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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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ihr Inneres gebahnt und bewegte sich langsam, aber stetig auf ihren Schoß zu. Sie sah Bruce an und dachte: Es ist so offensichtlich, du kannst spüren, wie es aus meinen Poren dringt, ich weiß, daß du es kannst. Es war spät, niemand war in der Nähe, und während sie auf den alten, käfigartigen Aufzug warteten, legte Bruce die Arme um sie, diesmal von vorn, und zog sie an sich. Sie widerstand, aber nur ein wenig; er sah ihr in die Augen, näherte den Mund ihren Lippen und streifte sie leicht. Dann zog er sich wieder zurück und lächelte. Gleich darauf berührte sein Mund wieder ihre Lippen, und er schloß dabei die Augen.
    Doch der Rausch des Weins war vergangen, und als sich die Aufzugstüren öffneten, zog Janie sich von ihm zurück. Sie dachte an sich und an die Arbeit, die noch zu tun war, teils beruflich, teils privat. So gern sie sich ihrem erstickenden Griff auch entzogen hätte, die Angst, sich an jemanden zu binden, der ihr wieder genommen werden könnte, ließ sie nicht los. Sie fand ihre normale Stimme wieder und sagte entschieden: »Ich denke, ich gehe zu Fuß nach oben. Ich brauche ein bißchen Bewegung.« Dann drückte sie seine Hand und sagte: »Danke für den schönen Abend. Es geht mir viel besser.« Während Bruce ihr verwirrt nachsah, ging sie entschlossen auf das Leuchtschild mit der Aufschrift Treppe zu.

9
     
    Wieso sind ihre Tempel so prächtig, wenn ihr Prophet Jesus ein armer Zimmermann war? Alejandro war erstaunt über die reichen Teppiche und Tapisserien, die er überall im Papstpalast erblickte; die kostbaren Gemälde waren von einer Feinheit, wie er sie noch nie gesehen hatte. Die üppigen Gestalten kaum bekleideter Göttinnen wirkten seltsam erregend auf ihn; nie zuvor hatte er so erotische Darstellungen des weiblichen Körpers gesehen, schon gar nicht in seinen medizinischen Lehrbüchern, wo die zweidimensionalen Abbildungen nichts von der lebensechten Anziehungskraft der Frauen an diesen Wänden besaßen. Dieser Palast ist ihnen heilig, dachte er verwirrt, denn er hatte ihn sich tempelähnlicher, spiritueller vorgestellt. Statt dessen wirkte er geradezu verschwörerisch weltlich. Sollte er Ehrfurcht vor diesen Christen empfinden, deren Art er, wie er sich eingestand, nicht begriff, oder sollte er sie dafür verachten, daß sie sich in ihrem Glauben so weit von jeder Schlichtheit entfernt hatten?
    Mit der Zeit werde ich es wissen, dachte er bei sich. In der Hand hielt er die Schriftrolle mit der Anordnung, sich hier einzufinden, und er schaute sich nach jemandem um, der vielleicht wußte, was er jetzt zu tun hatte; endlich wandte er sich an einen Gardisten in verzierter Rüstung, der an einer Wand stand.
    »Entschuldigt mich«, sagte er zu dem Mann. Er zeigte ihm die Rolle. »Ich sollte mich hier melden. Wohin soll ich gehen?«
    Der Wächter schaute auf die Rolle und zeigte nach rechts. »Dort drüben, durch diese Tür«, sagte der bärtige Mann, ein mürrischer Grobian, der, wie Alejandro bei sich entschied, unter seinem kräftigen Panzer entschieden kein Priester war. Vor der nächsten Flügeltür, die aus dickem Holz wunderbar geschnitzt und größer war, als er je eine Tür gesehen hatte, stand ein weiterer Wächter. So viele Wachleute, dachte er und fragte sich: Wozu braucht dieser arme Zimmermann eine Armee? Wieder zeigte er die Schriftrolle vor, und der neue Wachmann öffnete die schweren Türflügel und wies Alejandro in einen großen Raum, eine Art höfisches Vorzimmer, dachte er, wo schon viele andere, genauso verwirrt aussehende Männer warteten.
    Er trat in die Mitte des Raumes, überwältigt von seiner Umgebung, und gesellte sich zu einer Gruppe anderer Männer, die ebenso ehrfürchtig wirkten und auf die Pracht ringsum starrten. Als am ande- ren Ende des Raumes ein Geräusch ertönte, drehten sich alle gleichzeitig um. Große hölzerne Flügeltüren schwangen auf, und zwei weitere Wächter in Rüstungen traten ein. Jeder trug einen Zeremonienstab, und zwischen ihnen schritt ein großgewachsener Mann, der sich bewegte wie ein König. Aufgeregtes Flüstern ging durch die Gruppen der Wartenden.
    Der Herr, der soeben eingetreten war, war in ein üppiges, langes Gewand in Rot gekleidet, dessen Kragen und Ärmel mit weißem Hermelin besetzt waren; die Schnalle seines Gürtels war aus Gold, besetzt mit bunten Juwelen und schimmernden Perlen. Majestätisch schritt er in die Mitte des Raumes und wartete, bis alle Anwesenden ihm ihre Aufmerksamkeit zugewandt hatten. Aus

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