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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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ihre Reise in fremde Länder anzutreten.
    Alejandro mußte warten bis zuletzt; alle anderen waren schon fort, und er blieb mit de Chauliac allein im Raum.
    »Doktor Hernandez«, sagte de Chauliac, »wie großartig Ihr ausseht! Genauso sollte ein Arzt aussehen, wohlhabend und edel. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß die richtige Kleidung Eure Erscheinung verbessern würde. Bitte, nehmt Platz. Ich habe Euch vieles zu sagen, und im Sitzen habt Ihr es bequemer.«
    Alejandro tat wie ihm geheißen, wobei er sich fragte, wie ein Mann so enge Beinkleider jemals bequem finden konnte. Wieder einmal war er mit seinem undurchschaubaren Lehrer und Kollegen allein. Wie kann ein so gelehrter Mann, ein so kluger Denker und logischer Geist, nur so bigott und arrogant sein? dachte er, als er ihn betrachtete.
    Können diese widersprüchlichen Eigenschaften in einem einzelnen Menschen nebeneinander existieren, ohne ihn umzubringen oder zumindest in den Wahnsinn zu treiben?
    »Ich habe mit Bewunderung zugesehen, welche neuen Fertigkeiten Ihr in diesen letzten Tagen erworben habt«, begann de Chauliac, »und wie ich Euch schon sagte, bin ich beeindruckt von Eurer Klugheit und Eurem Wissen. Ich habe daher nach eingehender Beratung mit Seiner Heiligkeit entschieden, daß Ihr am Hofe von König Edward III. dienen sollt, dessen Bitte um Schutz dieses ganze Unternehmen überhaupt erst in Gang gesetzt hat.«
    Alejandro schluckte und nickte.
    De Chauliac, der eine lebhaftere Reaktion erwartet hatte, fragte: »Nun, seid Ihr nicht erfreut? Das ist eine große Ehre für einen Arzt.«
    Leise antwortete Alejandro: »Ich fühle mich hochgeehrt, Herr. Euer Vertrauen in mich ist ganz unverdient.«
    »Das finde ich nicht, Doktor Hernandez. Ich sehe in Euch etwas von meiner eigenen Jugend, den gleichen brennenden Wunsch, Größe zu erlangen. Oh, nein, Monsieur«, fügte er beinahe heftig hinzu, »ich glaube nicht, daß ich Euch überschätze. Aber Eure Aufgabe wird schwierig sein, und zwar wegen der Natur des Königshauses, dem Ihr dienen werdet.«
    Er hielt inne, um Alejandro Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, doch er bekam keine. Er seufzte tief und fuhr dann in düstererem Ton fort: »Ich verstehe Euer Widerstreben, doch begreift bitte, daß Eure Arbeit in England keine freie Entscheidung ist. Für Seine Heiligkeit steht viel auf dem Spiel, und wir werden in ständiger Verbindung mit dem englischen Hof stehen, um uns zu vergewissern, daß Ihr Eure Aufgabe mit Fleiß erfüllt. Falls Ihr das nicht tut, wird es für Euch kein gutes Ende nehmen.«
    Alejandro blickte von seinen Händen auf und starrte de Chauliac an. Der unterschwellige Zwang, den er schon während der Ausbildungszeit empfunden hatte, bestätigte sich nun; er hatte daran gedacht, den Papstpalast zu verlassen, er hatte viele Male mit dem Gedanken an Flucht gespielt, doch all das erübrigte sich nun. Ich weiß nicht, was er über mich weiß, dachte er und suchte in de Chauliacs durchdringenden blauen Augen einen Hinweis auf das Ausmaß seines Wissens. Was er sah, war de Chauliacs Wunsch, ihn in Erstaunen zu versetzen, und die Sicherheit, daß er sich unterwerfen würde. Traurig dachte er, daß es wohl am klügsten war, sich danach zu richten.
    Mit einem tiefen, resignierten Seufzer sagte er: »Sind die Mitglieder dieses Königshauses anders als die anderen?«
    De Chauliac lächelte beinahe boshaft; seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen, und begeistert setzte er zu einer Erklärung an. »Sie sind Plantagenets«, sagte er und betonte den Namen, als solle er für Alejandro eine Bedeutung haben. »Sie glauben, sie seien die edelste Linie in ganz Europa. Sie sind alle Riesen und hellhäutig mit Haaren aus gesponnenem Gold und Augen wie Saphire; das Nordische ist bei allen unverkennbar. Sie sind hochmütig, rücksichtslos und samt und sonders lasterhaft. Und es gefällt ihnen nicht, Befehle entgegenzunehmen, die von Seiner Heiligkeit kommen, obwohl sie äußerlich so tun, als beugten sie sich dem Willen der Kirche. Edward hat zwar ausdrücklich verlangt, daß ein Arzt zu ihm geschickt wird, aber er wird Eure Anweisungen nicht befolgen, ohne mit Euch darüber zu streiten.«
    »Das klingt, als wären die Angehörigen des englischen Königshauses schrecklich unangenehme Leute«, sagte Alejandro.
    De Chauliac lachte. »Oh, ganz und gar nicht. Edward und Philippa führen den lebhaftesten und prachtvollsten Hof in ganz Europa. Sie sind stolz darauf, ihren Gästen die

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