Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
speisen, und Ihr gewährt mir einen Blick in dieses Buch.«
    »Wenn ich nach Avignon zurückkehre, vielleicht«, sagte Alejandro tonlos. Falls ich nach Avignon zurückkehre, dachte er.
    Am Morgen der Abreise betrachtete Alejandro sich im Spiegel und dachte, wenn seine Mutter und sein Vater wunderbarerweise noch am Leben wären, würden sie ihn in den von de Chauliac gestellten Kleidern kaum wiedererkennen. Was werden sie tun, wenn sie hier ankommen und keine Spur von mir finden? fragte er sich. Er hatte nicht einmal Gelegenheit gehabt, ein anderes Schild an der Tür seiner chirurgischen Praxis anzubringen, die nun mit ihren Geräten und Werkzeugen und versprochenen Dienstleistungen bis zu seiner Rückkehr leerstehen würde. Würden sie glauben, daß ihm etwas zugestoßen war, daß er Avignon vielleicht gar nicht erreicht hatte? Werden sie glauben, ich hätte ihr Vertrauen mißbraucht? dachte er bitter.
    Gott verdamme diese Pest und die arroganten Narren, die glauben, sie könnten sie nach ihrer Pfeife tanzen lassen. Er betrachtete sein Spiegelbild genauer; er haßte die Veränderungen an seiner Person, sehnte sich nach den vertrauten fließenden Gewändern, die er in Cervere getragen hatte. In so kurzer Zeit hatte er sich so verändert! Er war glattrasiert und sein Haar nach der französischen Mode der Zeit gut kinnlang geschnitten. Er trug enge Beinkleider von weinroter Farbe, weiche Lederstiefel mit Stulpen in Wadenhöhe und darüber eine langärmlige Tunika aus einem Leinen im weichen Blaugrün des Mittelmeers; sie war bis hoch zum Hals zugeknöpft, wofür er dankbar war, denn so würde sie seine Narbe verbergen. Die Tunika reichte ihm bis zu den Oberschenkeln. Über all dem trug er einen luxuriösen Mantel mit weiten Ärmeln und breitem Revers. Er bestand aus Wolle, hatte die gleiche tiefrote Farbe wie seine Beinkleider und reichte ihm bis unter die Knie. Auf dem Kopf trug er eine achteckige Kappe aus dunkelgrüner Wolle, die schräg aufgesetzt wurde und mit einer bunten Feder geschmückt war, für seinen Geschmack ein wenig zu keck. Wenn der Spiegel ihn nicht täuschte, sah er aus wie der Inbegriff eines modernen französischen Edelmanns. Die sichtbarste Veränderung allerdings betraf sein Gesicht; er war nicht mehr der unschuldige, sorglose junge Mann, der er in Cervere gewesen war. Seine bernsteinfarbenen Augen hatten jetzt einen harten Blick und eine traurige Weisheit, die er nicht verbergen konnte, nicht einmal vor sich selbst.
    Die Truhe, die de Chauliac ihm gegeben hatte, enthielt drei weitere vollständige Anzüge im gleichen Stil. Genug für den Rest meines Lebens, dachte er , falls ich nicht dick werde .
    Außerdem enthielt seine Truhe noch die Kleider, die er auf seiner Reise erstanden hatte. Diese einfachen Sachen waren noch gut zu gebrauchen, und er hielt es für wahrscheinlich, daß er sie bald wieder nötig haben würde. Reiten würde er allerdings mit seiner eigenen Satteltasche, ob de Chauliac das nun gefiel oder nicht, denn darin bewahrte er sein Vermögen und sein Buch auf, von denen er sich nicht trennen wollte.
    Zumindest in diesem Punkt werde ich mich nicht ändern , dachte er und verließ sein Privatgemach, um sich den anderen anzuschließen.
    Die Männer, die sich wieder in dem großen Saal versammelt hatten, unterhielten sich lautstark über ihr verändertes Aussehen, als er eintrat. Wie anders sieht es hier jetzt aus als vor ein paar Tagen, dachte Alejandro bei sich. Heute machen diese Männer den Eindruck , als gehörten sie in diesen Raum ; sie sind so gut angezogen und ausgestattet wie die reichsten Edelleute .
    De Chauliac hatte einen weiteren großen Auftritt; er baute sich vor seinen frisch ausstaffierten Schützlingen auf und ergriff das Wort.
    »Messieurs, Ihr alle seid eine Zierde Eures Berufes; ich bin entzückt über Euren Fleiß und Lerneifer. Jeder von Euch ist in seinem Gewerbe geschickter geworden, und wir vertrauen darauf, daß Ihr Euer Können auch erweisen werdet, wenn Ihr in den Adelshäusern Europas Seine Heiligkeit repräsentiert. Seid gewissenhaft in der Anwendung Eurer Fähigkeiten und dient Eurem Gott gut. Ihr seid mit dem Schutz unserer Interessen betraut, und wir werden unablässig für Euren Erfolg beten.«
    Dann nahm de Chauliac jeden Mann einzeln beiseite und gab ihm individuelle Anweisungen, die sein Reiseziel betrafen. Er ermutigte alle und versicherte sie des persönlichen Segens Seiner Heiligkeit. Einer nach dem anderen verließen die Ärzte den Saal, um

Weitere Kostenlose Bücher