Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
erinnerte mich an den riesigen Glaspilz mit der Glasburg obendrauf, den ich beim Anflug auf die Stadt gesehen hatte. Wir mussten in Crystallia sein. Und natürlich standen an der Tür zwei Ritter mit großen Schwertern, die ganz aus Kristall waren. Die waren auch ein klarer Hinweis.
Die Ritter nickten Grandpa Smedry zu. Er eilte aus dem Raum und ich folgte ihm hastig. »Wir sind tatsächlich oben auf dem Pilz?«, fragte ich.
»Ja, in der Tat«, sagte Grandpa Smedry. »Es ist ein besonderes Privileg, Zutritt zu diesen Gefilden zu erhalten. Crystallia ist für Außenstehende eigentlich tabu.«
»Wirklich?«
Grandpa Smedry nickte. »Wie Smedrious war Crystallia einst ein souveränes Königreich. In den frühen Tagen von Nalhalla heiratete die Königin von Crystallia den König dieses jungen Reiches und vereidigte ihre Ritter als Beschützer seines Hochadels. Das war eigentlich eine ganz romantische und dramatische Geschichte. Ich würde sie dir liebend gerne erzählen, wenn ich sie nicht inzwischen vergessen hätte, weil sie viel zu lang war und weil nicht genug Enthauptungen darin vorkamen.«
»Gute Gründe, eine Geschichte zu vergessen.«
»Allerdings«, sagte Grandpa Smedry. »Jedenfalls erklärte der Vereinigungsvertrag von Nalhalla und Crystallia die Fläche auf dem Glaspilz zum Hoheitsgebiet der Ritter und verbot gewöhnlichen Untertanen den Zutritt. Der Ritterorden behielt sich auch das Recht vor, seine Mitglieder auszubilden und zu disziplinieren, ohne dass die Außenwelt sich einmischte.«
»Aber sind wir nicht hier, um uns einzumischen?«
»Natürlich!«, erwiderte Grandpa Smedry und hob eine Hand. »Das ist die Art der Smedrys! Wir mischen uns in alle möglichen Dinge ein! Aber wir gehören auch zum Hochadel von Nalhalla, und die Ritter haben geschworen, uns zu beschützen und – was noch wichtiger ist – uns nicht zu töten, wenn wir ihr Hoheitsgebiet betreten.«
»Das ist keine sehr beruhigende Begründung, warum wir hier sicher sein sollten.«
»Keine Bange«, sagte Grandpa Smedry fröhlich. »Ich habe es schon getestet. Genieße einfach die Aussicht!«
Das war schwierig. Nicht dass die Aussicht nicht spektakulär gewesen wäre– wir liefen durch eine Halle, die ganz aus Glasblöcken gebaut war. Es war später Nachmittag und die durchscheinenden Wände brachen das Licht der Sonne und ließen den Fußboden funkeln. Ich konnte Schatten von Menschen sehen, die sich durch ferne Hallen bewegten und das Licht noch diffuser wirken ließen. Es war, als wäre die Burg lebendig, als könnte ich in den Wänden um mich herum ihre Organe arbeiten sehen.
Der Anblick war atemberaubend. Doch ich musste ständig daran denken, dass ich Bastille verraten hatte, dass ich es soeben riskiert hatte, in einen Matschhaufen verwandelt zu werden, und dass nur mein Nachname mich davor bewahrte, von den Rittern als feindlicher Eindringling erstochen zu werden.
Außerdem war da ein Geräusch. Es klang, als würde in der Ferne Kristall vibrieren. Es war ein leiser, sanfter Laut, aber er blieb einem im Ohr, wenn man ihn erst einmal wahrgenommen hatte.
Grandpa Smedry kannte sich offensichtlich in Crystallia aus, und bald kamen wir zu einem Raum, der von zwei Rittern bewacht wurde. Die Flügeltür aus Kristall war geschlossen, aber ich konnte auf der anderen Seite die verschwommenen Umrisse von Menschen erkennen.
Grandpa Smedry ging auf die Tür zu, um sie zu öffnen, doch einer der Ritter hob die Hand. »Sie kommen zu spät, Lord Smedry«, sagte der Mann. »Die Urteilsfindung hat schon begonnen.«
»Was?«, rief Grandpa Smedry. »Mir wurde gesagt, die Urteilsverkündung wäre erst in einer Stunde!«
»Sie steht unmittelbar bevor!«, entgegnete der Ritter. Sosehr ich die Ritter mag, sie können sehr barsch und stur sein. Und sie verstehen keinen Spaß.
»Sie können uns sicher hineinlassen«, sagte Grandpa Smedry. »Wir sind wichtige Zeugen in diesem Fall!«
»Tut mir leid«, sagte der Ritter.
»Außerdem sind wir enge persönliche Freunde des angeklagten Ritters.«
»Tut mir leid.«
»Und wir haben auch sehr gute Zähne«, sagte Grandpa Smedry und lächelte.
Das schien den Ritter zu verwirren. (Grandpa Smedry hat diese Wirkung auf Menschen.) Doch wieder schüttelte der Kerl nur den Kopf und sagte: »Tut mir leid.«
Grandpa Smedry trat verärgert zurück und ich verspürte einen Anflug von Verzweiflung. Nach allem, was Bastille meinetwegen durchgemacht hatte, schaffte ich es nicht, ihr zu helfen. Sie hätte
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