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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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veranlaßt, die Seuche zu beenden. Sie finden von Tag zu Tag mehr Anhänger.«
    »Aber ich habe keinen Anführer gesehen. Wie organisieren sie diesen gräßlichen Pilgerzug?«
    »Angeblich hat jede Gruppe einen Meister, dem die Mitglieder totalen Gehorsam schwören; alle geloben, dreißig Tage oder länger bei der Gruppe zu bleiben. Sie erheben eine Abgabe für ihren Unterhalt während dieses Kreuzzuges, aber Gott allein weiß, was diese abgemagerten Gestalten zu essen bekommen. Man braucht sie bloß anzusehen; sie sind doch nur Haut und Knochen.«
    Alle waren nackt bis zur Taille und mit blutgetränkter Asche verkrustet. Ihr ständiges Jammern beleidigte das Ohr und erfüllte die Luft mit den dissonanten Klängen von Trostlosigkeit und Weh. Die Reiter gaben ihren Pferden die Sporen, um sie hinter sich zu lassen.
    Als sie sicher an der Prozession vorbei waren, sagte der Hauptmann: »Wenn ich Gott wäre, würde ich auf diese Elendsgestalten herabsehen und ihnen eine eigene Seuche schicken.«
    »Wie es aussieht, hat Gott das bereits getan«, sagte Alejandro, »nämlich die Seuche des Wahnsinns.«
    Sie ritten rasch voran, um möglichst viel Abstand zwischen sich und die schreckliche Horde zu legen. Nach einigen Stunden erreichten sie die Außenbezirke einer Stadt und hielten an, um näher zusammenzurücken, ehe sie die Stadt passierten.
    Obwohl Alejandro vom Krieg nur das wußte, was Hernandez ihm erzählt hatte, war ihm klar, daß die Schrecken des Krieges nicht grauenhafter sein konnten als die Szene, die sie auf dem offenen Marktplatz der Stadt erwartete. Sechs Feuer brannten, dicker Rauch erhob sich um sechs Pfähle, und an jedem hingen die verkohlten Überreste von etwas, das einmal ein Mensch gewesen war. Um diese Pfähle herum bewegten sich mehrere Dutzend jammernder Dämonengestalten, schrecklicher als alle, die sie in der Prozession gesehen hatten, bis zur Taille entblößt, den Rest ihres Körpers nur mit rohem Sackleinen bedeckt. Sie geißelten sich mit dornigen Zweigen und Peitschen mit Metallspitzen, und wenn sie sich nicht mehr selbst geißeln konnten, wandten sie sich um und schlugen sich gegenseitig. Blut tropfte von ihren Beinen und bildete Pfützen am Boden; überall war der Staub der Straße mit blutigen Fußabdrücken und blutigen Stoffetzen bedeckt. Hektisch tanzten sie um ihre verbrannten Gefangenen herum, aufgestachelt von einer großen Menge von Stadtbewohnern, die sich versammelt hatten, um das Schauspiel zu beobachten. Die Kirchenglocken läuteten in wilder Begleitung zu ihren scheußlichen Hymnen.
    Alejandro und der Hauptmann sahen entsetzt und fasziniert zu; ihre Pferde tänzelten nervös, als einer der Flagellanten den Kreis verließ, um einen der Körper auf den Scheiterhaufen zu geißeln. Alejandro würgte beinahe, als er sah, daß der an den Pfahl gefesselte Mann noch lebte und sich unter den wilden Peitschenhieben wand. Er ritt näher heran, um besser zu sehen, und als er auf dem Ärmel des Mannes die rußigen Überreste eines gelben Kreises sah, preschte er mit seinem Pferd wütend vor.
    Der Hauptmann hatte gesehen, daß sein Schützling die Beherrschung verlor, und schlug auf sein Pferd ein, um ihn einzuholen. Dann packte er die Zügel von Alejandros Reittier und brachte es abrupt zum Stehen.
    »Monsieur! Ich bitte Euch, seid vernünftig! Das sind doch nur Juden!«
    Wütend versuchte Alejandro sich loszureißen, doch der Hauptmann war viel größer und stärker als er, und er konnte sich nicht befreien. Der Hauptmann, der den Zorn in seinem Blick sah, erkannte, daß er ihn nicht unbegrenzt zurückhalten konnte. Inmitten des Chaos schrie er einem nahen Gardisten einen Befehl zu, und dieser sprang vom Pferd und legte rasch einen Pfeil in seinen Bogen. Mit verblüffender Genauigkeit zielte er, und der Pfeil traf mitten ins Herz des Gefangenen auf dem Scheiterhaufen und tötete ihn auf der Stelle.
    Der schreckliche Kreis der Büßer hielt in seinem stöhnenden Tanz inne und drehte sich in einer einzigen Bewegung um, um zu sehen, welcher Verräter ihnen ihr Vergnügen genommen hatte. Sie erblickten die päpstliche Reisegesellschaft, ignorierten das schützende Banner und stürmten auf sie zu.
    Wieder packte der Hauptmann die Zügel von Alejandros Pferd, gab seinem eigenen heftig die Sporen und versuchte, der wahnsinnigen Menge zu entkommen. Der ganze Geleitzug preschte davon und floh vor der verrückten, blutenden Horde. Die Reiter hielten erst inne, als sie tief im Wald und in Sicherheit

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