer gut, die richtigen Begriffe zu verwenden.«
Der Ritter kam zurück und gab uns mit einem Handzeichen– und einem Seufzer– zu verstehen, dass wir eintreten durften. Wir eilten in den Raum.
Und dann explodierte Grandpa Smedry.
Kapitel 11
Okay, er ist nicht wirklich explodiert. Ich wollte nur, dass ihr ganz schnell umblättert.
Wisst ihr, wenn ihr die Seiten hastig umblättert, zerreißt ihr dabei vielleicht eine. Und wenn euch das passiert, geht ihr ein neues Exemplar des Buches kaufen. Denn wer will schon eines mit einer zerrissenen Seite? Ihr nicht. Ihr habt Stil.
Denkt doch mal an die vielen wundervollen Verwendungsmöglichkeiten für dieses Buch. Es gibt einen guten Untersetzer ab. Ihr könntet es auch als Baumaterial verwenden oder die Seiten als Kunst rahmen. (Schließlich ist jede Seite ein vollkommenes Kunstwerk. Diese hier zum Beispiel: Absolut großartig.)
Natürlich braucht ihr jede Menge Exemplare. Eines reicht nicht. Geht noch mehr kaufen. Habt ihr vergessen, dass ihr die Bibliothekare bekämpfen müsst?
Grandpa Smedry lief also in den Raum, ohne zu explodieren, und ich folgte ihm. Ich hatte einen Gerichtssaal erwartet und war überrascht, als ich nur einen schlichten Holztisch sah, hinter dem drei Ritter saßen. An der gegenüberliegenden Wand stand Bastille stramm, mit seitlich angelegten Händen und nach vorn
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